Elisabeth Köstinger beim ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss
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ÖVP-U-Ausschuss

Inserate unter Köstinger im Fokus

Die Befragung von Ex-Ministerin Elisabeth Köstinger ist nach einer sechsstündigen Pause am Donnerstagabend fortgesetzt worden. Während sich der Vormittag ruhig gestaltete, kam nach der Sondersitzung des Nationalrats mehr Schwung auf. Insbesondere Umfragen zu „ressortfremden“ Themen und Inserate an die „Bauernzeitung“ standen im Fokus der Abgeordneten.

Die Befragung von Köstinger begann am Vormittag und wurde wegen der Nationalratssondersitzung für sechs Stunden unterbrochen. Nach der Pause wollten insbesondere NEOS und SPÖ mehr über Inserate an diverse Medien wissen. Köstinger betonte mehrmals, dass sie für das operative Geschäft nicht zuständig gewesen sei. Dafür gebe es Fachabteilungen und sie habe keinen Grund, an deren Umsetzung zu zweifeln.

SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer zitierte sogleich aus einer E-Mail von Köstingers damaligen Pressesprecher, Daniel Kosak. Darin soll dieser festgehalten haben, dass er mit der „Bauernzeitung“, die sich im Eigentum des ÖVP-Bauernbundes befindet, einen Inseratenrahmen von 110.000 Euro vereinbart habe. Köstinger wollte diese Nachricht zum ersten Mal gesehen haben. Es sei nicht auszuschließen, dass mit der zuständigen Fachabteilung „Kommunikation und Service“ zuvor gesprochen wurde.

Doch die SPÖ ist anderer Meinung. Krainer vermutete, dass die Fachabteilung übergangen wurde. Denn im elektronischen Akt, der später angefertigt und in dem die E-Mail veraktet wurde, sollen die Beamten und Beamtinnen der Abteilung laut SPÖ festgehalten haben, dass im Auftrag des „Ministerbüros eine Medienkooperation mit der Agrar Media Verlagsgesellschaft mbH zur Schaltung von Inseraten in der ‚Bauernzeitung‘ beauftragt wird“. Der Verlag Agrar Media ist zu 100 Prozent im Eigentum des ÖVP-Bauernbundes.

NEOS: Mehr für Boulevard, nichts für „Standard“

Dass Köstinger aus dem Bauernbund kommt, ist bekannt. NEOS legte eine eigene Auswertung vor, wonach die „Bauernzeitung“ unter der Amtszeit von Köstinger hohe Summen für Inserate vom Ministerium erhalten hatte. Zudem sollen Inserate allen voran im Boulevard („Heute“, „Österreich“ und „Krone“) geschaltet worden sein, aber nicht ein einziges Inserat im „Standard“. Die Auskunftsperson konnte das nicht nachvollziehen, hielt aber fest, dass sie als Ministerin für die Medienplanung nicht zuständig sei.

Kai Jan Krainer (SPÖ)
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SPÖ-Fraktionschef Krainer ortete „ressortfremde“ Umfragen, die mit Steuergeld bezahlt wurden

Das Thema löste auch zwei längere Unterbrechungen. Eine behandelte die Frage, ob die „Bauernzeitung“ eine Parteizeitung sei, wie Krainer diese nannte. Dagegen sprach sich hingegen Anwalt Werner Suppan aus, die Vertrauensperson von Köstinger. So änderte der SPÖ-Mandatar seine Frage und bezeichnete die „Bauernzeitung“ als „Zeitung im Eigentum einer Teilorganisation der ÖVP“.

In der anderen Unterbrechung ging es um eine „parlamentarische Praxis“: Folgen zwei Wortmeldungen zur Geschäftsordnung aufeinander, soll es zu einer Stehung kommen, so jedenfalls die Meinung der Opposition. ÖVP-Mandatar Andreas Hanger meinte, dass das nicht die Praxis sei. Hintergrund ist folgender: Bei einer Stehung läuft die auf maximal vier Stunden festgelegte Befragungszeit nicht mit, bei Debatten hingegen schon. Für die Opposition sind Stehungen besser als Endlosdebatten.

Nicht in Umfragen involviert

Vor der sechsstündigen Pause wurde Köstinger zu Umfragen befragt, die unter ihr vom Ministerium in Auftrag gegeben wurden. Auftragnehmer war unter anderem das Meinungsforschungsinstitut Demox Research. Dessen Geschäftsführer ist der frühere ÖVP-Bauernbund-Funktionär Paul Unterhuber. Diesen kenne sie schon seit Jahren, sagte Köstinger, der Fotos vorgelegt wurden, auf denen die beiden zu sehen sind. Aber mit der Beauftragung habe sie nichts zu tun, ließ sie die Abgeordneten wissen.

Konkret wollte der U-Ausschuss aber wissen, warum die Umfragen auch Fragen beinhalteten, die offenbar nichts mit dem Aufgabengebiet des Ministeriums zu tun hatten. In die direkte Themenausgestaltung von Umfragen sei sie nicht involviert gewesen, sagte Köstinger. Sehr wohl sei sie als Ministerin für die Vorgänge und Entscheidungen im Ressort verantwortlich, so die Ex-Politikerin auf SPÖ-Nachfrage.

Elisabeth Köstinger
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Einen Kameraschwenk ließ die Auskunftsperson nicht zu

Krainer zitierte aus E-Mails ihres früheren Kabinettschefs Gernot Maier, der sich mit Unterhuber über Fragen für Umfragen unterhielt. Dass Meinungen zur Arbeitslosigkeit abgefragt werden, sei für den Tourismus wichtig, so die Ex-Ministerin. Warum Fragen „unsere Gesellschaftsordnung“ oder die Ankunft von Flüchtlingen betrafen, beantwortete sie damit, dass das Ressort viele Zuständigkeiten hatte und man vieles abfragen könne. Krainer merkte an, dass diese Themen kurz vor der Wien-Wahl 2020 abgefragt wurden.

