Ärztin bereitet Impfung vor
Reuters/Hannibal Hanschke
Aus für Impfpflicht

Opposition ortet Regierungsscheitern

Die Regierung hat am Donnerstag das Ende der umstrittenen Impfpflicht verkündet. Man wolle vom „Katastrophenmodus“ hin zu einer „Phase des Lebens mit dem Virus“ kommen, so Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). Die Reaktion der Opposition fällt heftig aus: Für SPÖ-Gesundheitssprecher Phillip Kucher sei das der „vorläufige Höhepunkt des Regierungsversagens“. Auf Anklang stößt die Entscheidung bei der FPÖ, die schon seit Monaten auf ein Ende der Impfpflicht drängt. Für NEOS war die Pflicht von Anfang an „verkorkst“.

Für FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl braucht es jetzt einen baldigen Termin im Gesundheitsausschuss, damit das Gesetz noch vor der Sommerpause abgeschafft werden kann. Mit dem Impfpflichtgesetz müsse aber auch das Covid-19-Maßnahmengesetz fallen, da dieses eine „Impfpflicht über die Hintertür“ ermögliche. „Der Gesundheitsminister kann über Verordnungen jederzeit wieder Maßnahmen wie 2-G-Zutrittsregelungen, Lockdowns für Ungeimpfte und damit den Ausschluss Ungeimpfter aus dem öffentlichen Leben in Kraft setzen“, wird Kickl in einer Aussendung zitiert.

Der oberösterreichische Landesparteiobmann Manfred Haimbuchner bezeichnete die Entscheidung als „Erfolg für die Freiheit“ und „Schritt aus der gesellschaftlichen Spaltung heraus, hin zu einem neuen Miteinander“. Der bisherige „Zickzackkurs“ der Regierung habe jedoch für viel Chaos gesorgt.

Aus für CoV-Impfpflicht

Gänzlich abgeschafft wurde am Donnerstag die CoV-Impfpflicht. Sie war eines der umstrittensten Gesetze der türkis-grünen Regierung und wird jetzt wieder zurückgenommen.

SPÖ: Regierungsversagen

Anders sieht das SPÖ-Gesundheitssprecher Phillip Kucher. Das Abschaffen der Impfpflicht sei der „vorläufige Höhepunkt des Regierungsversagens“. Er fordert von der Regierung eine Begründung, auf Basis welcher Experten und Expertinnen die Entscheidung getroffen wurde. Während Experten und Expertinnen mit 30.000 Neuinfektionen am Tag schon im Juli rechnen würden, versuche die Regierung mit dem Aufheben der Impfpflicht von ihrem „untauglichen Paket gegen die Teuerung“ abzulenken, so Kucher.

Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hat hingegen kein Problem mit einem Aus für die Impfpflicht. „Ich werde mich nicht dagegen wehren. Das war nicht unsere Idee in Wien, wir haben es mitgetragen“, sagte er. Die geplante Verpflichtung habe zu vielen Missverständnissen und Missinterpretationen geführt. Bei einer neuen Welle werde wohl notwendig sein, wieder beschränkende Maßnahmen einzuführen, so Hacker. Nötig sei neben einer Ausweitung der Maskenpflicht wohl auch ein „Hinauffahren“ des Testsystems – mehr dazu in wien.ORF.at.

NEOS vermisst Plan für Herbst

„Das Ende der Impfpflicht mitten in der Sommerwelle zu verkünden, passt zum völlig chaotischen Krisenmanagement von ÖVP und Grünen“, so der stellvertretende NEOS-Klubobmann Niki Scherak. Die Regierung habe die Impfpflicht von Anfang an „verkorkst“ und so das Vertrauen der Menschen missbraucht. Außerdem sieht Scherak immer noch keinen Plan für den Herbst.

Wenig überraschend sieht Michael Brunner, MFG-Obmann und von Anfang an Gegner der Impfung, die Abschaffung der Impfpflicht als „Erfolg für die Zivilgesellschaft“. Für ihn sei die Entscheidung jedoch nur politisch motiviert, Brunner rechnet bereits mit einer Wiedereinführung der Impfpflicht nach den Tiroler Landtagswahlen und fordert Neuwahlen auf Bundesebene.

Nehammer: „Nicht die geeignete Maßnahme“

Am Rande des EU-Gipfels in Brüssel kommentierte auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) das Aus für die Impfpflicht. Es gab die „Einsicht, dass es nicht die geeignete Maßnahme war, um die Impfquote nach oben zu bekommen“, so Nehammer. Es gebe „eine Steigerung der Spaltung in der Gesellschaft“, so Nehammer, sein „Auftrag“ sei es, „die Gräben zuzuschütten“. Man müsse „die Emotionalisierung rausnehmen“, auch im Hinblick auf den Herbst, wo das Coronavirus „wieder ein viel größeres Thema sein wird.“

Grüne: Alle sollen an einem Strang ziehen

Die grüne Verfassungssprecherin Agnes Sirkka Prammer und Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner begründen das Ende der Impfpflicht mit geänderten Voraussetzungen und stehen hinter der Entscheidung. Beide halten an der Sinnhaftigkeit der Impfung fest, im Sommer müssten jetzt mehr Menschen mit niederschwelligen Kampagnen von der Impfung überzeugt werden. „Dafür müssen aber endlich alle an einem Strang ziehen – Bund, Länder und Kommunen. Entsprechende Mittel wurden an die Gemeinden ausbezahlt, umso wichtiger, hier jetzt ins Tun zu kommen“, so Prammer und Schallmeiner unisono.

Impfpflicht für Landesdienst in NÖ aufgehoben

Für Vorarlbergs Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) ist die Abschaffung der Impfpflicht ein „nachvollziehbarer Schritt“. Noch im März hatte Rüscher die Aussetzung als „falsches Signal“ bezeichnet. Aufgrund der deutlich milderen Krankheitsverläufe bestehe heute keine Notwendigkeit mehr. In Niederösterreich wird auch die Impfpflicht für den Landesdienst aufgehoben. Die Entwicklung des Coronavirus befinde sich „in einer neuen Phase“, hieß es dazu aus dem Amt der Landesregierung – mehr dazu in noe.ORF.at.