Indigenen-Proteste in Ecuador: Präsident ortet Putschversuch

Angesichts teils gewalttätiger Proteste hat Ecuadors erzkonservativer Präsident Guillermo Lasso den indigenen Demonstranten vorgeworfen, ihn stürzen zu wollen. „Die wahre Absicht dieser Leute ist es, einen Putsch anzuzetteln“, sagte Lasso gestern (Ortszeit) in der Hauptstadt Quito. Teile der Opposition drängen auf seine Absetzung. Parlamentspräsident Virgilio Saquicela berief für heute eine Sitzung ein, in der ein Amtsenthebungsverfahren diskutiert werden soll.

Demonstration in Quito
Reuters/Adriano Machado

„Die wahre Absicht des Herrn Iza ist der Sturz der Regierung“, sagte Lasso am zwölften Tag des Protests über den Chef des Indigenen-Verbands CONAIE, Leonidas Iza. „Die Nationalpolizei und die Streitkräfte werden die erforderlichen Mittel ergreifen, um innerhalb des gesetzlichen Rahmens durch schrittweise Gewaltanwendung die öffentliche Ordnung und die Demokratie zu verteidigen.“

Zusammenstöße mit der Polizei

Kurz nach seiner Rede lieferten sich Tausende Demonstranten und Demonstrantinnen nahe dem Kongressgebäude in Quito erneut Zusammenstöße mit der Polizei. Seit dem 13. Juni protestieren indigene Gruppen in dem südamerikanischen Land und blockieren zahlreiche Straßen. Unter anderem verlangen sie, die Treibstoffpreise einzufrieren, den Schuldendienst für mehr als vier Millionen Familien zu stunden, faire Preise für landwirtschaftliche Produkte festzulegen und das Selbstbestimmungsrecht der indigenen Völker zu achten.

Es kam auch zu Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften. Diesen warf der CONAIE übermäßige Gewalt vor. Innenminister Patricio Carrillo bestätigte vier Todesfälle. Nach Angaben der Polizei wurden bei den Protesten bis gestern Früh (Ortszeit) 169 Polizisten verletzt und 121 Menschen festgenommen. 55 Polizeifahrzeuge seien beschädigt und elf zerstört worden.

Opposition fordert Neuwahlen

Die Proteste haben Lassos ohnehin schon gespaltene Beziehung zur Nationalversammlung weiter verschlechtert. Abgeordnete der oppositionellen UNES-Bewegung (Union für Hoffnung) des linken Ex-Präsidenten Rafael Correa forderten auf Twitter, die für 2025 angesetzten Wahlen vorzuverlegen. Die Verfassung erlaubt es den Gesetzgebern, bei einer politischen Krise oder Massenunruhen den Präsidenten abzusetzen und Wahlen auszurufen.

„Das Land kann es nicht mehr ertragen“, sagte der UNES-Abgeordnete Fausto Jarrin. Jarrin forderte die Legislative förmlich auf, eine Debatte über das Absetzungsverfahren einzuberufen. „Der Dialog wird von allen Seiten mit Gewalt unterbrochen.“ Abgeordnete der anderen Parteien würden die Bemühungen individuell unterstützen, sagte Jarrin in Richtung der indigenen und plurinationalen Bewegung Pachakutik, dem politischen Arm der Konföderation Indigener Nationalitäten Ecuadors (CONAIE), dem Hauptinitiator der Proteste. Andere Oppositionsvertreter winkten jedoch vorerst ab.

Ecuador wird seit eineinhalb Wochen von landesweiten Demonstrationen, insbesondere gegen die hohen Spritpreise, erschüttert. Bei den Protesten wurden bisher sechs Menschen getötet und Dutzende weitere verletzt. Über sechs Provinzen wurde der Ausnahmezustand verhängt, in Quito gilt eine nächtliche Ausgangssperre.