Warum wurde Maier Generalsekretär?

Zuvor wollte NEOS mehr über Köstingers Ex-Kabinettschef Maier wissen. Die frühere Ministerin erklärte, dass dieser unter ihrer Amtszeit aus „Effizienzgründen“ zum Generalsekretär bestellt wurde. Dessen Vorgänger wollte sich 2020 beruflich umorientieren, deshalb sei der mächtige Posten, für den es keine Ausschreibung benötigt, der aber mit einem Weisungsrecht ausgestattet ist, vakant gewesen. Maier habe „hervorragende Arbeit“ geleistet und sei stets ein integer Mitarbeiter gewesen.

Christa Edwards und Wolfgang Sobotka
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Verfahrensrichter Christa Edwards beriet Ausschussvorsitzenden Wolfgang Sobotka (ÖVP)

Nach Ansicht von NEOS-Fraktionschefin Krisper hatte Maier aber weder die fachliche Erfahrung für die Tätigkeitsfelder des Landwirtschaftsressorts noch Erfahrungen als Beamter. Es sei nicht Voraussetzung, dass man ein Beamter bzw. eine Beamtin sein muss, erwiderte Köstinger. Die Frage, ob Maiers Erfahrung aus seiner Zeit in der ÖVP-Bundespartei und seine Zuständigkeit für Meinungsumfragen ausschlaggebend für seine Bestellung waren, verneinte die Ex-Ministerin.

Spende für Bauernbund-Ball?

Die FPÖ ging auf den Rechnungshof-Bericht über den Rechenschaftsbericht 2019 der ÖVP ein. Konkret wollte Susanne Fürst wissen, ob sie über eine Spende in Höhe von rund 43.000 Euro aus dem Landwirtschaftsministerium für den steirischen Bauernbund-Ball Bescheid wusste. Wegen der Frage schritt ÖVP-Fraktionschef Andreas Hanger ein, da Parteien nicht Gegenstand eines U-Ausschusses seien, so der Mandatar. Köstinger betonte, dass sie 2019 nur wenige Monate Ministerin gewesen ist. Ihr sei der Geldfluss nicht bekannt gewesen.

Susanne Fürst (FPÖ)
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Eine Spende für den Bauernbund-Ball beschäftigte FPÖ-Mandatarin Fürst

Die FPÖ ließ hier allerdings nicht locker und versuchte mehrmals nachzuhaken. Nicht selten ging es um die konkrete Fragestellung, die zu längeren Gesprächen zwischen Köstinger und der Vertrauensperson, Anwalt Werner Suppan, führten – Suppan ist im Parlament quasi Stammgast und begleitete in diversen U-Ausschüssen mehrere ÖVP-Politiker und -Funktionäre. Auch außerhalb des parlamentarischen Kontrollinstruments vertritt er die ÖVP.

Besetzung der Bundesgärten-Leitung

Grünen-Fraktionschefin Nina Tomaselli richtete den Themenfokus anschließend auf Postenbestellungen und fragte nach Katrin Völk, die seit Juli 2020 die Österreichischen Bundesgärten leitet. Völk war stellvertretende Kabinettschefin von Köstinger und hatte auch davor für die Politikerin gearbeitet. Köstinger sei der Empfehlung der Personalkommmission gefolgt, sagte sie. Auf die Bestellungskommission habe sie nicht eingewirkt. Warum es bei zig Bewerbern und Bewerberinnen kein Hearing gab, wisse sie nicht.

Dass die Volksanwaltschaft Unterlagen über den Bestellungsprozess begehrte, das Ministerium aber auf die Amtsverschwiegenheit verwies, wie Grünen-Mandatarin Tomaselli betonte, sei Köstinger nicht bekannt. Die Auskunftsperson fragte nach Unterlagen, die sie studieren könne. Tomaselli zitierte allerdings aus einem „Standard“-Artikel, in der Volksanwalt Walter Rosenkranz (FPÖ) erklärte, dass man seit Monaten auf Unterlagen warte.

Begriff „Projekt Ballhausplatz“ heute bekannt

Gefragt nach dem „Projekt Ballhausplatz“, das im „Ibiza“-U-Ausschuss prominent thematisiert wurde, sagte Köstinger, dass ihr der Begriff zunächst nicht bekannt war. Er sei „medial konstruiert“ gewesen. Heute, nach den Befragungen und der medialen Berichterstattung, wisse sie über den Begriff Bescheid. Jedenfalls sei sie 2017 vom damaligen ÖVP-Chef Sebastian Kurz gebeten worden, ÖVP-Generalsekretärin zu werden. Gemeinsam wollte man „das Land an die Spitze bringen“.

In ihrer einleitenden Stellungnahme verwies Köstinger auf die Erfolge während ihrer Amtszeit. Es sei schön gewesen, mit Menschen in Kontakt zu treten. Für die frühere Ministerin war es wichtig, nicht nur über Politik zu reden, sondern sie auch mitzugestalten. Sie würde das wieder so machen. „Mit 9. Mai habe ich meine Tätigkeit zurückgelegt und bin aus der Politik ausgetreten“, sagte Köstinger. Ihr Nachfolger, Norbert Totschnig (ÖVP), wurde am 18. Mai angelobt, bis dahin führte Köstinger die Amtsgeschäfte.