NATO Soldaten bei einer Übung
AP/Boris Grdanoski
Aufstockung auf 300.000

NATO will Eingreiftruppe drastisch ausbauen

Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs will die NATO die Zahl ihrer schnellen Eingreifkräfte auf mehr als 300.000 erhöhen. Das kündigte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Montag vor dem Gipfeltreffen der 30 Mitgliedsstaaten in Madrid an. Bisher umfasst die NATO-Eingreiftruppe (NRF) rund 40.000 Soldatinnen und Soldaten.

Der geplante Umbau der NRF ist Teil eines neuen Streitkräftemodells für das gesamte Bündnisgebiet. Dieses sieht mehr Kräfte in hoher Bereitschaft vor. Zudem sollen Kräfte auch bestimmten Gebieten zugeordnet werden. Damit könnten etwa deutsche Soldaten fest dafür eingeplant werden, litauische Truppen im Fall eines russischen Angriffs zu unterstützen.

Die Truppen sollen in Friedenszeiten in der Regel unter nationalem Kommando stehen, könnten dann aber im Ernstfall vom Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte in Europa (SACEUR) angefordert werden. Für die Truppen würden zudem feste Zeiten für die Einsatzbereitschaft vorgegeben.

Im Gespräch ist, dass manche Einheiten innerhalb von höchstens zehn Tagen verlegebereit sein müssten, andere in 30 oder 50 Tagen. Details für den Ernstfall sollen in neuen regionalen Verteidigungsplänen festgelegt werden, die im kommenden Jahr fertig sein sollen.

NATO-Eingreiftruppe wird drastisch erhöht

Die NATO will die Zahl ihrer schnellen Eingreifkräfte auf mehr als 300.000 erhöhen. Das kündigte Generalsekretär Jens Stoltenberg vor dem Gipfeltreffen der 30 Mitgliedsstaaten in Madrid an. Bisher umfasst die NATO-Eingreiftruppe NRF rund 40.000 Soldatinnen und Soldaten.

Beratungen in Madrid

Beim NATO-Gipfel in Madrid werden die Spitzen des westlichen Verteidigungsbündnisses erstmals seit dem Beginn der russischen Aggression gegen das Partnerland Ukraine über eine Reaktion beraten. Zahlreiche NATO-Staaten unterstützen die Ukraine mit Waffenlieferungen und Geld, ein direktes Eingreifen hat die Verteidigungsallianz bisher abgelehnt, um keinen Konflikt mit der Atommacht Russland heraufzubeschwören.

Auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) wird in Madrid erwartet, wo er am Mittwoch den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan treffen soll. Erdogan versucht, sich als Vermittler im Ukraine-Krieg zu profilieren und stößt die NATO-Partner durch seine innenpolitisch motivierte Blockade der Beitrittsansuchen Schwedens und Finnlands vor den Kopf.

Schweden und Finnland suchen Gespräch mit Erdogan

Unmittelbar vor dem Gipfel wollen Schweden und Finnland noch Erdogan über ihre Beitrittsgesuche zu der Militärallianz sprechen. Das Treffen zwischen Erdogan, der schwedischen Ministerpräsidentin Magdalena Andersson und ihm solle am Dienstag vor Beginn des Gipfels stattfinden, teilte der finnische Präsident Sauli Niinistö am Montag auf Twitter mit. An dem Gespräch soll demnach auch Stoltenberg teilnehmen.

Laut Helsinki waren bereits für Montag Gespräche zu dem Thema im NATO-Hauptquartier in Brüssel geplant. Schwedischen Angaben zufolge wird Regierungschefin Andersson nach Brüssel reisen, um sich im Vorfeld des NATO-Gipfels mit Stoltenberg zu treffen. Sie hatte am Samstag mit Erdogan telefoniert, nach Angaben Ankaras gab es aber keine Fortschritte.

Schweden und Finnland hatten im Mai unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ihre jahrzehntelange militärische Neutralität aufgegeben und Anträge auf NATO-Mitgliedschaft gestellt. Dem Beitritt eines Staates zur NATO müssen aber alle 30 Mitgliedsländer zustimmen.

Türkei bleibt bei harter Linie

Ankara betonte am Montag, auch das geplante Treffen in Madrid bedeute nicht, dass die Türkei kurz vor einem Einlenken stehe. „Die Teilnahme an diesem Gipfel bedeutet nicht, dass wir von unserer Position zurücktreten“, sagte Erdogans Berater Ibrahim Kalin im Sender Haberturk. „Wir führen eine Verhandlung. Sie hat viele Phasen“, fügte er hinzu. Finnland und Schweden müssten „ernsthafte Änderungen“ an Gesetzen „und ihrer Verfassung“ vornehmen, um härter gegen kurdische Extremisten vorzugehen.

Die Türkei wirft Finnland und Schweden vor, Mitgliedern der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Schutz zu gewähren. Erdogan fordert von Schweden und Finnland ein härteres Vorgehen gegen die PKK sowie die kurdisch-syrische YPG, die von der Regierung in Ankara als Terrororganisationen eingestuft werden. Dabei verlangt er auch die Auslieferung von Kurden, die in Finnland und Schweden Schutz gefunden haben. Zudem wirft die Türkei den beiden Ländern vor, Waffenlieferungen an Ankara gestoppt zu haben.