Innenminister Gerhard Karner und Staatssekretärin Claudia Plakolm
APA/Roland Schlager
Plakolm statt Nehammer

Wirbel im Nationalrat

Eine Dringliche Anfrage der FPÖ an Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat am Mittwoch zu einer lauten Debatte im Parlament geführt. Denn erschienen ist nicht der Bundeskanzler, sondern seine Staatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP), die kaum auf die gestellten Fragen einging. Eine „Farce“, befand die Opposition.

Schon vor der Debatte reagierten die Oppositionsabgeordneten erzürnt darauf, dass Nehammer nicht im Hohen Haus erschienen war. SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried warf Nehammer „Flucht vor Verantwortung“ und „politische Feigheit“ vor. Nicht ins Parlament zu kommen sei „mangelnder Respekt vor dem Nationalrat“. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl schloss sich an – der ÖVP-Chef habe nicht den Mut zu erscheinen. Selbst die Grünen übten Kritik.

Aus dem Kanzleramt hieß es bloß, Plakolm sei Nehammers Vertretung im Parlament, der Kanzler habe sich schon öfter von seiner Staatssekretärin vertreten lassen. Nehammer ist seit Dezember 2021 Bundeskanzler, Plakolm Staatssekretärin. Ende Februar vertrat sie ihren Parteikollegen bei einer Dringlichen Anfrage der SPÖ zum Thema Teuerung.

Staatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP)

Plakolm zog als Vertretung des Kanzlers Ärger auf sich.

Plakolm blieb nicht beim Thema

Plakolms Rede am Mittwoch war von Anfang an von Zwischenrufen begleitet, weshalb Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) um „Contenance“ bat. Die Staatssekretärin wiederum blieb nicht wirklich beim Thema, sondern beklagte den unprofessionellen Ton im Hohen Haus und meinte, die Sorgen der „Menschen“ seien ganz andere als das Thema der Anfrage, nämlich wie die Politik die Teuerungen ausgleiche.

Das eingebüßte Vertrauen in die gesamte Politik könne man nur mit Sacharbeit zurückgewinnen, tadelte sie mehrmals die Opposition. Inhaltlich ging die Staatssekretärin in den meisten Punkten nicht auf die Anfrage ein, sondern erzählte über Gespräche, die sie zuletzt geführt hatte. „Dies ist nicht Gegenstand der Vollziehung“, lautete der häufigste Satz, der mit dem eigentlchen Thema zu tun hatte. Es folgte eine lange Geschäftsordnungsdebatte und eine noch längere „Stehung“, denn den Abgeordneten der Opposition war das eindeutig zu wenig.

Plakolm habe auch Antworten auf Fragen verweigert, die sehr wohl vom Fragerecht umfasst wären, war Nikolaus Scherak von NEOS überzeugt. „Eine einzige Farce“, sagte auch Leichtfried. Selbst für die Grünen, immerhin Koalitionspartner der ÖVP, waren die Antworten der Staatssekretärin mangelhaft. „Diese Beantwortung war ungenügend“, so Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer, die sich Besserung erwartet.

Hafenecker spricht von Feigheit

In der Begründung der Dringlichen Anfrage hatte FPÖ-Mandatar Christian Hafenecker zuvor kräftig gegen die ÖVP ausgeteilt. Nehammer attestierte er „Feigheit“. Was die ÖVP aus der Republik gemacht habe, sei „eine Schande“. So habe der ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss Inseratenkorruption, Steuerhinterziehungen und Postenschacher aufgezeigt, meinte Hafenecker.

Für seine Aussage, die ÖVP habe es sogar geschafft, den Bundespräsidenten „zu korrumpieren“, weil dieser bei dem ganzen Theater mitmache, handelte sich Hafenecker einen Ordnungsruf wegen Beleidigung des Staatsoberhauptes ein. Hafenecker zählte die ÖVP-Schlagzeilen der letzten Monate auf, zuletzt „Fördermissbrauch“ beim Seniorenbund mit Coronavirus-Hilfsgeldern und die Zweifel des Rechnungshofes an der Wahlkampfkostenabrechnung 2019. „Sie haben die Republik über den Tisch gezogen, wo Sie können.“

Wissen wollte die FPÖ vom Kanzler etwa, inwieweit die Skandale seine Amtsführung beeinträchtigen oder welche Konsequenzen Nehammer ziehen will, falls der Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat (UPTS) rechtswidriges Handeln bei den Parteifinanzen feststellt. Der Mandatar fragte aber auch nach Regierungsvorhaben und legistischen Konsequenzen etwa im Bereich der Parteispenden und Vereinskonstruktionen im parteinahen Bereich.

Zweiter Anlauf für zwei Fragen

Rund eineinhalb Stunden, nachdem Sobotka ankündigte, dass Plakolm noch einmal zu zwei Fragen Stellung nehmen werde, bestritt die Staatssekretärin in einer kurzen Wortmeldung Interventionsversuche beim UPTS und sah keine unrechtmäßigen Auszahlungen aus dem NPO-Fonds an den ÖVP-Seniorenbund. Teil der turbulenten Nationalratsdebatte war auch ein von FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz eingebrachter und letztlich nur von der FPÖ unterstützter und damit abgelehnter Misstrauensantrag gegen Nehammer.