Schloss Elmau in Bayern
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G-7-Gipfel

Neue Sanktionen treffen Russlands Gold

Vor Beginn des G-7-Gipfels haben Großbritannien, die USA, Japan und Kanada eine Ausweitung ihrer Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs angekündigt. Die vier G-7-Länder würden „in Kürze“ ein Verbot der Einfuhr von russischem Gold in Kraft setzen, teilte die britische Regierung am Sonntag mit. Die US-Regierung erwartete, dass sich bis zum Gipfelende auch Deutschland und die anderen EU-Länder der G-7 den Goldsanktionen anschließen.

Damit würden Russland Dutzende Milliarden Dollar Einnahmen aus diesem wichtigen Exportgut wegbrechen, teilte US-Präsident Joe Biden am Sonntag auf Twitter mit. Der Schritt werde „die russischen Oligarchen direkt treffen“ und „das Herz der Kriegsmaschinerie“ von Präsident Wladimir Putin angreifen, so der britische Premierminister Boris Johnson vor dem Gipfelauftakt am Sonntagmittag auf Schloss Elmau in Bayern.

„Wir müssen dem Putin-Regime den Geldhahn zudrehen.“ Gold sei Russlands wichtigstes Exportgut außerhalb des Energiebereichs, erklärte die britische Regierung. Johnson will bei dem Treffen die anderen Staaten drängen, sich dem Schritt anzuschließen, um Russland „weiter vom internationalen Finanzsystem zu isolieren“.

„Wird eine G-7-Leitlinie sein“

Die USA und Großbritannien wollen das Goldimportverbot noch am Sonntag am ersten Tag des Treffens offiziell bekanntgeben, die G-7-Staaten insgesamt würden dann folgen, sagt ein US-Regierungsvertreter. Der Schritt werde am Dienstag und damit am letzten Gipfeltag auch G-7-Leitlinie sein. Das angekündigte Importverbot für Gold aus Russland sei dem US-Vertreter zufolge Teil „einer Reihe von Schritten, um den Druck auf Putin und Russland andauernd zu erhöhen“. Wegen des von Putin angeordneten russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine haben die G-7-Staaten bereits harte Sanktionen gegen Moskau verhängt.

Bei dem dreitägigen Gipfel wollen die G-7-Länder am Sonntagabend nun die Wirksamkeit der bisher gegen Russland verhängten Sanktionen bewerten und über weitere Schritte beraten. Dabei geht es auch um den US-Vorschlag, eine Preisobergrenze für russisches Öl zu verhängen. Das soll die Einnahmen Moskaus aus dem Rohölexport schmälern. Die Goldsanktionen seien Teil „einer Reihe von Schritten, um den Druck auf Putin und Russland andauernd zu erhöhen“, heißt es vonseiten der US-Regierung. Mit Blick auf alle gemeinsamen Sanktionen der G-7 sagte ein US-Vertreter, diese hätten „dramatische Auswirkungen“ auf die russische Wirtschaft, die dieses Jahr zweistellig schrumpfen werde.

G-7 bisher Hauptabnehmer für russisches Gold

Die russischen Goldexporte hatten im vergangenen Jahr ein Volumen von 12,6 Milliarden Pfund (rund 14,6 Mrd. Euro). Wohlhabende Russen hätten in den vergangenen Wochen verstärkt Gold gekauft, um die finanziellen Auswirkungen der westlichen Sanktionen abzumildern, so die britische Regierung. Die neue Initiative folgt auf die bereits im März verkündete Aussetzung der Akkreditierung von sechs russischen Edelmetallverarbeitern durch die London Bullion Market Association (LBMA), die als wichtigster außerbörslicher Handelsplatz für Gold und Silber gilt.

Angesichts der zentralen Rolle Londons im internationalen Goldhandel und der parallelen Maßnahmen der USA, Japans und Kanadas werde der Importstopp „weltweite Auswirkungen haben und den Rohstoff von den offiziellen internationalen Märkten ausschließen“.

US-Angaben zufolge habe Russland im Jahr 2020 noch Gold für fast 19 Milliarden Dollar (18 Mrd. Euro) exportiert. Das seien fünf Prozent aller weltweiten Goldexporte gewesen. Hauptabnehmer seien mit 90 Prozent die G-7-Staaten gewesen, wobei davon wiederum 90 Prozent nach Großbritannien gegangen seien. Die USA importierten zuletzt nur noch Gold im Wert von unter einer Million Dollar pro Jahr.

