Blick in die Räumlichkeiten des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss
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ÖVP-U-Ausschuss

Fragen an Finanzressort und Kurz-Vertraute

Der ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss setzt am Mittwoch dort fort, wo er vergangene Woche mit der Befragung von Ex-Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) aufgehört hat. Im Fokus stehen erneut die Modalitäten rund um Umfragen und Inserate, die von ÖVP-geführten Ressorts in Auftrag gegeben wurden. Enge Vertraute des früheren Kanzlers Sebastian Kurz (ÖVP) sollen dazu Auskunft erteilen.

Erste Auskunftsperson ist der aktuelle Generalsekretär im Finanzministerium, Dietmar Schuster. Schuster folgte in dieser Funktion Thomas Schmid, als dieser zum Vorstand der Staatsholding ÖBAG bestellt worden war, und ist als Sektionschef unter anderem auch für die Erstellung und Einhaltung des Budgets des Bundes zuständig. Er wurde Anfang 2021 vom damaligen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) zum Sektionschef bestellt, davor war er unter anderem im Kabinett von Hans-Jörg Schelling und von Michael Spindelegger (beide ÖVP).

Bis Ende März 2019 fungierte Schuster als Schmids Stellvertreter – dieser hat ja mit später sichergestellten Chats weiträumige Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ausgelöst. Auch Schuster soll in einigen Chats vorkommen, etwa rund um die Insolvenz von kika/Leiner. Nachrichten von Schuster legen nahe, dass Schmid den Antrag dazu verzögert haben soll.

Bei den Ermittlungen der WKStA geht es um den Verdacht, dass Vertraute von Ex-Kanzler Kurz dessen politischen Aufstieg durch manipulierte Umfragen unterstützt und dafür Mittel des Finanzministeriums verwendet haben könnten. An sich wäre auch Schmid selbst diese Woche erneut in den Ausschuss geladen, mit seinem Erscheinen rechnet aber niemand. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Mit Entschlagungen ist zu rechnen

Zweite Auskunftsperson am Mittwoch ist Johannes Pasquali. Er hatte zu Jahresbeginn wegen der Inseratenaffäre seinen Job als Leiter der Öffentlichkeitsarbeit im Finanzressort verloren. Der frühere Freiheitliche ist seit mehr als fünf Jahren Bezirksobmann der ÖVP in Wien-Wieden. Gegen ihn wird wegen Untreue und Bestechlichkeit ermittelt, weswegen einige Entschlagungen bei der Befragung zu erwarten sind.

Nach Bekanntwerden der Korruptionsermittlungen gegen die ÖVP hatte das Finanzministerium gemeinsam mit der Finanzprokuratur eine interne Untersuchung initiiert. Die Prüfer bestätigten Mitte Dezember Unregelmäßigkeiten und kritisierten insbesondere die Vergabe von Studien an die Meinungsforscherin Sabine Beinschab, aber auch die Vergabe von Inseraten. Ausgespart blieb im Bericht aber die Frage, ob die Kommunikationsabteilung des Finanzministeriums ihr Vorgehen mit Schmid oder dem Ministerbüro abgesprochen hatte.

Pasquali übte damals scharfe Kritik am Vorgehen der Revision: Von allfälligen Vereinbarungen zwischen Schmid und Beinschab habe er keine Kenntnis gehabt, hatte er in einer schriftlichen Stellungnahme betont. Außerdem sei er stets von der „rechtmäßigen Verwendung“ der Studien ausgegangen.

Inserate an „Bauernzeitung“

Fragen an Pasquali stehen wohl auch zu Inseratenaufträgen des Landwirtschaftsministeriums bevor, bei denen SPÖ-U-Ausschuss-Fraktionsführer Kai Jan Krainer in der Vorwoche die Frage nach Kickbackzahlungen für den ÖVP-Wahlkampf in den Raum stellte. Schließlich berichtete die „Kronen Zeitung“ am Wochenende von Chatprotokollen, denen zufolge der aktuelle Ressortchef Norbert Totschnig (ÖVP) 2018, damals noch als Direktor des Bauernbundes, bei Thomas Schmid für Inserate des Finanzministeriums in der „Bauernzeitung“ interveniert haben soll.

Beide Auskunftspersonen am Mittwoch sind zu allen vier Beweisthemen geladen: Begünstigung von Personalauswahl, Beeinflussung von Vergabe- und Förderverfahren, Einflussnahme auf Beteiligungen des Bundes sowie Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit. So stellt der U-Ausschuss sicher, dass auch in allen Bereichen gefragt werden kann – die Fragen der Abgeordneten und des Verfahrensrichters müssen vom Beweisthema gedeckt sein.

Gerald Fleischmann
ORF.at/Roland Winkler
Die Befragung von Gerald Fleischmann dürfte sich interessant gestalten

Fleischmann im Fokus

Am Donnerstag ist ein enger Kurz-Vertrauter an der Reihe, der sich nach der Inseratenaffäre ebenfalls von vorderster Front zurückziehen musste: Gerald Fleischmann, ehemaliger Leiter der Stabstelle Medien im Bundeskanzleramt. Er kann auf eine lange Karriere als Pressesprecher in der Volkspartei zurückblicken. Derzeit wirkt er als Referent im ÖVP-Parlamentsklub, soll aber im Hintergrund immer noch die Strippen in der Medienarbeit der Volkspartei ziehen. Auch gegen ihn ermittelt die WKStA, Entschlagungen sind also auch bei seiner Befragung zu erwarten.

Ein erst kürzlich in die Schlagzeilen geratenes Umfrageinstitut wird vor Fleischmanns Befragung im Fokus stehen: Demox Research. Leiter von Demox, das im Auftrag des Landwirtschaftsministerium parteipolitische Inhalte erhoben haben soll, ist der ehemalige Bauernbund-Funktionär Paul Unterhuber. Vergangene Woche war bereits Ex-Ministerin Köstinger dazu befragt worden.

Sie kenne Unterhuber schon seit Jahren, sagte Köstinger am Donnerstag. Warum er Umfragen, die laut SPÖ „ressortfremde“ Fragen enthielten, für ihr Ressort durchführte, konnte sie allerdings nicht beantworten. In die direkte Themenausgestaltung von Umfragen sei sie nicht involviert gewesen. Es ist zu erwarten, dass die Abgeordneten sich für die Auftraggeber der Studien und die Hintergründe genauer interessieren und entsprechend hinterfragen werden.