Nationalratssitung
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NR-Sondersitzung

Teile des Entlastungspakets vor Beschluss

Am Donnerstag findet eine Sondersitzung des Nationalrats statt, in der Teile des Antiteuerungspakets beschlossen werden sollen. Am Mittwoch entbrannte einmal mehr eine Debatte über die Finanzierung der Maßnahmen – zu Vermögenssteuern soll es aber nicht kommen, zumindest, wenn es nach der ÖVP geht. Aufregung herrschte im Vorfeld zudem darüber, dass Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) nicht an der Sitzung teilnehmen wird.

Das von der türkis-grünen Regierung vergangene Woche vorgestellte Antiteuerungspaket hatte am Mittwoch zum Teil den Budgetausschuss des Nationalrats passiert. Damit können die kurzfristig wirkenden Maßnahmen am Donnerstag entschieden werden.

Der von den Koalitionsparteien vorgelegte Gesetzesentwurf sieht u. a. eine Einmalzahlung für Mindestpensionisten, Arbeitslose und Bezieher von Studienbeihilfe in der Höhe von 300 Euro vor. Außerdem ist ein Zuschlag von 180 Euro zur Familienbeihilfe im August geplant.

Abschaffung der kalten Progression in Warteschleife

Noch nicht behandelt wurde die vergangene Woche ebenfalls als Teil des Pakets vorgestellte Abschaffung der kalten Progression, ebenso nicht die geplante Valorisierung der Sozialleistungen. Die Abschaffung der kalten Progression ist laut Regierung ab Jänner 2023 geplant, wobei entsprechende Richtlinien derzeit vorbereitet werden.

Die Anhebung des Klimabonus auf 250 Euro pro Erwachsenen sei auch nicht Teil dieses Maßnahmenpakets und werde gesondert vom Umweltausschuss behandelt, berichtete die Parlamentskorrespondenz nach Ende der Ausschusssitzung.

Das Gesamtvolumen des dritten Maßnahmenpakets inklusive Abschaffung der kalten Progression und Valorisierung der Sozialleistungen beträgt laut den Regierungsplänen voraussichtlich 28,6 Milliarden Euro – und zwar für den Zeitraum 2022 bis 2026. Für ÖVP und Grüne handelt es sich bei dem Paket um rasche und zielgerichtete Maßnahmen, die ohne viel Bürokratie umgesetzt werden. Untere Einkommensgruppen würden stärker profitieren, betonten die Regierungsparteien laut Parlamentskorrespondenz.

Lebensmittel im Sozialmarkt Wien
Sozialmarkt Wien
Sozialmärkte verzeichnen deutlich mehr Kunden und Kundinnen – die Regierung möchte mit einem Maßnahmenpaket entlasten

Kritik aus Opposition an Wirksamkeit

Kritik äußerte im Ausschuss die Opposition, zumal die meisten Maßnahmen nur temporär wirken. NEOS-Vizeklubchef Nikolaus Scherak warf der Regierung ein Vorgehen mit der Gießkanne vor. Die angekündigte Indexierung von Sozialleistungen und Einzelmaßnahmen für Geringverdiener begrüßte er.

Der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried meinte etwa, dass durch die Maßnahmen kein einziger Preis gesenkt werde – stattdessen gebe es Einmalzahlungen, von denen auf lange Sicht nur die Spitzenverdiener profitierten. Die Regierung sollte besser sofort Mieten und andere Preise deckeln. Die FPÖ würde der Teuerungswelle mit Steuersenkungen entgegentreten.

Treffsicherheit „gegeben“

ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher hielt dem entgegen, dass eine Mehrwertsteuersenkung als alternative Methode zu schnell „verpufft“ und nicht bei den Konsumentinnen und Konsumenten ankommen würde. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sagte, die Tarifsenkung der ökosozialen Steuerreform wirke heuer zusätzlich zu den Entlastungspaketen.

ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner rief am Mittwoch die Oppositionsparteien auf, dem Paket im Plenum zuzustimmen, sofern es ihnen mit Maßnahmen gegen die Teuerung ernst sei. Vor allem die SPÖ nahm sie in die Pflicht und appellierte an die „vernünftigen Kräfte“ innerhalb der Sozialdemokratie.

Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) sah die Treffsicherheit der Einmalzahlungen insbesondere bei den vulnerablen Gruppen gegeben. Schließlich stimmten ÖVP und Grüne im Ausschuss mit ihrer Mehrheit für das Entlastungspaket. NEOS wollte noch Details prüfen und stimmte daher vorerst dagegen.

Rauch für Vermögenssteuern

Was die Finanzierung der Maßnahmen betrifft, sprach sich Rauch am Mittwoch für die Einführung von Vermögenssteuern aus. „Jene Menschen, die in den vergangenen 15 Jahren durch ein Erbe enorm profitiert haben, müssen jetzt einen gerechten Beitrag leisten zur Bewältigung der Krisen. Ich weiß schon, diese Debatte will man in der ÖVP nicht führen. Für mich ist jedenfalls eine Steuer auf große Erbschaften eine Frage der sozialen Gerechtigkeit“, sagte er in der „Tiroler Tageszeitung“ (Mittwoch-Ausgabe).

Vor der Ministerratssitzung am Mittwoch sagte Rauch dann, dass derartige Schritte in der Koalition mit der ÖVP wohl nicht machbar sein werden: „Die ÖVP wird sagen, das geht sich nicht aus.“ Ihm gehe es aber darum, die „Debatte in Gang zu halten“. „Die Grundidee, sich dem anzunähern, muss – finde ich – einmal auf die Agenda kommen.“

Vermögenssteuern für Koalition kein Thema

Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer meinte dazu: „Das ist nicht im Regierungsprogramm enthalten. Die Einführung einer Erbschaftssteuer steht nicht akut bevor, außer es gibt einen Sinneswandel bei der ÖVP.“ ÖVP-Klubchef August Wöginger verwies darauf, dass man die Menschen „entlasten und nicht belasten“ wolle. „Es geht jetzt in erster Linie darum, den Menschen das Geld zurückzugeben, das ihnen die Inflation, die Teuerung weggenommen hat“, so Wöginger.

Dachterrassenwohnung in Wien
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Die Aussichten für Vermögende sind noch gut, höhere Steuern soll es für sie dank ÖVP nicht geben

Kritik an Fernbleiben Nehammers

Fehlen wird bei der Sondersitzung der Kanzler, der auf dem EU-Gipfel in Brüssel sein wird. Scharfe Kritik daran kam von SPÖ und FPÖ, die für eine Verschiebung des Plenums plädierten. Leichtfried erinnerte ebenso wie FPÖ-Chef Herbert Kickl daran, dass der Donnerstag der Wunschtermin der Koalition gewesen sei. Schon da sei klar gewesen, dass Nehammer nicht im Plenum sein werde.

Leichtfried wollte bei Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) eine Verschiebung der Sitzung beantragen, sollte es für den Kanzler nicht möglich sein, anwesend zu sein. Nehammer kneife, kritisierte auch Kickl: „Das kann man ihm nicht durchgehen lassen.“ Nehammer wolle sich bei der Sondersitzung abermals von ÖVP-Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm vertreten lassen, die offenbar sein „parlamentarischer Notausgang“ sei, so Kickl.