Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP)
APA/Tobias Steinmaurer
Antiteuerungspaket

Brunner verteidigt Maßnahmen als „fair“

Nach Kritik aus der Opposition hat Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) die Maßnahmen des Antiteuerungspaketes am Samstag im Ö1-Mittagsjournal als „fair“ verteidigt. Es gehe darum, nun jenen zu helfen, die besonders betroffen sind. Vorstellbar sei für Brunner zudem, die Abschaffung der kalten Progression in den Verfassungsrang zu heben. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) will unterdessen bei Wohnbeihilfen nachschärfen.

Das Ziel bei der kalten Progression sei es, die Abschaffung dauerhaft zu haben. Man werde sehen, „wie die Mehrheitsverhältnisse sind“, und ob die Oppositionsparteien – „die bisher auch die Abschaffung der kalten Progression immer gefordert haben“ – auch dann dazu stehen, „wenn es um die Abgabe der Stimme geht“, so Brunner.

Gefragt, warum er davon ausgeht, dass diese von Türkis-Grün geplante Maßnahme die Inflation nicht weiter anheizt – wenn die Menschen mehr Geld zum Ausgeben haben –, verwies Brunner auf Expertenmeinungen. Diese würden attestieren, dass das „der richtige Weg“ sei. Es sei an der Zeit, in Zeit der hohen Inflationsraten die Abschaffung der kalten Progression durchzuziehen.

Experten bescheinigen Finanzierung

Laut aktuellen Rechnungen belaufen sich die Kosten des Paketes bis 2026 auf rund 28 Milliarden Euro. Die Finanzierung sei hierbei gegeben, berief sich Brunner auf die Einschätzung von Wirtschaftsexperten. Einerseits durch die höheren Einnahmen aufgrund der Inflation, andererseits durch strukturelle Maßnahmen, versicherte Brunner. Und: „Reformdruck tut der Politik gar nicht so schlecht“, verwies Brunner auf das Einsparungspotenzial in vielen Bereichen und Ressorts.

„Natürlich“ würde jede neue Krise schmerzen, er gehe jedoch davon aus, auch hier genug „Puffer“ zu haben. Nicht jedoch ohne hinzuzufügen: „Aber man kann nie genau sagen, wie sich die Energiesituation und die Inflation entwickelt.“

„Koste es, was es brauche“

Statt des Mottos „Koste es, was es wolle“ sei dem Finanzminister zufolge eher der Spruch „Koste es, was es brauche“ angemessen. Den Menschen müsse „zielgerichtet und treffsicher“ geholfen werden.

In einer ersten Phase den besonders Betroffenen etwa mit dem Teuerungsausgleich in Form der „Sonderfamilienbeihilfe“ im Sommer. Es sei wichtig, schnell zu handeln, damit die Menschen sich das Leben leisten können.

Danach gelte es, mit strukturellen Maßnahmen „in die Breite zu gehen“ und auch den Mittelstand zu entlasten. Hierbei bezeichnete Brunner die Valorisierung der Sozialleistungen als „notwendigen und wichtigen Schritt“, um den Menschen Sicherheit zu geben.

„Staat kann nicht 100 Prozent aller Krisen abfedern“

Weitere Einmalzahlungen in Zukunft schloss der Finanzminister nicht aus: „Man muss die Situation immer analysieren und immer schauen, wie die Entwicklung ist.“ Von Preisobergrenzen, wie sie etwa in Ungarn eingeführt wurden, halte Brunner jedoch „wenig“.

Klar sei bei all den Maßnahmen aber auch: „Der Staat kann nicht 100 Prozent aller Krisen auf der Welt abfedern.“ Versucht werden könne lediglich, den Wohlstandsverlust „so gering wie möglich“ zu halten, sagte Brunner. Dass der Staat dem Menschen das Geld zurückgebe, das er aufgrund der Inflation einnehme, nannte Brunner einen „Akt der Fairness“.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne)
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Derzeit laufen Gespräche mit den Ländern zu Wohnbeihilfen, so Kogler

Kogler will Entlastungen für Mieterinnen und Mieter

Vizekanzler Kogler denkt angesichts der Teuerung an weitere Entlastungen für Mieterinnen und Mieter. Diese sollen aber nicht über einen Mietpreisdeckel, sondern über Wohnbeihilfen kommen. „Wir sind dazu in Gesprächen mit den Bundesländern“, sagte der Grünen-Chef zum „Standard“ (Samstag-Ausgabe).

