Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch
ORF
Comeback für Masken?

Rauch will sich „nicht festnageln“ lassen

Ein Comeback für den breiteren Einsatz der Maske sei angesichts der Infektionslage „in bestimmten Settings nicht auszuschließen“, so Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) in der „Pressestunde“. Darauf „festnageln“, ab wann das geschehe, wolle er sich aber nicht lassen. In diesem Zusammenhang verwies er auf die Empfehlungen der CoV-Kommission kommende Woche. Dass die Zahlen jetzt steigen würden, sei absehbar gewesen – nun müsse man es schaffen, „mit Covid zu leben und damit umzugehen“.

Sein Maßstab sei das Personal in Spitälern, da höre er bisher noch nichts – die Lage stelle sich derzeit als „bewältigbar“ dar. Wenn sich das einmal anders darstelle, werde er sofort handeln, so Rauch. Der Feststellung, dass gelindere Präventionsmaßnahmen (wie Masken) womöglich eine Verschlechterung abfangen könnten, entgegnete Rauch, dass man in Österreich im Europavergleich nach wie vor zu den vorsichtigeren gehöre. Man müsse „die Waage schaffen“.

Generell gelte das Prinzip Eigenverantwortung. Auf den Einwand, dass das nicht funktioniere, sagte der Gesundheitsminister: „Dann werden wir es lernen müssen.“ Ferner verfüge man mittlerweile über Medikamente, die das „Auffangnetz“ deutlich verstärkt hätten. Doch müsse man die anderen Folgeerscheinungen sehen, das betreffe etwa die psychische Gesundheit, es gäbe viele Belastungsfragen. Darauf müsse man „Rücksicht nehmen“, so Rauch.

Im Herbst Krisenlage, „die sich gewaschen hat“

Mehrfach verwies der Gesundheitsminister im Zusammenhang mit der CoV-Krisenbewältigung auf die ohnehin schwierigen Rahmenbedingungen wie Teuerung und Ukraine-Krieg. Man werde jeden Millimeter an Solidarität brauchen. „Meine größte Angst ist mittlerweile, dass das in der Gesellschaft auseinanderbricht“, so Rauch. Schließlich laufe man im Hinblick auf den Herbst auf eine Krisenlage zu, „die sich gewaschen hat“, so Rauch.

Rauch zum Umgang mit CoV im Sommer

Der beste Schutz für Risikogruppen bleibe die Impfung, so Rauch. Gleichzeitig gab er an, das Kippen der Impfpflicht habe nichts mit politischem Druck auf die ohnehin in Sachen öffentliche Zustimmung angeschlagene Koalition zu tun. Die Impfpflicht habe mehr geschadet, als sie genutzt habe, so Rauch. Sie sei nicht verhältnismäßig gewesen, wenn das nicht der Fall sei, dann müsse man „den Mut aufbringen, das zu beenden“.

Neue Empfehlung angekündigt

Zu den Impflücken bei über 65-Jährigen verwies Rauch auf die klare Empfehlung, die Impfung bei über 80-Jährigen aufzufrischen. In der kommenden Woche werde es dann eine Empfehlung für die Altersklasse über 65 geben, die man klar kommunizieren werde, so Rauch. Hinsichtlich einer Lockerung der Quarantäneregeln gab sich Rauch abwartend. „Das muss man sich ausschauen, ob sich das ausgeht.“ Tendenziell solle man daran festhalten, „damit wir’s haben, wenn wir’s brauchen“.

In puncto Strategie für die Schulen nach den Sommerferien stehe er mit ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek im Austausch. Zwei Wochen vor Schulstart werde klar sein, wie der Herbst ablaufen werde. Die Maskenpflicht werden dann wohl bestehen, auch ein Testregime werden dann wohl wieder kommen, so Rauch.

Pflegereform verteidigt

Freilich wurden in der zweiten Hälfte auch andere Themen besprochen: Die Pflegereform etwa verteidigte Rauch, niemand sei vergessen worden. Doch würden die Einwände im Zuge des Begutachtungsverfahrens gerade gesichtet, um an der „ein oder anderen Stelle noch nachzubessern“. Gleichzeitig nahm er die Länder in die Pflicht: Vieles liege auch in deren finanziellen Verantwortung („Da werden sie viel mehr Geld aufwenden müssen“).

