Gemüseregal im Supermarkt
ORF.at/Lukas Krummholz
Hoher Preisdruck

Heimisches Obst und Gemüse als Verlierer

Die hohen Preise machen sich mittlerweile auch im Konsumverhalten der Menschen bemerkbar, greifen diese doch vermehrt zu günstigeren Produkten. Supermärkte würden daher die Regale zunehmend mit ausländischer Importware füllen und Landwirtinnen und Landwirte auf ihrem Obst und Gemüse sitzen bleiben, so die Kritik der Bauernvertreter. Das zeige sich etwa beim Spargel. Auch Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) pocht auf „regionale Solidarität“, der Handel weist die Vorwürfe zurück.

Ein Stück roter Paprika um 1,39 Euro. Ein Kilo Tomaten um 3,99 Euro. Ein Kilo Marillen um 4,16 Euro. Nicht bio, aber aus Österreich. Supermarktpreise, die wohl selbst Gutverdienende schlucken lassen. Das Resultat: Heimische Ware bleibt im Regal, ausländische kommt ins Einkaufswagerl. So zumindest die Kritik der österreichischen Landwirte und Landwirtinnen.

Tatsächlich heißt es in einer Aussendung des Handelsverbandes am Dienstag: „Zwei Drittel der Konsumentinnen und Konsumenten achten bewusst darauf, wie viel sie für den täglichen Einkauf ausgeben und greifen vermehrt zu günstigeren Produkten.“ Auch der Bauernbund verweist gegenüber ORF.at darauf, dass Konsumenten und Konsumentinnen verstärkt billige Lebensmittel kaufen würden.

Spargelernte auf einem Feld
APA/Helmut Fohringer
Das niederösterreichische Marchfeld gilt als Zentrum des Spargels – doch wird er auch genug Abnehmer finden?

Heimische Bauern und Bäuerinnen unter Druck

Neben der geringeren Nachfrage hätten heimische Obst- und Gemüsebauern ohnehin schon mit klimatisch veränderten Bedingungen sowie mit gestiegenen Kosten zu kämpfen. Sei es, was die höheren Preise für die Produktion wie Energie und Düngemittel oder die Bezahlung der Erntehelferinnen und Erntehelfer betrifft.

Ein Teil der Kosten würde zwar durch das Versorgungssicherungspaket des Landwirtschaftsministeriums in der Höhe von 110 Millionen Euro abgefedert, mit den Preisen der ausländischen Konkurrenz könne man trotzdem nicht mithalten, so der Tenor. Das beste Beispiel: Spargel.

Spargel zu „Dumpingpreisen“

Frischer Spargel aus Spanien oder Südamerika werde im Regal zu Dumpingpreisen – „die weit unter den heimischen Produktionskosten liegen“ – verkauft, kritisiert der Bauernbund. Laut dem Marchfeldspargel-Obmann Werner Magoschitz werden 50 Prozent des Bedarfs in Österreich mittlerweile importiert, was zur Folge hätte, dass heimische Bäuerinnen und Bauern circa ein Drittel ihrer Ware nicht absetzen könnten.

„Während Gemüse aus fernen Ländern CO2-intensiv nach Österreich gekarrt und hier zu Dumpingpreisen verramscht wird, bleiben die heimischen Landwirte auf den Früchten ihrer harten Arbeit sitzen“, so Magoschitz in einer Aussendung am Dienstag. Das im Vergleich zu den konkurrierenden Nachbarländern hohe Lohnniveau, hohe Qualitäts- und Umweltstandards und eine witterungsbedingt kleinere Ernte 2022 würden die heimischen Spargelbauern am Ende der Saison vor „existenzielle Herausforderungen“ stellen.

