Radfahrer
ORF.at/Christian Öser
Neue Verkehrsregeln

Radfahren gegen Einbahn kommt doch nicht

Die ÖVP-Grünen-Bundesregierung hat im Ministerrat am Mittwoch die umfassende 33. Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) auf den Weg gebracht. Im Großen und Ganzen blieb der Erstentwurf trotz der zahlreichen Stellungnahmen gleich – es gab aber doch noch wesentliche Änderungen.

Mit der Neufassung, die so ins Parlament geschickt wird und am 1. Oktober in Kraft treten soll, sollen Radfahren und Zufußgehen sicherer und attraktiver werden. So sollen im Radverkehr künftig etwa das Rechtsabbiegen bei Rot und das Nebeneinanderfahren möglich sein. Nicht umgesetzt wird allerdings eine im Begutachtungsentwurf noch vorgesehene Regelung, die das Radfahren gegen eine Einbahnstraße deutlich erleichtert hätte.

Die gefallene Regelung hätte vorgesehen, dass Behörden die Einbahnen verpflichtend für den Radverkehr öffnen und beschildern müssten, wenn diese ohne Parkplätze mindestens vier Meter breit sind und maximal Tempo 30 gilt. Ebenfalls weggefallen ist der Plan, dass der Halteverbotsbereich um Kreuzungen von fünf auf acht Meter ausgeweitet wird („Acht-Meter-Schnittpunkt-Regelung“).

Dass die Umsetzung der für die Verkehrssicherheit von Kindern so wichtige Ausweitung des Halte- und Parkverbots vor Schutzwegen verhindert wurde, ist für die Mobilitätsorganisation VCÖ unverständlich, kritisierte der Club in einer Aussendung. Der VCÖ sieht in der 33. Novelle „lediglich einen ersten Schritt“ zur Verbesserung des Rad- und Fußgängerverkehrs, „dem weitere folgen müssen“.

Grüne kritisieren Wiener SPÖ

Gegen beide Punkte habe sich die Stadt Wien gewendet, wie Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) sagte. Die Stadt Wien habe den „Konsultationsmechanismus“ genutzt, „um Einwände gegen zwei Maßnahmen zu formulieren“, sagte sie – mehr dazu in wien.ORF.at. Da dieser Mechanismus die gesamte Novelle aufhalten könnte, habe sie sich „schweren Herzens“ dazu entschlossen, die Novelle in der nun vorliegenden Form einzubringen.

Rote Ampel bei Nacht
ORF.at/Georg Hummer
Rechtsabbiegen bei Rot soll für Fahrradfahrer möglich werden

Das Paket bezeichnete sie insgesamt als „sehr wichtiges Thema“. Große Teile der StVO würden aus den 1960er Jahren stammen, es sei wichtig, dem geänderten Mobilitätsverhalten Rechnung zu tragen. Die Grünen stimmten ihrer Parteikollegin in Aussendungen freilich zu und zeigten sich erfreut über die geplanten Bestimmungen. Für die ÖVP ist die jetzige Fassung samt den Änderungen ein „gutes und rundes Paket, mit dem wir das Miteinander aller Verkehrsteilnehmer in den Vordergrund stellen“, so ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger.

Grünen-Klimaschutzsprecher Lukas Hammer übte dagegen scharfe Kritik an der Stadt Wien und nahm die regierende SPÖ in den Blick: Um zwei wesentliche Punkte aus dem Entwurf zu bekommen, habe „die Wiener SPÖ sogar den Konsultationsmechanismus ausgelöst“, so Hammer. Damit wurde ein Instrument des Föderalismus „missbraucht“, um eine „rückwärtsgewandte Verkehrspolitik“ einzuzementieren. „Selbst die kleinsten Schritte in Richtung Klimagerechtigkeit stellen sich für die Betonfraktion der Wiener SPÖ offenbar als ein nicht zu bewältigender Kraftakt heraus.“

Neben unter Zwölfjährigen fahren immer gestattet

Künftig wird jedenfalls das Nebeneinanderfahren von Fahrradfahrern im gemischten Verkehr unter bestimmten Voraussetzungen möglich sein: So wird das Nebeneinanderfahren neben einem Kind unter zwölf Jahren immer gestattet, die Ausnahme bilden Schienenstraßen. In 30-km/h-Zonen dürfen das nun alle Radfahrer, sofern es sich nicht um eine Vorrang- oder Schienenstraße handelt und der Verkehrsfluss nicht behindert wird.

