Gasflamme
Reuters/Eric Gaillard
Russische Drosselung

Gaspreis steigt wieder rasant

Der Preis für Erdgas in Europa ist diese Woche nach der starken russischen Drosselung der Liefermenge wieder stark gestiegen. Es dürfte der größte wöchentliche Preisanstieg seit Beginn der Invasion Russlands in die Ukraine sein. Für den Westen ist es klar der Versuch Moskaus, Europa in der Auseinandersetzung an seiner verwundbarsten Stelle zu treffen.

Die Gas Futures, also der Preis für Gas zu einem bestimmten künftigen Termin, verteuerten sich diese Woche um rund die Hälfte, berichtete das „Wall Street Journal“. In der Woche vom 28. Februar hatte sich der Preis mit 104 Prozent mehr als verdoppelt. Diese Woche wurde mit rund 50 Prozent plus der zweithöchste Anstieg binnen einer Woche seit dem russischen Einmarsch am 24. Februar verzeichnet.

Hauptursache ist die am Mittwoch angekündigte Drosselung der Gaslieferungen durch Gasprom nach Deutschland. Begründet wurde diese von Gasprom damit, dass eine für den Betrieb der Pipeline „Nord Stream 1“ nötigen Gasturbine sich derzeit zur Reparatur in Kanada befindet und wegen der westlichen Sanktionen nicht nach Russland gebracht werden könne.

Behörden und Analysten im Westen weisen das freilich als Ausrede zurück. Moskau setze Erdgas vielmehr als Wirtschaftswaffe gegen Europa ein, das der Ukraine am Donnerstag nicht nur weitere Waffenlieferungen versprach, sondern auch davor steht, Kiew den EU-Kandidatenstatus zu gewähren.

Könnte Inflation weiter treiben

Abzuwarten bleibt, wie es mit der Gaspreisentwicklung weitergeht. Nach einem extremen Anstieg nach Beginn der russischen Invasion waren die Preise zuletzt wieder deutlich zurückgegangen. Ein neuerlicher Anstieg, vor allem wenn er länger anhält, würde die Inflation weiter treiben. Angesichts derzeit rund zur Hälfte gefüllter Speicher in Europa gibt es hier durchaus große Unsicherheit.

Russland dreht das Gas ab

Russland drosselt seine Gaslieferungen nach Europa drastisch. Nach Deutschland sind die Lieferungen bereits zuvor um mehr als die Hälfte gedrosselt worden. Frankreich bekommt nun gar kein russisches Gas mehr. Und die Gaslieferung nach Italien hat Moskau halbiert.

Seit Mittwoch liefert Russland deutlich weniger Gas nach Europa, vor allem über die Ostsee-Pipeline „Nord Stream 1“ nach Deutschland. Von dort wird das Gas dann an viele andere europäische Länder weiterverteilt. Frankreich meldete am Freitag, dass es seit Mittwoch gar kein russisches Öl via Pipeline mehr erhält. Italien und die Slowakei berichteten am Freitag über eine Reduzierung der Liefermenge um 50 Prozent.

Die EU und die einzelnen Staaten versuchen derzeit in größter Eile, sich Alternativen zu erschließen. Der Chef des slowakischen Gaslieferanten SPP, Richard Prokypcak, sagte laut der Nachrichtenwebsite Dennik N, die Halbierung sei derzeit kein Problem. Und SPP arbeite mittlerweile ohnehin mit dem „realistischen Risiko, dass die Lieferungen ganz eingestellt werden“.

E-Control beruhigt

Die heimische E-Control beruhigte am Freitag. Österreichs Gasspeicher seien gut gefüllt, der Reparaturvorgang ein üblicher und angekündigter Vorgang, und für etwaige Notfälle sei man mit großen wie kleinen Firmen in Kontakt, meinte Vorstand Alfons Haber im Ö1-Morgenjournal.

„Im Vergleich zu anderen Ländern stehen wir gut da“, meinte er. Außerdem hätte Österreich auch andere Lieferländer als Russland, etwa aus dem kaspischen Raum, Nordafrika und Norwegen. Auch das Klimaministerium sieht keine Anzeichen eines Lieferstopps, beobachtet die Lage aber, hieß es am Donnerstag.

Hitzewelle erhöht Gasverbrauch

Europaweit erholten sich die Lagerbestände heuer, vor allem dank stark gestiegener Flüssiggasimporte. Mit EU-weit 52 Prozent gefüllten Speichern sind schon deutlich mehr als im letzten Jahr (43 Prozent) eingelagert, so das Analyseunternehmen ING Research.

Ein länger anhaltender Lieferstopp werde aber Sorgen über die „Möglichkeiten der EU, vor der nächsten Heizsaison genügend Speicherkapazitäten aufzubauen“, auslösen. Dass die Speichermenge diese Woche erstmals seit April zurückging, sei ein „besorgniserregendes“ Zeichen, so ING Research.

Hintergrund ist vor allem die aktuelle Hitzewelle im Süden Frankreichs und auf der Iberischen Halbinsel. Dort stieg der Gasverbrauch, um den erhöhten Strombedarf für Kühlungen abzudecken. Es ist ein weiteres Beispiel für die enge Verschränkung von zwei der aktuell größten Bedrohungen: dem Ukraine-Krieg und der Klimakrise.

Berlin denkt Pflicht zu Gassparen an

In Deutschland denkt Wirtschaftsminister Robert Habeck bereits laut über ein Gesetz nach, das Verbraucherinnen und Verbraucher im Ernstfall zur Reduktion des Gasverbrauchs verpflichten würde. Zugleich appellierte Habeck erneut an Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger, Energie und Gas zu sparen. Das russische Vorgehen sei typisch für Diktatoren und Despoten, sagte Habeck. Das sei eine Kraftprobe zwischen westlichen Alliierten und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.