Spargelernte
APA/Harald Schneider
Aufgrund der hohen Kosten, nicht zuletzt auch für die Ernte, wird heimischer Spargel für viele zum Luxusgut

Appell: Vorrang für regionale Lebensmittel

Und weiter: Der große Importanteil zerstöre „gewachsene Strukturen und gefährde langfristig die Versorgungssicherheit“ so Magoschitz. Den Handel sieht er in der Verantwortung, den Kundinnen und Kunden mehr Spargel aus österreichischer Produktion anzubieten. Auch Bauernbund-Präsident und Landwirtschaftssprecher Georg Strasser meint: „Es braucht ein klares Bekenntnis seitens der Handelsketten, regionalen Lebensmitteln gegenüber Importware den Vorrang zu geben.“

Unterstützung für die Position der Landwirtinnen und Landwirte kommt von Landwirtschaftsminister Totschnig, der an den Lebensmitteleinzelhandel und zu mehr „regionaler Solidarität“ appelliert: „Gerade in Zeiten wie diesen, wo die Eigenversorgung mit Lebensmitteln wichtiger denn je ist, muss es unser Ziel sein, die regionale Produktion zu stärken.“

Wer regional kaufe, bekomme beste Qualität, stärke bäuerliche Familienbetriebe, schütze die Umwelt durch kürzere Transportwege, und die Wertschöpfung bleibe im Land. „Aber dieser Kreislauf ist nur möglich, wenn der Lebensmitteleinzelhandel verstärkt regionale Produkte anbietet, damit Konsumentinnen und Konsumenten diese Kaufentscheidung treffen können“, so Totschnig gegenüber ORF.at.

Handel: 50 Prozent Obst und Gemüse aus Österreich

Auf ORF.at.-Nachfrage beim Handelsverband (HV) heißt es, die Vorwürfe des Vereins Marchfeldspargel könne man nicht nachvollziehen. „Unsere Händler kaufen österreichische Ware, wo immer dies möglich ist“, so HV-Geschäftsführer Rainer Will. Aufgrund der Nachfrage vor dem Saisonstart werde – bis die Ernte in Österreich anlaufe – Spargel importiert, etwa auch aus Peru. 47 Prozent der Nachfrage könnten mit heimischem Spargel gedeckt werden.

Generell liege der Österreich-Anteil im Lebensmittelhandel bei Obst und Gemüse im Jahresschnitt bei rund 50 Prozent, in den Sommermonaten seien es sogar über 75 Prozent, so die Angaben des HV. Zudem gehe es darum, „für jede Geldbörse das passende Produkt“ anzubieten. Um eine Kaufentscheidung zugunsten regionaler Lebensmittel zu unterstützen, bedarf es allerdings „rasch kaufkraftstabilisierender Maßnahmen“.

Gemüser am Markt
ORF/Georg Hummer
Weniger Geld im Börserl, weniger heimisches Obst und Gemüse im Einkaufswagerl und in weiterer Folge wohl auch weniger im Regal

Frisches Obst und Gemüse als Luxus?

Zuletzt berichtete der „Falter“ ausführlich über die Probleme heimischer Obst- und Gemüsebauern, ihre Ware abzusetzen. In dem Artikel ist etwa zu lesen, dass Erdbeeren, Salate und Spargel heuer auf dem Feld verrotten, da die Abnehmer fehlen würden. „Die heimischen Bauern dürften bloß als Lückenbüßer einspringen“, heißt es da. Alle vier großen Ketten – Spar, Rewe, Hofer und Lidl – dementierten die Vorwürfe gegenüber dem „Falter“. Man würde, wo immer möglich, österreichischen Produkten den Vorrang geben.

Klar ist aber: Eingekauft wird, was auch verkauft werden kann. Doch bedeutet das, dass frisches Obst und Gemüse aus Österreich zu „Luxusgütern“ werden, fragt der „Falter“. Zitiert wird hierbei der Obmann der steirischen Erwerbsobstbauern, Manfred Kohlfürst. Er sagt: „Meine Eltern mussten weit mehr von ihrem Einkommen für Lebensmittel ausgeben als wir. Unsere Kinder werden das auch wieder müssen.“