Einfahrt-verboten-Verkehrsschild
ORF.at/Dominique Hammer
Das Durchfahren von Radfahrer gegen die Einbahn wurde aus dem Entwurf gestrichen

Bisher war das Nebeneinanderfahren für Radfahrer laut StVO nur auf Radwegen, in Fahrradstraßen, in Wohnstraßen und in Begegnungszonen erlaubt. Auf sonstigen Straßen mit öffentlichem Verkehr durfte bisher nur bei Trainingsfahrten mit Rennfahrrädern nebeneinander gefahren werden.

Festgelegt wird mit der Novelle auch ein „Mindestabstand beim Überholen eines Radfahrers“: Außerhalb des Ortsgebietes sind dann mindestens zwei Meter Abstand notwendig, innerorts reichen 1,5 Meter. Fährt man weniger als 30 km/h, kann der Seitenabstand reduziert werden.

Längere Grünphasen für Fußgänger

In nur abgeschwächter Form kommt das im Entwurf noch vorgesehene „Schrägparkverbot“. Künftig soll auch weiterhin ein Hineinragen des Fahrzeuges auf den Gehsteig im geringfügigen Ausmaß möglich sein – abhängig von der Gesamtbreite des betroffenen Gehsteigs. Als geringfügig gilt etwa ein Seitenspiegel oder die Stoßstange. Das Hineinragen von Fahrzeugen in Rad- oder Fußgängerwege soll nunmehr generell verboten werden.

Auch die Fußgängersicherheit soll mit der Novelle erhöht werden: Im Haltestellenbereich müssen Fahrzeuge rechts von öffentlichen Verkehrsmitteln ausnahmslos stehen bleiben, solange Fahrgäste ein- und aussteigen. Kommen werden auch fußgängerfreundlichere Ampelschaltungen mit schnelleren und längeren Grünphasen sowie ein Hinderungs- und Gefährdungsverbot auf Gehsteigen.

Neu geregelt und klargestellt wird zudem, dass Fußgänger auf dem Gehsteig immer Vorrang haben: „Bei Ein- und Ausfahrten von Garagen oder Parkplätzen dürfen sich Autofahrerinnen und Autofahrer nicht mehr vordrängeln. Dabei kam es immer wieder zu Gefahrensituationen für Fußgängerinnen und Fußgänger und ganz besonders für Kinder“, sagte der Verkehrssprecher der Grünen, Hermann Weratschnig. Klargestellt wird mit der Novelle ebenso, dass Gehsteige oder Gehwege nur benützt werden müssen, wenn das zumutbar ist, also ohne Stolperfallen, Schmutz oder Glatteis.

Schutzwegbenützungspflicht fällt

Wer eine Straße überquert, soll auch weiterhin den Schutzweg benützen. Die Schutzwegbenützungspflicht wiederum fällt. Diese hat bisher besagt, dass der Zebrastreifen zwingend verwendet werden muss, wenn einer im Umkreis von 25 Metern vorhanden ist. Ausgenommen sind Kreuzungen, die durch eine Ampel geregelt sind. Wenn es die Verkehrslage zweifellos zulässt und der Fahrzeugverkehr nicht behindert wird, muss künftig kein Umweg mehr über den Schutzweg gemacht werden.

Auch wird den Behörden die Einrichtung von „Schulstraßen“ in der unmittelbaren Umgebung von Schulgebäuden via Verordnung ermöglicht. In Schulstraßen ist das Gehen auf der Fahrbahn gestattet, der Fahrzeugverkehr verboten. Ausgenommen vom Fahrverbot sind laut Entwurf der Fahrradverkehr, Krankentransporte und Schülertransporte. Erlaubt ist die Befahrung auch mit Fahrzeugen des Straßendienstes, der Müllabfuhr, des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Feuerwehr; auch „Öffis“ und Anrainerverkehr sind gestattet.