Verschiedene Pasta-Sorten neben einer Weizenähre
Getty Images/iStockphoto/luigi giordano
Rekorddürre

Italien sorgt sich um seine Pasta

Italiens Nudelhersteller machen sich Sorgen. Sie müssen sich auf drastische Ernteausfälle bei Weizen einstellen, denn das Land leidet derzeit unter der schwersten Dürre seit 70 Jahren. Auch steigende Produktionskosten machen den Getreidebauern zu schaffen. Eine Entspannung der Lage ist nicht in Sicht.

Wegen der Dürre werde um 15 Prozent weniger geerntet werden, schätzt der Bauernverband Coldiretti, der die diesjährige Weizenernte auf nationaler Ebene mit etwa 6,5 Milllionen Tonnen auf einer Gesamtanbaufläche von 1,71 Millionen Hektar für Hart- und Weichweizen beziffert. Im Norden von der Emilia-Romagna bis Venetien wird ein Ernterückgang um etwa zehn Prozent erwartet, in den zentralen Regionen um 15 bis 20 Prozent. Der größte Rückgang droht dem Süden mit 15 bis 30 Prozent.

Die Situation für die Getreidebauern verschärfen zudem höhere Produktionskosten. Laut Coldiretti stiegen die Preise für Düngemittel um 170 Prozent und für Kraftstoff um 129 Prozent. Jedes vierte Unternehmen produziere unterhalb der Selbstkosten, so der Bauernverband. Daher würden auch zunehmend Weizenfelder aufgegeben. Im letzten Jahrzehnt war laut Coldiretti jedes zehnte Feld betroffen.

Eine Hand hält auf einem Feld unterentwickelte Weizenähren
Reuters/Tony Gentile
Unterentwickelte Weizenähren in der Hand eines Getreidebauern

Steigende Abhängigkeit von Ausland

Der italienische Bauernverband sagte, der Rückgang erhöhe „die Abhängigkeit vom Ausland in einer Situation, in der Italien einen Mangel an vielen Rohstoffen beklagt und nur noch 36 Prozent des für Brot, Kekse und Kuchen verwendeten Weichweizens und 62 Prozent des Hartweizens für Nudeln produziert“. Aber auch in anderen Ländern wird eine geringere Weizenernte erwartet.

Extremwetter

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.

In Westeuropa, Kanada und den USA werden in diesem Jahr Produktionsrückgänge verzeichnet. Auch dort schmälere eine ungünstige Wetterlage die Erträge. Außerdem erhöht der russische Einmarsch in die Ukraine, die ein wichtiger Weizenproduzent ist, den Druck auf das bereits angespannte weltweite Angebot. Hier wird ein Ernterückgang von 40 Prozent erwartet. Zugleich hat Indien Exporte blockiert, um seine Binnenwirtschaft zu schützen.

Knapper Rohstoff für Nudeln und Brot

Italienische Bäcker und Nudelhersteller machen sich deshalb zunehmend Sorgen wegen der Verfügbarkeit des begehrten Rohstoffes. Zu spüren bekommen es die Verbraucher und Verbraucherinnen, die für Brot, Kekse und Pasta immer mehr zahlen müssen. Coldiretti-Präsident Präsident Ettore Prandini forderte daher Maßnahmen, um die hohen Produktionskosten zu bremsen, die Landflucht einzudämmen und die Abhängigkeit von Importen zu verringern. Darüber hinaus seien Investitionen in Bewässerungssysteme zur Bekämpfung der Dürre erforderlich.

Norden erlebt schwerste Dürre seit 70 Jahren

Wasserrationierung und begrenzte Feldbewässerung drohen zum Alltag zu werden, warnte Coldiretti. Von der derzeitigen Dürre besonders stark betroffen sind die nordwestlichen Regionen Italiens, wo seit Anfang des Jahres mehr als 60 Prozent des durchschnittlich fallenden Niederschlags fehlen. Italiens längster Fluss Po ist auf ein Rekordtief der letzten 70 Jahre gefallen. Die Nachfrage nach Wasser in der Po-Ebene, wo sich die Getreideproduktion konzentriert, sei wegen der hohen Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner und des starken Wasserbedarfs der Landwirtschaft groß.

Ein Ende ist nicht in Sicht, die überdurchschnittlich hohen Temperaturen und die Dürre werden anhalten, warnen die Wetterexperten. Im Laufe der Woche wird sich laut Meteo-Prognose eine Hitzewelle von der Iberischen Halbinsel über Frankreich bis nach Italien und Mitteleuropa ausbreiten. Die in den nächsten Tagen erwarteten Höchsttemperaturen werden die 30-Grad-Marke deutlich überschreiten und vor allem im Norden, in den tyrrhenischen Regionen und auf den Inseln Sardinien und Sizilien Spitzenwerte von bis zu 35 Grad erreichen.