Eingriffe seien unmittelbar nur bei Richtwert- und Kategoriemieten möglich, so Kogler – diese würden aber „nur einen kleinen Teil des Marktes“ betreffen. Es sei auch verfassungsrechtlich ein Problem, „wenn man da dauernd eingreift“. „Es ist daher wohl eine Frage, die über Wohnbeihilfen, also Hilfen für jene, die es brauchen, gelöst werden muss“, so Kogler. Zusätzlich zu den Wohnbeihilfen komme, „dass die Bundesländer umtriebig dabei sind, Leerstandsabgaben einzuheben auf unvermietete Wohnungen“. Das habe „einen gewissen Lenkungseffekt, und da würden wir als Regierung unterstützen wollen“.

Kogler betonte, dass die Wohnbeihilfe Aufgabe der Länder ist. „Wenn aber Hilfen Ausmaße annehmen, die so groß sind, dass Länder glaubwürdig sagen, das können sie nicht stemmen, dann können wir von Bundesseite etwas zuschießen“, lautet sein Vorschlag. „Dazu laufen Gespräche.“

Rendi-Wagner kritisiert Antiteuerungspaket

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hat am Freitag in der ZIB2 das Antiteuerungspaket der Regierung kritisiert, das die türkis-grüne Koalition am Mittwoch im Ministerrat auf den Weg gebracht hat. Sie ortet vor allem bei der sozialen Ausgewogenheit Schwächen und fordert einmal mehr eine Senkung der Mehrwertsteuer.

SPÖ fürchtet um soziale Ausgewogenheit

SPÖ-Chefin Rendi-Wagner übte zuvor bereits am Freitagabend in der ZIB2 Kritik am Antiteuerungspaket, das von der türkis-grünen Koalition am Mittwoch im Ministerrat auf den Weg gebracht worden war. Sie ortete vor allem bei der sozialen Ausgewogenheit Schwächen. Spitzenverdiener – wie etwa sie selbst oder Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) – würden bis 2026 einen Benefit von fast 6.000 Euro aus diesem Paket ziehen. Eine Pensionistin mit nur 1.200 Euro Pension habe nur etwas mehr als ein Viertel davon. „Das ist nicht treffsicher, das ist nicht gerecht.“

SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer legte in einer Aussendung am Samstag nach: „Das Antiteuerungspaket der Regierung ist Anfang der Woche präsentiert worden und Ende der Woche spricht der Finanzminister schon von Ausgabenkürzungen und Reformen.“ Und weiter: „Wenn die ÖVP von Ausgabenkürzungen und Reformen spricht, heißt das für gewöhnlich schmerzliche Einsparungen auf dem Rücken der kleinen und mittleren Einkommensbezieherinnen und -bezieher.“ Sogar Selbstbehalte bei der Pflege und ein höheres gesetzliches Eintrittsalter bei den Pensionen habe Brunner nicht ausgeschlossen.

FPÖ kritisiert Symptombekämpfung

FPÖ-Finanz- und Budgetsprecher Hubert Fuchs sagte am Samstag, die „hauptsächlich auf Einmalzahlungen beruhenden Maßnahmen der Regierung“ würden nicht die Ursachen der Inflation bekämpfen. „Die Preise werden leider weiter explodieren“, warnte der Abgeordnete in einer Aussendung.

Die Regierung sei nicht bereit, „die inflationstreibende falsche Politik in den großen Krisen unserer Zeit – Corona und Ukraine – abzuändern“. Auch seien die Einmalzahlungen nicht in der Lage, die Preise zu begrenzen, „wie es die von der FPÖ vorgeschlagenen Senkungen oder Streichungen bei Mehrwertsteuer oder Mineralölsteuer könnten“.

NEOS: „Gönnerhafte Einmalzahlungen“

Seitens der NEOS stieß Brunners Vorschlag, die Abschaffung der kalten Progression in den Verfassungsrang zu heben, auf grundsätzliche Zustimmung. Damit würde den Menschen endlich etwas zurückgegeben werden, sagte NEOS-Wirtschafts- und Sozialsprecher Gerald Loacker in einer Aussendung. „Es muss aber sichergestellt werden, dass die Tarifstufen jährlich mit der vollen Inflation angepasst werden und nicht nur mit zwei Drittel davon“, sagte Loacker.

Statt Einmalzahlungen für alle hätte die kalte Progression vollständig und rückwirkend mit Anfang 2022 abgeschafft werden müssen, so die Forderung. Leider habe die Regierung „auf den letzten Metern der Mut verlassen“, sodass nur das Versprechen auf eine Zwei-Drittel-Abschaffung übrig bleibe, so Loacker, der „gönnerhafte Einmalzahlungen, Boni und Gutscheine an Reiche und Arme gleichermaßen“ kritisierte.