EU Parlament in Brüssel
APA/AFP/John Thys
Im zweiten Anlauf

EU-Parlament einigt sich auf Klimapaket

Nach dem Abstimmungsdebakel vor zwei Wochen und mehreren Änderungen hat das EU-Parlament am Mittwoch einen wichtigen Teil des EU-Klimapakets „Fit for 55“ mit großer Mehrheit beschlossen. Konkret geht es um einen neuen Kompromiss für die Reform des EU-Emissionshandels (ETS) sowie um einen Klimasozialfonds und die Einführung eines CO2-Zolls an den EU-Außengrenzen. Die Vorlage muss allerdings noch mit dem EU-Rat verhandelt werden.

Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich untereinander noch nicht auf einen Kompromiss geeinigt. Sie wollen nächste Woche ihre Position festlegen, dann beginnen Verhandlungen zwischen Rat und Parlament, eine Einigung muss erneut vom EU-Parlamentsplenum abgesegnet werden. Mit der Festlegung des EU-Parlaments ist aber ein wichtiger Zwischenschritt für das Klimapaket der EU-Kommission geschafft.

Das EU-Parlament hatte bei seiner letzten Plenarsitzung in Straßburg überraschend gegen das Paket gestimmt, nachdem es wegen verschiedener Änderungsanträge vielen Abgeordneten nicht mehr genug Klimaschutz enthielt. Dabei spielten die Sozialdemokraten eine entscheidende Rolle, die sich in letzter Minute dem Lager angeschlossen hatten, welches das Papier letztlich ablehnte.

Rasche Änderung

Vergangene Woche verständigten sich christdemokratische, liberale und sozialdemokratische EU-Abgeordnete dann auf den neuen Kompromiss zu den wichtigen Klimaschutzgesetzen, der auch von Grünen mitgetragen wird. „Der Mindeststandard für den Klimaschutz ist damit eingehalten“, bewertete der Grünen-Abgeordnete Michael Bloss den Kompromiss. Die Erderwärmung auf nicht mehr als 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen, sei so aber nicht mehr zu erreichen. Die Grünen argumentieren ihre Zustimmung damit, dass es ein Anfang und jetzt zu handeln wichtig sei.

Für Ausweitung des Emissionshandels

Der neue Kompromiss sieht unter anderem vor, dass die kostenlose Vergabe von Zertifikaten für CO2-Emissionen ab 2027 nach und nach auslaufen und ab 2032 ganz verschwinden soll. Auch eine Ausweitung dieses Emissionshandels (kurz ETS für European Trading System, Anm.) auf Gebäude und Verkehr ist vorgesehen.

Der ETS ist Herzstück der EU-Klimapolitik. Dabei müssen bestimmte Industrien für den Ausstoß klimaschädlicher Gase wie CO2 zahlen. Bis vor Kurzem wurde noch heftig diskutiert, ob das System auch auf Gebäude und Verkehr ausgeweitet werden soll, weil befürchtet wird, dass Verbraucher dann noch mehr fürs Heizen und Fahren zahlen müssten. In Deutschland und anderen EU-Staaten sind diese Bereiche bereits Teil des Emissionshandels.

Klimasozialfonds und CO2-Zoll

Das Parlament sprach sich zudem dafür aus, einen Klimasozialfonds und eine Art CO2-Zoll an den EU-Außengrenzen einzurichten. Durch den Fonds sollen Bürgerinnen und Bürger entlastet werden, da durch mehr Klimaschutz auch höhere Kosten für Verbraucher erwartet werden – also ein ähnliches Modell wie in Österreich mit Klimabonus als soziale Abfederung der CO2-Besteuerung. Mit dem CO2-Zoll soll verhindert werden, dass günstigere Produkte, die aber klimaschädlicher im Ausland hergestellt wurden, zum Problem für EU-Unternehmen werden. Auf eine solche Regelung hatte vor allem die europäische Industrie gedrängt, da sie einen Wettbewerbsnachteil befürchtete.

Bewegung auf allen Seiten

Nach Angaben des klimapolitischen Sprechers der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament, Tiemo Wölken, haben sich alle Seiten aufeinander zubewegt. „Das Ergebnis zeigt, dass es richtig war, vergangene Woche dem Bericht nicht zuzustimmen, der den Emissionshandel entscheidend verwässert hätte.“

Sein CDU-Amtskollege Peter Liese lobte den Kompromiss vergangene Woche, weil dieser auch einen langsameren Start eines CO2-Zolls vorsieht. Sollte dieser Zoll nicht wie erwartet funktionieren, gebe es zudem weiter kostenlose Verschmutzungszertifikate, teilte der CDU-Abgeordnete Christian Ehler mit.

Mit der Abstimmung wird aber zunächst nur die Position des Parlaments festgelegt. In Verhandlungen mit den EU-Ländern kann es noch Änderungen geben. Wie diese aussehen könnten, ist aber noch unklar, da sich die Staaten noch nicht auf eine gemeinsame Position geeinigt haben.

Alle außer FPÖ stimmten dafür

Zustimmung zu dem Beschluss kam von den heimischen Europaabgeordneten der ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS, die FPÖ stimmte dagegen. ÖVP-Delegationsleiterin Angelika Winzig sprach von einem „sinnvollen Kompromiss“. Der SPÖ-Abgeordnete Günther Sidl sieht mit mehr Klimaschutz und Bekämpfung von Energiearmut eine „Win-win-Situation“. Positiv für den Grün-Abgeordneten Thomas Waitz ist, dass die Ziele zumindest deutlich über jene der Kommission hinausgehen würden. NEOS-Mandatarin Claudia Gamon sprach von einem „ambitionierten Standpunkt“.

Der FPÖ-Abgeordnete Georg Mayer kritisierte einen in seinen Augen „aberwitzigen Versuch der Rettung des Weltklimas“. Kritik äußerte auch die Umweltorganisation WWF, freilich weil ihr die Parlamentsposition nicht weit genug gehe. Denn diese reiche nicht aus, das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens zu erreichen.