Elisabeth Köstinger
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ÖVP-U-Ausschuss

Umfragen „persönlich“ nicht beauftragt

Die frühere Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) ist am Donnerstag vom ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss befragt worden. Im Zentrum des Ausschusstages standen Postenbesetzungen und Umfragen, die vom Ressort in Auftrag gegeben wurden, aber laut SPÖ nichts mit dem Ministerium zu tun hatten. Köstinger fühlte sich für Umfragen nicht zuständig.

SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer ließ gleich in den ersten Minuten der Befragung einen Ausschnitt aus einer Fragestunde mit Köstinger im Nationalrat vorspielen. Der SPÖ-Mandatar wollte in der damaligen Sitzung wissen, ob die Auskunftsperson als Landwirtschaftsministerin Umfragen beauftragt hat, die „nichts mit dem Ressortgegenstand“ zu tun haben.

In der Nationalratssitzung verneinte Köstinger die Frage. „Persönlich habe ich keine Umfragen beauftragt“, sagte sie. Am Donnerstag wollte Krainer nun wissen, ob sie bei ihrer damaligen Aussage bleibe. „An meinem Informationsstand hat sich nichts geändert“, sagte die Ex-Ressortchefin und wiederholte, dass sie „persönlich“ die Umfragen nicht in Auftrag gegeben habe.

Elisabeth Köstinger
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Einen Kameraschwenk ließ die Auskunftsperson nicht zu

Verweis auf Ex-Kabinettschef

Anschließend machte die SPÖ nahtlos dort weiter, wo sie am Mittwochabend, als es um das Wirtschaftsministerium ging, aufgehört hatte: vom Ressort in Auftrag gegebene Umfragen, die vom Meinungsforschungsinstitut Demox Research durchgeführt wurden. Diese beinhalteten laut SPÖ „ressortfremde“ Fragen, die für Parteien wichtig seien, aber nicht in die Verantwortung des Ministeriums fallen. Zudem ist der Geschäftsführer des Instituts der frühere ÖVP-Bauernbund-Funktionär Paul Unterhuber.

Diesen kenne sie schon seit Jahren, sagte Köstinger, der Fotos vorgelegt wurden, auf denen die beiden zu sehen sind. Warum er Umfragen, die laut SPÖ „ressortfremde“ Fragen enthielten, für ihr Ressort durchführte, weiß die Ex-Ministerin allerdings nicht. Sehr wohl sei sie als Ministerin für die Vorgänge und Entscheidungen im Ressort verantwortlich, so die Ex-Politikerin auf SPÖ-Nachfrage.

Kai Jan Krainer (SPÖ)
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SPÖ-Fraktionschef Krainer ortete „ressortfremde“ Umfragen, die mit Steuergeld bezahlt wurden

In die direkte Themenausgestaltung von Umfragen sei sie nicht involviert gewesen, sagte Köstinger. Krainer zitierte aus E-Mails ihres früheren Kabinettschefs Gernot Maier, der sich mit Unterhuber über Fragen für Umfragen unterhielt. Dass Meinungen zur Arbeitslosigkeit abgefragt werden, sei für den Tourismus wichtig, so die Ex-Ministerin. Warum Fragen „unsere Gesellschaftsordnung“ oder die Ankunft von Flüchtlingen betrafen, beantwortete sie damit, dass das Ressort viele Zuständigkeiten hatte und man vieles abfragen könne. Krainer merkte an, dass diese Themen kurz vor der Wien-Wahl 2020 abgefragt wurden.

Warum wurde Maier Generalsekretär?

Köstinger erklärte auf NEOS-Nachfrage, dass ihr damaliger Kabinettschef Gernot Maier unter ihrer Amtszeit aus „Effizienzgründen“ Generalsekretär wurde. Sein Vorgänger wollte sich 2020 beruflich umorientieren, deshalb sei der mächtige Posten, für den es keine Ausschreibung benötigt, der aber mit einem Weisungsrecht ausgestattet ist, vakant gewesen. Maier habe „hervorragende Arbeit“ geleistet und sei stets ein integer Mitarbeiter gewesen.

Christa Edwards und Wolfgang Sobotka
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Verfahrensrichter Christa Edwards beriet Ausschussvorsitzenden Wolfgang Sobotka (ÖVP)

Nach Ansicht von NEOS-Fraktionschefin Krisper hatte Maier aber weder die fachliche Erfahrung für die Tätigkeitsfelder des Landwirtschaftsressorts noch Erfahrungen als Beamter. Es sei nicht Voraussetzung, dass man ein Beamter bzw. eine Beamtin sein muss, erwiderte Köstinger. Die Frage, ob Maiers Erfahrung aus seiner Zeit in der ÖVP-Bundespartei und seine Zuständigkeit für Meinungsumfragen ausschlaggebend für seine Bestellung waren, verneinte die Ex-Ministerin.

SPÖ: Umgehung der Verwaltung

Für Inserate fühlte sich Köstinger wie für Umfragen nicht zuständig. Eine von NEOS vorgelegte Auswertung, wonach das Landwirtschaftsministerium unter ihrer Amtszeit allen voran Inserate im Boulevard („Heute“, „Österreich“ und „Krone“) schaltete, aber nicht ein einziges Inserat im „Standard“, konnte die Ex-Ministerin nicht nachvollziehen. Sie habe keinen Grund, an der Inseratenvergabe ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu zweifeln, sagte sie sinngemäß.

