Junge Frau sitzt vor Laptop, Unterlagen und Smartphone
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Antiteuerungspaket

Welche Maßnahme wie viel bringt

Einen Tag nach der Präsentation des Antiteuerungspakets in der Öffentlichkeit hat dieses bereits den Ministerrat passiert. Einige Detailfragen sind noch offen, andere – allen voran jene, wie sehr es die öffentlichen Finanzen belasten wird – werden sich wohl erst im Nachhinein richtig beantworten lassen. Nachfolgend eine Aufstellung, welche Maßnahme wie viel an Entlastung bringen wird.

Durch kurzfristig wirksame Maßnahmen werden Bevölkerung und Unternehmen für 2022 mit über sechs Mrd. Euro entlastet. Bereits davor wurde ein erstes Entlastungspaket im Umfang von vier Milliarden Euro geschnürt. Das Gesamtvolumen des Paketes beträgt bis 2026 28 Mrd. Euro.

Die Regierung geht davon aus, dass durch die vielen neuen Schulden sich das Nulldefizit um ein Jahr auf 2027 verschiebt. Der Schuldenberg soll, so Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) Dienstagabend in der ZiB2, aber nicht steigen, sondern sich verringern. Die Regierung geht davon aus, dass sich das Hilfspaket großteils quasi von selbst finanziert: einerseits durch höhere Steuereinnahmen durch die Inflation – vom angekündigten Aus der kalten Progression sind nur Einkommen- und Lohnsteuer umfasst – und andererseits durch ein Ankurbeln des Konsums, was seinerseits für erhöhte Steuereinnahmen sorgt.

Fachleute sind vorsichtiger und geteilter Meinung. Gerade angesichts der unklaren Entwicklung und der vielen Einflussfaktoren ist eine Einschätzung wohl schlicht schwierig.

Teuerungsausgleich für stark Betroffene

Mehr Klarheit gibt es, wer wie entlastet werden wird und wie viel Geld dafür jeweils in die Hand genommen wird. Bezieher von Sozialhilfe, Arbeitslosengeld, Ausgleichszulage, Studienbeihilfe, Übergangsgeld sowie Rehabilitations-, Kranken- und Wiedereingliederungsgeld bekommen – zusätzlich zu den bereits erfolgten Zahlungen in Höhe von jeweils 150 Euro – einen weiteren Teuerungsausgleich in Höhe von 300 Euro.

Die Auszahlung soll ab September erfolgen. Darüber hinaus wird der Wohnschirm zur Unterstützung bei steigenden Wohnkosten und zur Verhinderung von Delogierungen um ein Volumen von 60 Mio. Euro aufgestockt. Insgesamt entspricht das einer Entlastung von 240 Mio. Euro.

Einmaliger „Teuerungsabsetzbetrag“

Damit insbesondere Erwerbstätige und Pensionistinnen und Pensionisten mit niedrigen Einkommen entlastet werden, wird für das Jahr 2022 ein einmaliger „Teuerungsabsetzbetrag“ in Höhe von bis zu 500 Euro eingeführt werden. Die Begrenzung der Rückerstattung wird bei Arbeitnehmern einmalig von 55 auf 70 Prozent der SV-Beiträge und bei Pensionisten von 80 auf 100 Prozent der SV-Beiträge erhöht.

Damit kann die volle Höhe des „Teuerungsabsetzbetrags“ bei einem monatlichen Bruttoeinkommen (Arbeitnehmer) zwischen 1.100 Euro und 1.800 Euro in voller Höhe geltend gemacht werden. Bei Einkommen darüber und darunter erfolgt eine Einschleifregelung. Das entspricht einer Entlastung von rund 1,5 Mrd. Euro.

Verschiebung der CO2-Bepreisung

Die Einführung einer Bepreisung auf CO2 von wird von Juli auf Oktober verschoben – und damit höhere Kosten für Energieausgaben.

Grafik zeigt Daten zu den Kosten des Entlastungspakets
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Bundesregierung

Klimabonus plus Teuerungsbonus

Der Klimabonus wird für das Jahr 2022 einmalig auf 250 Euro erhöht werden. Zusätzlich wird auf den Klimabonus ein Antiteuerungsbonus in Höhe von 250 Euro draufgepackt. Damit bekommen alle Menschen, die in Österreich leben, insgesamt 500 Euro. Der Regionalausgleich entfällt in diesem Jahr aufgrund der pauschalen Erhöhung des Klimabonus. Der Antiteuerungsbonus ist bis zu einer Einkommensteuerstufe von 50 Prozent (über 90.000 Euro Jahreseinkommen) steuerfrei. Kinder bis zu ihrem 18. Lebensjahr erhalten 250 Euro. Das entspricht einer Entlastung von 2,8 Mrd. Euro.

180 Euro Extrafamilienbeihilfe

Familien bekommen im August eine „Sonderfamilienbeihilfe“ in Höhe von 180 Euro pro Kind. Darüber hinaus soll die Erhöhung des Familienbonus plus von 1.500 auf 2.000 Euro pro Jahr von Juli auf Jänner vorgezogen werden. Außerdem soll der Kindermehrbetrag zusätzlich zur vorgesehenen Erhöhung auf 450 Euro schon für 2022 auf 550 Euro erhöht werden. Das entspricht einer Entlastung von 630 Mio. Euro.

