Deutsche Kanzler Olaf Scholz
APA/AFP/Kerstin Joensson
Einigkeit auf G-7-Gipfel

„Putin darf diesen Krieg nicht gewinnen“

Zum Abschluss des Gipfels haben die G-7-Staaten ihre Geschlossenheit betont. „Wir sind uns einig“, sagte Deutschlands Kanzler Olaf Scholz bei der Abschlusserklärung, Russlands Präsident Wladimir Putin „darf diesen Krieg nicht gewinnen“. Man wolle die Ukraine so lange unterstützen wie erforderlich. Zahlreiche Beschlüsse wurden dahingehend getroffen. Auch beim Klima pocht man auf Fortschritte.

„Uns allen ist klar, dass es kein Zurück geben kann und wird zu der Zeit vor diesem Krieg“, sagte Scholz am Dienstag auf Schloss Elmau in Oberbayern. „Uns ist auch klar: Vor uns liegt eine Zeit der Unsicherheit, die ist herausfordernd, und darum sind Entschlossenheit und Geschlossenheit eben so wichtig.“

Man wolle die Ukraine nicht nur weiterhin unterstützen, sondern auch den Preis des Kriegs für Russland hoch halten und weiter in die Höhe treiben, so Scholz. Dabei sei sich die G-7 auch mit dem auf dem Gipfel vertretenen Globalen Süden einig über die Ursachen des Krieges. Es gebe zwar manchmal unterschiedliche Ansichten. Es habe aber niemand Zweifel daran, dass es „ein russischer Angriff auf einen Nachbarn, der diesen Angriff nicht provoziert hat“ sei, so Scholz in seiner Rolle als amtierender G-7-Präsident.

U.S. Präsident Joe Biden, der Präsident des Europäischen Rates Charles Michel, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Italiens Mario Draghi, Kanadas Justin Trudeau, Japans Fumio Kishida, Frankreichs Emmanuel Macron, Deutschlands Olaf Scholz, und Großbritanniens Boris Johnson beim G7 Treffen
Reuters/John MacDougall
Auf Schloss Elmau einigte man sich auf zahlreiche Beschlüsse

Viel Arbeit bei Preisdeckel für russisches Öl

Die Pläne für eine Preisobergrenze für russisches Öl erfordern laut Scholz noch „viel Arbeit“. Es handle sich um „ein sehr ambitioniertes und sehr voraussetzungsvolles Vorhaben“. In der Abschlusserklärung heißt es, man werde „unverzüglich Maßnahmen ergreifen, um die Energieversorgung zu sichern und den durch die außergewöhnlichen Marktbedingungen verursachten Anstieg der Preise zu bremsen, auch durch Prüfung zusätzlicher Maßnahmen wie Preisobergrenzen. Wir bekräftigen unser Bekenntnis, unsere Abhängigkeit von russischer Energie schrittweise zu beenden, ohne Abstriche bei unseren Klima- und Umweltzielen zu machen.“

Schritte gegen Hunger und für Klimaschutz

Neben den Krieg in der Ukraine möchten die G-7-Staaten gegen den Hunger in der Welt vorgehen. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verkündete, dass sich die G-7 dazu verpflichtet, weitere 4,5 Mrd. US-Dollar für die weltweite Ernährungssicherheit bereitzustellen. Die führenden demokratischen Wirtschaftsmächte riefen Russland in einer Erklärung zudem auf, die Blockade der ukrainischen Häfen ohne Bedingungen zu beenden. Weizensilos und andere landwirtschaftliche Infrastruktur dürfen ebenfalls nicht länger zerstört werden. Außerdem will die G-7 den Vorschlag von Scholz für einen „Klimaklub“ bis Ende des Jahres umsetzen.

Zu diesen bekannte man sich in der Abschlusserklärung: So „verpflichte“ man sich, den „Straßenverkehrssektor bis 2030 weitgehend zu dekarbonisieren, den Stromsektor bis 2035 vollständig oder überwiegend zu dekarbonisieren“, sowie einen Ausstieg aus der Energieerzeugung mit Kohle zu beschleunigen – allerdings mit Ausnahmen.

