Plakate mit Dom Phillips und Bruno Pereira
Reuters/Ueslei Marcelino
Mord im Amazonas

Leichen identifiziert, aber viele Fragen offen

Nach der tagelangen Suche nach einem vermissten britischen Journalisten und einem ebenfalls verschollenen Indigenen-Experten im brasilianischen Regenwald ist es traurige Wahrheit: Die im Amazonas-Gebiet entdeckten sterblichen Überreste wurden dem Reporter Dom Phillips und dem Indigenenexperten Bruno Pereira zugeordnet, wie die Bundespolizei mitteilte. Weitere Untersuchungen sollen Aufschluss über die Todesursache geben. Drei Männer wurden mittlerweile verhaftet.

Die Leichenteile wurden am Tatort im Grenzgebiet zu Peru und Kolumbien entdeckt, Phillips wurde zuerst identifiziert, am Samstag teilte die Bundespolizei mit, Pereira sei anhand seiner Zähne identifiziert worden. Die beiden Männer waren bei einer Reise in das Javari-Tal im Westen von Brasilien verschwunden.

Zwei verdächtige Brüder wurden daraufhin festgenommen. Einer räumte ein, an dem Mord an den beiden Männern beteiligt gewesen zu sein, und führte die Polizei zu menschlichen Überresten. Die mutmaßlichen Mörder handelten nach ersten Ermittlungsergebnissen wahrscheinlich auf eigene Rechnung. „Die Ermittlungen deuten darauf hin, dass die Täter allein gehandelt haben und kein Auftraggeber oder kriminelle Organisation hinter der Tat stand“, teilte die Bundespolizei mit. Von einem Motiv für die Morde ist bisher keine Rede gewesen.

Polzisten tragen einen Sarg
Reuters/Ueslei Marcelino
Die sterblichen Überreste von Dom Phillips wurden geborgen

Dritter Verdächtiger verhaftet

Ein dritter Verdächtiger stellte sich am Samstag in Atalaia do Norte im Amazonas-Gebiet den Behörden. Der Mann werde nun verhört und dem Haftrichter vorgeführt, teilte die Bundespolizei mit. Der Verdächtige sei den Ermittlungen zufolge direkt in den Doppelmord verwickelt und habe sich an dem Angriff und dem Verstecken der Leichen beteiligt, sagte der Polizeibeamte Alex Perez Timoteo im Fernsehsender Globo.

„Die Bestätigung, dass Dom und Bruno ermordet wurden, lässt uns mit gebrochenen Herzen zurück“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der Familie von Phillips in Großbritannien. „Wir sind allen dankbar, die sich an der Suche beteiligt haben, vor allem den indigenen Gruppen, die ohne Pause nach Beweisen für den Angriff gesucht haben.“

Journalistenmord im Amazonas

Zwei Wochen nach dem Verschwinden des britischen Journalisten Dom Phillips im Amazons-Regenwald in Brasilien hat die Polizei die Leiche des Reporters identifiziert. Kritiker wollen nun die Schuld in der Politik von Präsident Bolsonaro gefunden haben.

Verdächtige in illegale Machenschaften verwickelt

Phillips lebte schon lange in Brasilien und war mit einer Brasilianerin verheiratet. Er schrieb als freier Journalist unter anderem für die britischen Zeitungen „The Guardian“ und „The Financial Times“ sowie für die US-Zeitungen „Washington Post“ und „The New York Times“.

Zuletzt recherchierte er für ein Buch über den Schutz des Amazonas-Gebiets, die starken wirtschaftlichen Interessen an dessen Ausbeutung und verschiedene Entwicklungsmodelle. Das Motiv für den mutmaßlichen Mord ist noch ungeklärt: Unter anderem prüfen die Ermittler, ob die Tat im Zusammenhang mit illegaler Fischerei oder Drogenhandel steht. Die festgenommenen Brüder sollen jedenfalls in illegalen Fischfang verwickelt sein.

Polizeisuche nach Dom Phillips und Bruno Pereira
Reuters/Bruno Kelly
Die Suche nach den Vermissten verlief zunächst schleppend

Indigenen-Vereinigung: „Unschätzbarer Verlust“

Die Indigenen-Vereinigung des Javari-Tals beklagte den „unschätzbaren Verlust“ von „zwei Partnern“. Es waren vor allem die Indigenen der Region, die die Suche nach den Vermissten von Anfang an vorangetrieben hatten. Brasiliens rechtspopulistischer Präsident Jair Bolsonaro hingegen hatte den Männern zunächst eine Mitschuld gegeben. Er sagte, dass Phillips „in der Region schlecht angesehen“ gewesen sei und mehr „auf sich selbst“ hätte achten müssen.

Phillips und Pereira waren nach Angaben einer regionalen Ureinwohner-Organisation nicht wie geplant am 5. Juni mit dem Boot in der Stadt Atalaia do Norte angekommen. Zuvor hatte Pereira bei der Polizei gemeldet, mehrmals bedroht worden zu sein. Er hatte illegale Machenschaften im Javari-Tal für die Behörden aufgezeichnet.

Konfliktreiche Region

Sie hätten die Behörden mehrfach über die Aktivitäten von kriminellen Gruppen in der Region aufmerksam gemacht, teilte der Indigenen-Verband APIB mit. „Die Grausamkeit des Verbrechens zeigt, dass Pereira und Phillips einer mächtigen Verbrecherorganisation in den Weg gekommen sind, die ihre Spuren um jeden Preis verwischen wollte“, hieß es in einer Stellungnahme von APIB.

Die Region ist mit einer Fläche etwas größer als Österreich eines der größten indigenen Gebiete Brasiliens. Viele Indigene leben dort isoliert. Das Grenzgebiet zu Peru und Kolumbien ist durch illegale Goldsuche, Abholzung, Jagd und illegalen Fischfang sowie Drogenschmuggel besonders konfliktreich. Brasilien war der Nichtregierungsorganisation Global Witness zufolge im Jahr 2020 das viertgefährlichste Land für Umweltschützer – 20 Naturschützer und Umweltaktivisten wurden dort getötet.

Protest gegen Ermordung von Dom Phillips und Bruno Pereira
APA/AFP/Nelson Almeida
Protest in Sao Paolo

„Der Tod von Dom und Bruno ist eine tragische Erinnerung daran, wie tödlich der Kampf für Landrechte und indigene Gemeinschaften sein kann, insbesondere in Brasilien, das für Land- und Umweltschützer eines der gefährlichsten Länder der Welt ist“, hieß es in einer Stellungnahme von Global Witness. „Sie haben sich heldenhaft für den Schutz des Amazonas-Gebiets und seiner Bewohner eingesetzt und die Lungen unseres Planeten geschützt. Die brasilianischen Behörden müssen den Tod der beiden untersuchen und ihren Familien Gerechtigkeit widerfahren lassen.“