Rauch verteidigt Pflegereform

Vorwurf „vermessen und frivol“

Auch das Antiteuerungspaket verteidigte Rauch, den Vorwurf, es sei nicht durchgängig sozial treffsicher, wies er zurück. Der Vorwurf, die Einmalzahlungen würden nichts bringen, sei „vermessen und frivol“ – wenngleich er eingestand, dass es „Streuverluste“ (in Richtung finanziell besser gestellter Personen) gebe. Das ließe sich aber in der Schnelligkeit, in der die Maßnahmen getroffen worden seien, nicht berücksichtigen. Die Kritik der Opposition nehme er „sportlich“ – immerhin würde Deutschland Österreich „beneiden“.

In Sachen Vermögens- und Erbschaftssteuern wolle er die Debatte weiterführen, wissend, dass sich die ÖVP hierbei nicht bewegen wird („Es ist ein Bohren harter Bretter“). Von jenen mit Millionenerbschaften einen gerechten Beitrag zu verlangen, „kann ja nicht verkehrt sein“, so Rauch. Mache man das nicht, fahre man „sozial an die Wand“. Die Zielsetzung könne nicht sein, dass Menschen aus sozialer Unzufriedenheit heraus aus Protest auf die Straßen gehen.

Antiteuerungspaket verteidigt

Auch die Debatte über Wege zum Energiesparen war Thema: Hier sprach sich Rauch gegen Verpflichtungen aus, vielmehr wolle er auf Beratungsleistungen setzen. Man solle die Menschen also beraten, damit sie erkennen könnten, wie sich das „auf der Rechnung auswirkt“. „Jede Terawattstunde, die wir uns einsparen, macht uns unabhängiger von Putin“, so Rauch.

Schlechte Umfragewerte „Momentaufnahmen“

Erörtert wurde auch der Zustand der Koalition: Trotz der Tatsache, dass der Koalitionspartner ÖVP unter Druck stehe, gehe etwas weiter, so Rauch. Angesichts der Herausforderungen seien Neuwahlen der falsche Ansatz, so Rauch sinngemäß. Schlechte Umfragen und schwache Popularitätswerte für die Koalition seien Momentaufnahmen, bis Herbst 2024 werde weitergearbeitet, so Rauch. Man habe bewiesen, dass man krisenfest sei und die Grünen ein stabiler Faktor seien.

Die „Zeche des Systems Kurz“ hätten alle zu bezahlen, jetzt gehe es um Aufarbeitung. „Was da abgelaufen ist, kann ja von niemandem entschuldigt werden.“ Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) habe einen ganz anderen Stil als Kurz, da gäbe es Handschlagqualität, da würden Sachen ausdiskutiert, wenngleich Systemveränderung gerade laufe, etwa im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss. Es sei in der ÖVP der Handlungsbedarf erkannt worden, so Rauch.

Grüne nicht „alt und ausgelutscht“

Dass Österreichs Grüne im Vergleich zu jenen in Deutschland „alt und ausgelutscht“ erschienen, wies er als ungerecht zurück. „Alt bin ich schon, ausgelutscht bin ich nicht“, sagte Rauch und kritisierte, dass man Robert Habeck in Deutschland für die gleichen Dinge lobe, für die Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) hierzulande gescholten werde. Er selbst wolle bis zum Ende der Legislaturperiode 2024 Minister bleiben, aber nicht länger.

Opposition übt Kritik

Die Opposition reagierte auf die Aussagen Rauchs mit Kritik. „Der Sozialminister kann das Antiteuerungspaket noch so lange in den Himmel loben, deswegen reichen die Einmalzahlungen trotzdem nicht“, meinte etwa SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried in einer Aussendung.

Nichts außer Selbstlob ortete auch die FPÖ. Rauchs Aussagen zur Sozialpolitik seien ein Fiasko, kritisierte Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch. Ähnlich Gerald Loacker (NEOS): „Wenn die Regierung zur Gießkanne greift und jedem und jeder in Österreich, auch den Bestverdienern und Vermögenden, irgendwelche Gutscheine und Boni gewährt, ist das kein Streuverlust, sondern Unfähigkeit.“