EGMR untersagt britische Abschiebung nach Ruanda

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) können die umstrittenen britischen Abschiebeflüge von Asylbewerbern nach Ruanda möglicherweise nicht stattfinden. Das Gericht ordnete heute Abend an, dass einer der Betroffenen zunächst nicht ausgeflogen werden dürfe.

Vielmehr müsse zunächst eine Frist von drei Wochen nach dem Abschluss des Rechtsweges in Großbritannien verstreichen. Stunden zuvor hatte der Oberste Gerichtshof als letzte britische Instanz grünes Licht für das international umstrittene Vorhaben gegeben. Unklar blieb zunächst, ob der für den Abend geplante erste Flug überhaupt noch stattfinden würde.

Weitere Einwendungen geplant

Der EGMR gehört zum Europarat, nicht zur Europäischen Union, und ist damit auch für Großbritannien zuständig. Die Zahl der für den ersten Flug eingeplanten Asylbewerberinnen und Asylbewerber verringerte sich zuletzt von ursprünglich 37 auf sieben. Die Verfügung des Gerichts galt für einen von den Verbliebenen, einen Iraker.

„Damit können die anderen sechs ähnliche Einwände erheben“, sagte Clare Moseley von der Stiftung Care4Calais der Nachrichtenagentur Reuters. „Wir sind so erleichtert.“ Aus britischen Regierungskreisen verlautete, das Urteil werde geprüft.

Stark umstrittener Plan Johnsons

Die Regierung von Premierminister Boris Johnson will mit dem Verfahren gegen Schleuserbanden vorgehen und unerwünschte Einreisen über den Ärmelkanal unattraktiv machen. Nach Johnsons Plänen erhält Ruanda anfangs 120 Millionen Pfund (etwa 144 Millionen Euro) für die Zusammenarbeit. Vergangenes Jahr sind mehr als 28.000 Migranten und Flüchtlinge über den Ärmelkanal nach Großbritannien gekommen.

Politische Gegner, Wohlfahrtsverbände und hochrangige Geistliche haben sich über das Vorhaben entsetzt geäußert. Auch der UNO-Flüchtlingschef kritisierte den Plan zuletzt scharf.