Michel: EU dürfte sich anschließen

Die Europäische Union wird sich den Plänen für ein Importverbot für russisches Gold voraussichtlich anschließen. Er sei zuversichtlich, dass sich der russische Goldsektor so ins Visier nehmen lasse, dass man nicht selbst zum Opfer negativer Auswirkungen werde, sagte EU-Ratspräsident Charles Michel beim G-7-Gipfel. „Es ist wichtig, dass wir umsetzen, was wir beschlossen haben“, so Michel unter Verweis auf bisherige westliche Sanktionen gegen Russland wegen seines Angriffskriegs gegen die Ukraine. Was Gold angehe, so sei man bereit, sich die Pläne im Detail anzuschauen. Er wolle Abstimmungen dazu zwischen den EU-Staaten vorantreiben.

Frankreich ist Regierungskreisen zufolge für ein Importverbot für Gold aus Russland. Darüber müsse aber auch mit den EU-Staaten beraten werden, heißt es aus dem französischen Präsidialamt. Auch eine Preisobergrenze für russisches Öl werde man mittragen, wenngleich hier Gespräche mit den Produzenten geführt werden müssten.

„Wir müssen zusammenbleiben“

Der G-7-Gipfel startete am Sonntagmittag mit Beratungen über die weltwirtschaftliche Lage und Sicherheitspolitik. Deutschlands Kanzler Olaf Scholz und US-Präsident Biden beschworen bereits am Vormittag bei einem bilateralen Treffen die Geschlossenheit des Westens angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.

Joe Biden und Olaf Scholz
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Vor dem G-7-Gipfel traf Gastgeber Scholz sich zu einem bilateralen Gespräch mit Biden

Laut G-7-Gastgeber Scholz muss man weiterhin zusammenstehen. Putin habe diese Geschlossenheit nicht erwartet. Biden dankte Scholz für die wichtige Rolle, die er dabei gespielt habe. Der US-Präsident betonte: „Wir müssen zusammenbleiben.“ Putin habe damit gerechnet, dass die G-7 und die NATO gespalten würden. Das sei nicht geschehen und werde auch nicht geschehen. Biden war in der Nacht auf Sonntag auf Schloss Elmau eingetroffen. Es ist sein erster Besuch in Deutschland seit seiner Amtsübernahme im Jänner 2021.

Johnson warnt vor „Müdigkeit“ bei Sanktionen

So wie Biden lobte auch Johnson das Vorgehen von Scholz gegen Russland im Ukraine-Krieg. „Ich hätte nie im Leben geglaubt, dass ein deutscher Bundeskanzler sich so engagieren würde“, sagte der britische Premier auf Schloss Elmau in Bayern. Scholz habe den Ukrainern Waffen geschickt und trotz der großen Abhängigkeit Deutschlands vom russischem Gas eine harte Linie gegenüber Moskau eingeschlagen.

Deutschland sehe sich nun „echtem Druck“ ausgesetzt und müsse sein Gas aus anderen Quellen beziehen, sagte Johnson. „Aber sie tun es. Sie geben sich Mühe. Sie bringen das Opfer, (…) weil sie erkennen, dass der Preis der Freiheit es wert ist, ihn zu zahlen.“ Johnson warnte gleichzeitig aber auch vor einer „Müdigkeit bei Bevölkerung und Politikern“ bei den Russland-Sanktionen.

Auf die Frage, ob er über eine Spaltung des Westens beim Vorgehen gegen Moskau besorgt sei, sagte der Premier: „Ich denke, der Druck ist da, und die Besorgnis ist da, wir müssen da ehrlich sein.“ Bisher habe der Westen in der G-7 und NATO aber gezeigt, dass er geeint sei, so Johnson fort: „Um diese Einheit zu bewahren, um sie umzusetzen, brauchen wir wirklich ehrliche Gespräche über die Folgen dessen, was vorgeht: den Druck, den einzelne Freunde und Partner spüren und ihre Bevölkerungen – sei es bei den Kosten für Energie oder Nahrungsmittel.“

G-7-Gipfel im Zeichen der Ukraine

Am Sonntag beginnt im bayrischen Elmau der G-7-Gipfel. Beim Treffen der sieben führenden Industriestaaten werden diesmal aber auch Staats- und Regierungschefs aus Asien, Afrika und Südamerika dabei sein.

„Elmau liegt in den Bergen“

Scholz bemühte sich vor dem Gipfel, die Erwartungen etwas zu dämpfen. „Elmau liegt in den Bergen, Berge versetzen werden wir dort sicher nicht“, sagte er am Samstag in seinem wöchentlichen Podcast, fügte aber hinzu: „Wir können wichtige Entscheidungen treffen und Dinge vorbereiten, die für uns alle nützlich sind.“ Themen des Gipfels sind die Idee eines „Marshallplans“ für den Wiederaufbau der Ukraine, die Einführung einer Preisobergrenze für russisches Öl, der Kampf gegen die Ernährungskrise und für Klimaschutz sowie der Umgang mit Russland im Rahmen der Gruppe der 20 größten Volkswirtschaften (G-20).