Auch die SPÖ wollte anschließend mehr über Inserate in der vom ÖVP-Bauernbund herausgegebenen „Bauernzeitung“ erfahren. Dafür zitierte Krainer aus einer E-Mail von Köstingers damaligen Pressesprecher an die zuständige Abteilung, in der dieser festhielt, dass er einen Inseratenrahmen von 110.000 Euro vereinbart habe. Sie sehe diese E-Mail zum ersten Mal, betonte Köstinger. Die SPÖ vermutet, dass die zuständige Fachabteilung übergangen wurde.

Denn im elektronischen Akt, der dazu später angefertigt wurde, halten die Beamten der Abteilung laut SPÖ fest, dass im Auftrag des „Ministerbüros eine Medienkooperation mit der Agrar Media Verlagsgesellschaft mbH zur Schaltung von Inseraten in der Bauernzeitung beauftragt wird“. Der Verlag Agrar Media ist zu 100 Prozent im Eigentum einer ÖVP-Vorfeldorganisation, des Bauernbundes und betreibt eben die „Bauernzeitung“.

Spende für Bauernbund-Ball?

Die FPÖ ging auf den Rechnungshof-Bericht über den Rechenschaftsbericht 2019 der ÖVP ein. Konkret wollte Susanne Fürst wissen, ob sie über eine Spende in Höhe von rund 43.000 Euro aus dem Landwirtschaftsministerium für den steirischen Bauernbund-Ball Bescheid wusste. Wegen der Frage schritt ÖVP-Fraktionschef Andreas Hanger ein, da Parteien nicht Gegenstand eines U-Ausschusses seien, so der Mandatar. Köstinger betonte, dass sie 2019 nur wenige Monate Ministerin gewesen ist. Ihr sei der Geldfluss nicht bekannt gewesen.

Susanne Fürst (FPÖ)
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Eine Spende für den Bauernbund-Ball beschäftigte FPÖ-Mandatarin Fürst

Die FPÖ ließ hier allerdings nicht locker und versuchte mehrmals nachzuhaken. Nicht selten ging es um die konkrete Fragestellung, die zu längeren Gesprächen zwischen Köstinger und der Vertrauensperson, Anwalt Werner Suppan, führten – Suppan ist im Parlament quasi Stammgast und begleitete in diversen U-Ausschüssen mehrere ÖVP-Politiker und -Funktionäre. Auch außerhalb des parlamentarischen Kontrollinstruments vertritt er die ÖVP.

Besetzung der Bundesgärten-Leitung

Grünen-Fraktionschefin Nina Tomaselli richtete den Themenfokus anschließend auf Postenbestellungen und fragte nach Katrin Völk, die seit Juli 2020 die Österreichischen Bundesgärten leitet. Völk war stellvertretende Kabinettschefin von Köstinger und hatte auch davor für die Politikerin gearbeitet. Köstinger sei der Empfehlung der Personalkommmission gefolgt, sagte sie. Auf die Bestellungskommission habe sie nicht eingewirkt. Warum es bei zig Bewerbern und Bewerberinnen kein Hearing gab, wisse sie nicht.

Dass die Volksanwaltschaft Unterlagen über den Bestellungsprozess begehrte, das Ministerium aber auf die Amtsverschwiegenheit verwies, wie Grünen-Mandatarin Tomaselli betonte, sei Köstinger nicht bekannt. Die Auskunftsperson fragte nach Unterlagen, die sie studieren könne. Tomaselli zitierte allerdings aus einem „Standard“-Artikel, in der Volksanwalt Walter Rosenkranz (FPÖ) erklärte, dass man seit Monaten auf Unterlagen warte.

Begriff „Projekt Ballhausplatz“ heute bekannt

Gefragt nach dem „Projekt Ballhausplatz“, das im „Ibiza“-U-Ausschuss prominent thematisiert wurde, sagte Köstinger, dass ihr der Begriff zunächst nicht bekannt war. Er sei „medial konstruiert“ gewesen. Heute, nach den Befragungen und der medialen Berichterstattung, wisse sie über den Begriff Bescheid. Jedenfalls sei sie 2017 vom damaligen ÖVP-Chef Sebastian Kurz gebeten worden, ÖVP-Generalsekretärin zu werden. Gemeinsam wollte man „das Land an die Spitze bringen“.

In ihrer einleitenden Stellungnahme verwies Köstinger auf die Erfolge während ihrer Amtszeit. Es sei schön gewesen, mit Menschen in Kontakt zu treten. Für die frühere Ministerin war es wichtig, nicht nur über Politik zu reden, sondern sie auch mitzugestalten. Sie würde das wieder so machen. „Mit 9. Mai habe ich meine Tätigkeit zurückgelegt und bin aus der Politik ausgetreten“, sagte Köstinger. Ihr Nachfolger, Norbert Totschnig (ÖVP), wurde am 18. Mai angelobt, bis dahin führte Köstinger die Amtsgeschäfte.