Urteil zu Femizid in der Türkei löst Proteste aus

Ein Gerichtsurteil zum Mord an der Studentin Pinar Gültekin hat in mehreren Städten in der Türkei Proteste ausgelöst. In Istanbul demonstrierten gestern rund 200 Menschen mit Rufen wie „Der Mann schlägt, der Staat schützt“. Auch in anderen Städten war zu Versammlungen aufgerufen worden.

Strafmilderung für Täter

In dem Urteil von heute wendete das Gericht „ungerechtfertigte Provokation“ als strafmildernden Grund auf das Urteil gegen den Täter an. Aus Sicht von Kritikern wurde dem Opfer damit eine Mitschuld an der Tat gegeben. Der Täter wurde zu 23 Jahren Haft anstatt zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt, wie aus Gerichtsunterlagen hervorging.

Gültekin war im Juli 2020 im westtürkischen Mugla tot aufgefunden worden. Der Anwalt der Familie Gültekin, Rezan Epözdemir, sagte der dpa, der 32-jährige Täter habe versucht, Gültekin mit verschiedenen Methoden lebendig zu verbrennen, und sie mit Beton übergossen. Das Urteil nannte er „beschämend“. Der Täter soll in einer Beziehung mit der damals 27-Jährigen gestanden haben.

Die konservative Frauenrechtsvereinigung Kadem – Vorsitzende ist die Tochter von Präsident Recep Tayyip Erdogan – schrieb auf Twitter, bei einem derart „bestialischen“ Mord könne es keine „ungerechtfertigte Provokation“ geben. In der Türkei sind laut Organisation „Wir werden Frauenmorde stoppen“ von Januar bis Ende Mai 132 Frauen von Männern getötet worden.