Ukrainische Flaggen und EU-Flaggen
AP/Pascal Bastien
Mitgliedsstaaten einig

Ukraine ist EU-Beitrittskandidat

Die Ukraine und auch Moldawien sind nun EU-Beitrittskandidaten. Zu dieser Einigung kamen die EU-Staats- und -Regierungschefs am Donnerstagabend, wie Ratspräsident Charles Michel per Twitter bekanntgab.

„Einigung. Der Europäische Rat hat sich gerade für den Kandidatenstatus für die Ukraine und Moldawien entschieden. Ein historischer Moment. Der Tag markiert einen entscheidenden Schritt auf eurem Weg in die EU“, so Michel in seinem Posting. Er gratulierte dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und der moldawischen Präsidentin Maia Sandu sowie den Menschen in den Ländern. „Unsere Zukunft ist gemeinsam.“

Selenskyj wurde nach der Entscheidung live zum Gipfel zugeschaltet. Er bedankte sich bei Michel, Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie den Staats- und Regierungschefs für die Unterstützung. „Die Zukunft der Ukraine liegt in der EU.“ Auch Sandu sprach von einem historischen Tag.

Auch bei Georgien meldete Michel Fortschritte: Man sei bereit, die „europäische Perspektive“ für Georgien anzuerkennen. Den Kandidatenstatus wolle man dem Land verleihen, sobald man die noch „ausstehenden Prioritäten“ behoben habe, so Michel.

Von der Leyen: „Bedeutender Moment“ für Europa

Eigentlich ging man im Vorfeld in Brüssel davon aus, dass die Entscheidung für die Ukraine als EU-Beitrittskandidat eine reine Formsache sein wird und bereits am Nachmittag die Einigung steht. Letztlich wurde es dann aber doch gleich einige Stunden später, ehe die EU-Staaten grünes Licht gaben.

In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz zeigten sich Michel, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und von der Leyen glücklich über die Einigung. „Dies ist ein sehr bedeutender Moment und ein sehr guter Tag für Europa“, so von der Leyen. Alle drei Länder seien „Teil der europäischen Familie“, die heutige „historische Entscheidung“ bestätige das, so die Kommissionspräsidentin.

Emmanuel Macron, Charles Michel und Ursula von der Leyen
ORF.at/Florian Bock
Macron, Michel und von der Leyen (v.l.n.r.) verkündeten die Einigung

Der Kandidatenstatus sei ein „sehr starkes Signal an Russland“, so der französische Präsident Macron. Er begrüßte die „politische Geste“ des „starken und geeinten Europas“, so Macron bei der Pressekonferenz. Deutschlands Kanzler Olaf Scholz schrieb unterdessen auf Twitter: „27 Mal Ja! Der Europäische Rat begrüßt zwei neue Beitrittskandidaten zur EU. Auf gute Zusammenarbeit in der europäischen Familie!“

Diskussion über Bosnien-Herzegowina

Offenbar wurde auch darüber diskutiert, dass Bosnien-Herzegowina den EU-Kandidatenstatus erhält. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sagte am Abend, es wurde „intensiv“ diskutiert. Die Kommission wurde „aufgefordert, einen Prozess zu beschleunigen, wenn es darum geht, Bosnien auf dem Weg zum Beitrittskandidatenstatus zu begleiten. Das wird dieses Jahr auch noch Ergebnisse zeigen“, so Nehammer. Daher sei es auch für die Westbalkan-Staaten ein wichtiger Tag gewesen.

Im Laufe des Abends hieß es aus Ratskreisen, dass ein möglichst konkretes Datum für den Kandidatenstatus des Balkan-Landes im Herbst diskutiert worden sei. Als Bedingung dafür sollte Bosnien-Herzegowina auch eine Wahlrechtsreform durchführen.

Kandidatenstatus mehr als nur Symbolik

Das Ja zum Kandidatenstatus alleine sagt noch lange nichts aus: Auch die Türkei hält schon seit 1999 den Kandidatenstatus inne, könnte aber momentan wohl kaum weiter von einem EU-Beitritt entfernt sein. Der Status ist also keine Entscheidung über die Aufnahme von EU-Beitrittsgesprächen. Dazu ist wieder ein einstimmiger Beschluss der EU-Staaten erforderlich.

Dennoch ist die Zustimmung der EU-27 mehr als nur ein symbolischer Schritt: Als Kandidat gibt es mehr Möglichkeiten für die Staaten, Fördergelder zu beziehen – gerade für die Ukraine könnte das entscheidend werden.

Keine Fortschritte bei Westbalkan

Zuvor trafen sich die EU-Staats- und -Regierungschefs mit den Westbalkan-Ländern – das Spitzentreffen ging jedoch ohne konkrete Fortschritte zu Ende. Die Eröffnung der Beitrittsgespräche mit Nordmazedonien und Albanien ist weiter blockiert, wie ein hochrangiger EU-Beamter nach den fast vierstündigen Brüsseler Beratungen bestätigte. Keine Annäherung soll es auch mit Serbien im Streit um die Umsetzung der EU-Sanktionen gegen Russland gegeben haben.

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte zeigte sich jedoch optimistisch, dass die bulgarische Blockade gegen die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen Nordmazedoniens bald beendet wird. „Es gibt eine 50 bis 60-prozentige Chance, dass es kommende Woche einen Durchbruch geben kann“, sagte er am Rande des EU-Gipfels in Brüssel. Bulgarien arbeite hart an einer Lösung.

EU-Kandidatenstatus für die Ukraine

Die Ukraine und auch Moldawien sind nun EU-Beitrittskandidaten. Zu dieser Einigung kamen die EU-Staats- und -Regierungschefs am Donnerstagabend, wie Ratspräsident Charles Michel per Twitter bekanntgab.

Nehammer forderte „gleiche Regeln für alle“

Im Vorfeld des Westbalkan-Gipfels pochte Nehammer auf „gleiche Regeln für alle“. „Das ist ein Gebot der Fairness und eine Frage der Glaubwürdigkeit“, sagte Nehammer laut Mitteilung in Brüssel. Sein deutscher Amtskollege Scholz forderte ebenfalls Fortschritte im EU-Beitrittsprozess der sechs Westbalkan-Staaten.

„Wir dürfen auch nicht mit zweierlei Maß messen, was den EU-Beitrittsprozess anbelangt“, so Nehammer in der der APA vorliegenden Stellungnahme. Angesichts der engen Beziehungen zu Österreich sei „der EU-Annäherungsprozess für die Länder des Westbalkans in unserem ureigensten Interesse“. Er werde sich „mit Nachdruck“ weiterhin dafür einsetzen.