Rettungseinsatz
ORF.at/Peter Pfeiffer
„Vorsicht geboten“

Hitze als Gefahr für die Gesundheit

In Österreich bleibt es auch in den kommenden Tagen weiterhin sehr heiß. Die anhaltende Hitze ist eine Herausforderung für den Körper. Schon in den vergangenen Tagen kam es laut Samariterbund Wien vermehrt zu Einsätzen, die auf das heiße Wetter zurückzuführen sind. Das zeigt, wie wichtig es ist, an Tagen wie diesen verstärkt auf die eigene Gesundheit zu achten.

„An Tagen mit extremer Hitze erhöht sich das Einsatzaufkommen um bis zu 20 Prozent“, berichtete Michael Berger, Leiter Rettungs- und Krankentransporte beim Samariterbund Wien, in einer Aussendung am Mittwoch. „Zu den typischen Notfällen im Sommer zählen zum Beispiel durch Flüssigkeitsverlust ausgelöste Hitzekrämpfe, Hitzestau und Kreislaufkollaps.“ Auch seitens der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) heißt es: „Bei extremer sommerlicher Hitze ist Vorsicht geboten. Schweißtreibende Temperaturen über 30 Grad können zu ernsten Gesundheitsproblemen führen.“

„Vor allem ältere Menschen, Säuglinge, Kleinkinder, chronisch kranke Patienten, schwangere Frauen oder auch Personen, die im Freien arbeiten müssen, haben bei Temperaturen jenseits der 30 Grad oft mit Problemen zu kämpfen“, warnte Berger. Auch sportliche Personen sollten anstrengende körperliche Tätigkeiten in die Morgen- oder Abendstunden verlegen.

Kind trinkt aus Flasche
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Trinken, trinken, trinken lautet der Leitspruch für die heißen Tage

„Große Herausforderung“ für vulnerable Personen

„Hitzewellen sind für vulnerable Personen eine ganz besonders große Herausforderung. Achten Sie daher bitte nicht nur auf sich selbst, sondern auch auf Kinder und ältere Menschen in Ihrem Umfeld. Und zögern Sie nicht, bei kritischen Anzeichen unter der Nummer 144 einen Notruf abzusetzen“, appellierte Jürgen Grassl, Bundesschulungsleiter des Samariterbundes.

Extremwetter

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.

Am wichtigsten ist es, auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten. „Unser Körper verliert durch das Schwitzen viel Flüssigkeit – deswegen sollte man bei Hitze viel trinken, mindestens drei Liter am Tag. Zu empfehlen sind Leitungswasser, Mineralwasser oder verdünnte Fruchtsäfte“, so Grassl.

Besonders ältere Menschen verspüren oft weniger Durst und vergessen dadurch auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr. „Motivieren Sie ältere Menschen, aber auch Kinder, zum Trinken und kontaktieren Sie alleinstehende Personen regelmäßig“, appellierte Grassl. Getränke, die Alkohol, Zucker oder Koffein beinhalten, sollten vermieden werden.

Nicht in die pralle Sonne

Wer kann, sollte sich tagsüber im Schatten oder in abgedunkelten Räumen aufhalten. Bei dringend notwendigen Tätigkeiten im Freien ist auf Sonnenschutz, Kopfbedeckung und luftige Kleidung, am besten aus Baumwolle, zu achten. „Besonders Kinder sollten auch im Wasser eine Kopfbedeckung tragen, um die Gefahr eines Sonnenstichs zu vermindern“, rät der Samariter.

Auf gar keinen Fall dürfen Kinder oder Tiere in einem Auto zurückgelassen werden – auch nicht im Schatten bei leicht geöffnetem Fenster. Ein parkendes Auto heizt sich bei 30 Grad Außentemperatur innerhalb von wenigen Minuten auf bis zu 70 Grad auf.

