Jerome Powell, Vorstand der Federal Reserve Bank
AP/Patrick Semansky
Kampf gegen Inflation

Fed mit größtem Zinssprung seit 1994

Angesichts der höchsten Inflation seit mehr als 40 Jahren hat die US-Notenbank (Fed) am Mittwoch den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte und damit so kräftig wie seit 1994 nicht mehr angehoben. Für gewöhnlich erhöht die Fed den Leitzins in Schritten von 0,25 Prozentpunkten. Auf den Finanzmärkten wurde angesichts der hohen Teuerungsrate allerdings bereits mit diesem ungewöhnlich großen Schritt gerechnet. Es ist wohl nicht der letzte Zinssprung des Jahres – vielmehr signalisierten die US-Währungshüter, dass sie im Kampf gegen die Inflation heuer wohl noch mehrfach nachlegen werden.

Im Kampf gegen den starken Anstieg der Verbraucherpreise hatte die Fed in den vergangenen Monaten bereits zweimal den Leitzins erhöht: Im März hob die Notenbank den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte an und beendete damit ihre wegen der Coronavirus-Pandemie beschlossene Nullzinspolitik. Die gestiegene Inflationsrate bezeichnete die Fed im vergangenen Jahr noch zumeist als „vorübergehenden“ Effekt infolge der Pandemie.

Gegen Jahresende leitete sie jedoch die Abkehr von ihrer ultralockeren Geldpolitik ein. Nach der Erhöhung im März folgte im Mai angesichts der hohen Inflationsrate ein Anstieg um 0,5 Prozentpunkte, das war die stärkste Anhebung seit 22 Jahren.

Zinsspanne nun zwischen 1,5 und 1,75 Prozent

Die neue Zinsspanne liegt nun zwischen 1,5 und 1,75 Prozent. Für das Jahresende peilt die Fed laut Reuters im Schnitt ein Zinsniveau von 3,4 Prozent an. Auf längere Sicht wird diesen Angaben zufolge ein Zinsniveau von 2,5 Prozent anvisiert. Durch die Erhöhung der Leitzinsen verteuern sich etwa Kredite, was die Nachfrage ausbremst. Das hilft dabei, die Inflationsrate zu senken, schwächt aber auch das Wirtschaftswachstum.

USA: Fed wagt größten Zinssprung seit 1994

Angesichts der höchsten Inflation seit mehr als 40 Jahren hat die US-Notenbank (Fed) den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte und damit so kräftig wie seit 1994 nicht mehr angehoben. Damit liegt er nun in der Spanne von 1,5 bis 1,75 Prozent. Fed-Chef Jerome Powell bekräftigte die „Entschlossenheit“ der Notenbank, die Inflation einzudämmen. Im Juli sei eine erneute Leitzinserhöhung um 0,75 Prozentpunkte möglich.

Für die Notenbank ist es daher ein Balanceakt: Sie will die Zinsen so stark anheben, dass die Inflation ausgebremst wird – ohne dabei gleichzeitig Konjunktur und Arbeitsmarkt abzuwürgen und eine Rezession auszulösen. An den Börsen herrschte vor der Fed-Sitzung Nervosität, Investoren befürchten eine Konjunkturdelle. Fed-Chef Jerome Powell bekräftigte am Mittwoch die „Entschlossenheit“ der Notenbank, die Inflation einzudämmen. Im Juli sei eine erneute Leitzinserhöhung um 0,75 Prozentpunkte möglich.

Inflationsprognose erneut nach oben korrigiert

In den USA hat sich entgegen den Prognosen die Inflation zuletzt erneut verstärkt: Sie stieg im Mai auf 8,6 Prozent und damit auf den höchsten Wert seit 1981. Beobachter hatten eigentlich erwartet, dass die Inflationsrate nach 8,5 Prozent im März und 8,3 Prozent im April weiter zurückgeht. Neue Erhebungen deuten zudem darauf hin, dass Verbraucherinnen und Verbraucher in den USA auch künftig mit weiter steigenden Preisen rechnen müssen.

Daten wie diese haben den Druck auf die Fed erhöht, weil die von ihr mittelfristig gewünschte Inflationsrate von zwei Prozent damit in immer weitere Ferne rückt. Mit der Anhebung des Leitzinses um 0,75 Prozentpunkte sendet die Notenbank nun ein klares Signal, dass sie den rasanten Anstieg der Preise bremsen will.

Zunächst korrigiert die Fed nun aber auch die für das laufende Jahr erwartete Inflationsrate erneut nach oben. Es werde trotz der geplanten Erhöhungen des Leitzinses 2022 mit einer Inflationsrate von durchschnittlich 5,2 Prozent gerechnet. Das sind 0,9 Prozentpunkte mehr als im März prognostiziert. Die Kerninflation, also ohne Berücksichtigung von Lebensmittel- und Energiepreisen, soll den Angaben zufolge dieses Jahr bei 4,3 Prozent liegen. Die Fed musste ihre Prognosen zur Inflationsentwicklung seit Beginn der CoV-Pandemie bereits mehrfach nach oben korrigieren.

Auch EZB setzt auf Zinserhöhung

Von einer in den letzten Monaten stark gestiegenen Inflation sind auch zahlreiche andere Länder betroffen, unter anderem in Europa. Die Europäische Zentralbank (EZB) kündigte vergangene Woche an, am 21. Juli zum ersten Mal seit über zehn Jahren die Leitzinsen anzuheben. Geplant ist eine Erhöhung um 0,25 Prozentpunkte.

Wachstumsprognose gesenkt

Gleichzeitig erwartet die Fed in diesem Jahr ein deutlich geringeres Wirtschaftswachstum als noch im März angenommen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der weltgrößten Volkswirtschaft solle um 1,7 Prozent wachsen. Das wären 1,1 Prozentpunkte weniger als vor drei Monaten prognostiziert. Im Vorjahr war die Wirtschaft im Zuge der Erholung von der CoV-Krise noch um starke 5,7 Prozent gewachsen.

Eine Herausforderung für die Notenbank ist es, dass sie manche Ursachen der Preissteigerungen nur begrenzt beeinflussen kann. Die Unterbrechungen globaler Lieferketten und steigende Energiepreise reagieren nicht direkt auf den US-Leitzins. Auch die Folgen des Krieges in der Ukraine und der Coronavirus-Lockdowns in China kann die Fed nicht kontrollieren.

Die hohe Teuerungsrate sorgt indes auch im Weißen Haus für Kummer: Viele Wähler machen Präsident Joe Bidens Regierung dafür verantwortlich. Grob gesagt: Je höher die Preise, desto mehr fallen Bidens Umfragewerte. Das macht dem Präsidenten und seinen Demokraten zu schaffen, denn sie bemühen sich bei der Kongresswahl im November, ihre knappen Mehrheiten in beiden Parlamentskammern zu verteidigen.