Sondersitzung nötig

Einzelne Maßnahmen des Hilfspakets werden bereits nächste Woche in einer Sondersitzung des Nationalrats beschlossen. Nur so können sie zum geplanten Zeitpunkt ausbezahlt werden. Dabei dürfte es sich um den Klima- und Teuerungsbonus, die Sonderfamilienbeihilfe und die Verschiebung der CO2-Steuer handeln.

Teuerungsprämien für Arbeitnehmer

Zahlt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer im Jahr 2022 oder im Jahr 2023 aufgrund der gestiegenen Preise zusätzlichen Arbeitslohn, soll diese Zahlung steuerlich begünstigt werden: Derartige zusätzliche Zahlungen sollen als „Teuerungsprämie“ im Kalenderjahr 2022 bzw. 2023 bis zu einem Betrag von insgesamt 3.000 Euro steuerfrei und sozialversicherungsfrei sein, auch sollen keine weiteren Lohnnebenkosten anfallen.

Davon sind 1.000 Euro an eine entsprechende kollektive Regelung (lohngestaltende Vorschrift) gebunden, 2.000 Euro können auch einzelnen Arbeitnehmern gewährt werden. Der Deckel von 3.000 Euro soll auch Zahlungen der Mitarbeitergewinnbeteiligung berücksichtigen. Das entspricht einer Entlastung von 600 Mio. Euro.

235 Millionen Energiehilfe für Unternehmen

Die Strompreiskompensation für Unternehmen soll im Jahr 2022 einen Teil der indirekten CO2-Kosten, die durch die die Weitergabe der Kosten von Treibhausgasemissionen über die Strompreise tatsächlich entstehen, rückvergüten. Die Mittel zur Bedeckung der Förderungen ist mit 75 Prozent der Einnahmen aus den Versteigerungserlösen des Jahres 2021 begrenzt. Das entspricht rund 235 Millionen Euro.

Unternehmen, die heuer besonders unten den hohen Energiekosten leiden, sollen zudem für das heurige Jahr mittels eines Zuschusses zu den Mehrkosten im Ausmaß von 400 bis 500 Mio Euro für Energie entlastet werden. Die genaue Ausgestaltung soll entlang der beihilferechtlichen Möglichkeiten im befristeten Beihilferahmen der EU-Kommission erfolgen.

Aus für kalte Progression

Ab 2023 wird die kalte Progression vollständig abgeschafft. Ein entsprechendes Gesetz soll vorsehen, dass Grenzbeträge der Progressionsstufen – mit Ausnahme der 55-Prozent-Stufe – sowie negativsteuerfähige Absetzbeträge (Verkehrsabsetzbetrag, Zuschlag zum Verkehrsabsetzbetrag, Pensionistenabsetzbetrag, Unterhaltsabsetzbetrag, Alleinerzieher- und Alleinverdienerabsetzbetrag) automatisch um zwei Drittel der Inflation vom Zeitraum Juli bis Juni ab 1.1. des Folgejahres angehoben werden. Damit soll eine höhere soziale Treffsicherheit gewährleistet werden.

Um auf sich verändernden gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen reagieren zu können, soll die Bundesregierung gesetzlich verpflichtet werden, jährlich im Ausmaß des restlichen Volumens von einem Drittel der Wirkung der kalten Progression einen Gesetzesvorschlag an den Nationalrat vorzulegen, der Entlastungsmaßnahmen von Erwerbstätigen und/oder Pensionisten im Ausmaß dieses Volumens beinhaltet.

Das Volumen soll jährlich durch einen Progressionsbericht wissenschaftlich festgestellt werden. Die Berechnungsmethodik wird durch Studien des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) und des Instituts für Höhere Studien (IHS) festgelegt. Die Methodik der Berechnung wird alle zwei Jahre evaluiert. Sowohl die automatische Entlastung durch die Anpassung der Tarifstufen als auch die diskretionäre Entlastung soll ab 1.1. jedes Jahres wirken. Das entspricht einer Entlastung bis 2026 von über 16 Mrd. Euro.

Valorisierung von Sozialleistungen

Analog zu den starken Effekten der kalten Progression führt die Inflation auch bei nicht indexierten Sozialleistungen zu realem Kaufkraftverlust. Vor diesem Hintergrund sollen ab 1.1.2023 das Reha-, Kranken- und Umschulungsgeld, die Studienbeihilfe, die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag sowie das Kinderbetreuungsgeld (inkl. Familienzeitbonus) künftig automatisch valorisiert – also an die Inflation angepasst – werden.

Die Basis für die jährliche Valorisierung ist die Inflation im Zeitraum Juli bis Juni. Das entspricht einer Entlastung bis 2026 von rund vier Mrd. Euro.

Niedrigere Lohnnebenkosten

Die Lohnnebenkosten werden dauerhaft um 0,3 Prozentpunkte gesenkt. Der UV-Beitrag soll um 0,1 Prozentpunkte, der Beitrag zum FLAF um 0,2 Prozentpunkte auf 3,7 Prozent abgesenkt werden. Das entspricht einer Entlastung von 1,8 Mrd. Euro bis 2026.