Menschen sitzen im Schatten in einem Park
APA/Erwin Scheriau
Tagsüber sollte man sich vor allem im Schatten aufhalten

Auch psychische Auswirkungen

Untersuchungen belegen, dass die Hitze jedoch nicht nur auf den Körper, sondern auch auf die Psyche einen erheblichen Einfluss hat. So sind von der Hitzewelle auch Menschen mit Angst- oder Panikstörungen betroffen. „Durch die Hitze fühlen sich ohnehin viele Menschen unruhig und unwohl, merken leichte Kreislaufprobleme. Die meisten werden diese auf die Hitze zurückführen und sich nicht weiter darum kümmern. Jemand, der Panikerfahrung hat, kann das aber nicht. Denn bei der geringsten Abweichung von der Norm setzt eine Angstkette ein, und das Gehirn schlägt sofort Alarm“, erklärte Josef Schörghofer, Leiter der psychosozialen Information des Psychosozialen Dienstes (PSD), bereits 2019 gegenüber ORF.at. Durch die Hitze würde es bei Betroffenen demnach verstärkt zu Panikattacken kommen.

Im Sinne der Gesundheitserhaltung müsse man zu Kulturen blicken, die bereits seit ihrer Entstehung mit hohen Temperaturen zu kämpfen haben – etwa zu den südlichen Ländern Europas. Als Vorbild auch für Österreich nennt Schörghofer Spanien und die Siesta. Er plädiert: „Wir sollten unseren Lebensrhythmus überdenken und hinterfragen, ob er noch zum heutigen Klima passt.“

„Hitzetoter“

Berechnungen zu „Hitzetod“ haben einen Haken: „Den“ Hitzetoten gibt es nicht, es gibt lediglich die medizinische Diagnose Hitzeschlag. Allerdings gibt es den Ausdruck „Hitzeassoziierte Übersterblichkeit“, wo Sterbedaten mit Wetterinformationen in Verbindung gebracht werden.

Mehr Hitze- als Verkehrstote

Die Bandbreite der gesundheitlichen Auswirkungen von Hitze ist demnach groß und reicht von Schwindel bis zum Tod. Im Jahr 2018 etwa starben in Österreich bei einem Höchstwert von über 100 Sommertagen mit mindestens 25 Grad 766 Personen, berichtete die AGES. Zum Vergleich: Bei Verkehrsunfällen starben 2018 409 Menschen.

Ein ähnliches Bild der Hitzetoten zeigt sich in Deutschland. So ist in der „Zeit“ zu lesen: „Besonders schlimm war es 2018: Bis zu 2.000 Menschen mehr kamen durch Hitzefolgen ums Leben als im ganzen Jahr im Straßenverkehr.“ Und weiter: „Während viele Vorschriften die Zahl der Toten auf den Straßen kontinuierlich gesenkt haben, fehlen solche Regeln jedoch im Umgang mit der Hitze.“

Feuchtkugeltemperatur: Wenn Schwitzen nicht mehr hilft

Europaweit berichtete „Politico“ vergangenes Jahr von „Tausenden zusätzlichen Toten“, zurückzuführen auf die starken Hitzewellen. Zitiert wird hierbei auch der Bericht des Weltklimarats (IPCC), der besagt, dass die Feuchtkugeltemperatur in den vergangenen Sommern in Europa stark gestiegen sei.

Die Feuchtkugeltemperatur hilft bei der Bewertung der Auswirkungen hoher Temperaturen auf die menschliche Gesundheit, denn je heißer und feuchter die Luft wird, desto schwieriger kann sich der Körper durch Schweiß abkühlen. Die Feuchtkugeltemperatur bezeichnet konkret die niedrigste Temperatur, die durch Verdunstungskühlung erreicht werden kann.

Steigt die Feuchtkugeltemperatur auf über 35 Grad, ist das für den Menschen tödlich. Denn bei dieser Temperatur gelingt es dem menschlichen Körper nicht mehr, sich durch das Schwitzen zu kühlen. Laut IPCC könnten vor allem in Indien und Pakistan bis zum Ende des Jahrhunderts Hitzewellen auftreten, deren Feuchtkugeltemperaturen für den menschlichen Körper tödlich sind.