Man wolle darüber hinaus einen „Klimaclub“ gründen, der dazu beitragen soll, dass Klimaschutz „ein Wettbewerbsvorteil wird und kein Nachteil ist“, so Scholz. Der „Klimaclub“ soll verhindern, dass Unternehmen aus Ländern, die sich ehrgeizige Ziele beim Klimaschutz setzen, unfaire Konkurrenz aus Staaten mit niedrigen Umweltstandards erhalten.

Wiederaufbau der Ukraine „gigantische Aufgabe“

Gemeinsam streben die G-7-Staaten unterdessen eine Art Marshall-Plan zum Wiederaufbau der Ukraine an. Angesichts der kriegsbedingten Zerstörungen in der Ukraine stehe die internationale Gemeinschaft vor einer „gigantischen Aufgabe“, so Scholz. In der Abschlusserklärung heißt es, dass die Gruppe eine internationale Konferenz und ein Wiederaufbauprogramm für die Ukraine unterstützen würde. Planung und Ausführung des Programms sollten der Ukraine „in enger Zusammenarbeit mit den internationalen Partnern“ obliegen.

4,5 Milliarden Dollar gegen Ernährungskrise

Im Kampf gegen eine drohende Hungerkrise verpflichten sich die G-7-Staaten, weitere 4,5 Milliarden US-Dollar (rund 4,26 Mrd. Euro) für die weltweite Ernährungssicherheit bereitzustellen. Der Hunger in der Welt sei „eine noch größere Herausforderung geworden durch den russischen Überfall auf die Ukraine“, so Scholz. „Wir haben gegenwärtig 345 Millionen Menschen, von denen wir wissen, dass sie nicht ausreichend zu essen haben.“

Man forderte Russland auf, die Blockade der ukrainischen Häfen ohne Bedingungen zu beenden. Weizensilos und andere landwirtschaftliche Infrastruktur dürften nicht länger zerstört werden. „Diese (Aktivitäten) können nur als geopolitisch motivierter Angriff auf die globale Ernährungssicherung gewertet werden“, hieß es. Entwicklungsorganisationen bemängelten, die Zusagen reichten nicht aus.

Oxfam bezeichnete die Gipfelbeschlüsse als „Blendwerk, das vom historischen Versagen der G-7 ablenken soll“. Das Geld reiche nicht aus, um den Hunger zu beenden. Es fehle zudem ein Schuldenerlass. Auf jeden Dollar an Hilfsgeldern kämen zwei Dollar, die einkommensschwache Länder an ihre Gläubiger zahlen müssten. „Die G-7 hätte sich darauf verständigen müssen, dass diese Schulden gestrichen werden“, kritisierte Oxfam.

Scholz sieht „großes Vertrauen untereinander“

Scholz betonte auch die Bedeutung derartiger Aufeinandertreffen. „Ich glaube, dass diese Gipfeltreffen unverändert von größter, größter Bedeutung sind“, so der SPD-Politiker. „Man hat nicht viel von Treffen, wo sich Politiker begegnen – in den letzten Jahren ja oft auch noch am Videostream – und dann Statements ablesen“, ergänzte er.

U.S. Präsident Joe Biden, der Präsident des Europäischen Rates Charles Michel, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Italiens Mario Draghi, Kanadas Justin Trudeau, Japans Fumio Kishida, Frankreichs Emmanuel Macron, Deutschlands Olaf Scholz, und Großbritanniens Boris Johnson beim G7 Treffen
Reuters/Stefan Rousseau
Das Gruppenfoto vom ersten Tag des Gipfels

Wichtig seien die Gespräche bei solchen Runden, dass man aufeinander eingehe und Dinge bilateral weiter erörtere, „dass man Gesprächsfäden, die man geknüpft hat, einen halben Tag später, einen Tag später wieder aufgreifen kann“, sagte Scholz. Das sei in Bayern gelungen. „Insofern hat es sich wirklich ausgezahlt, dass wir hier miteinander geredet haben. Es ist großes Vertrauen untereinander entstanden, und es wird uns für die nächste Zeit sehr helfen.“

G-7 will bei G-20-Treffen dabei sein

Was Gipfeltreffen anbelangt, kündigte Scholz an, dass die G-7-Staats- und -Regierungschefs auch beim kommenden G-20-Gipfel im November in Indonesien dabei sein werden – und offenbar soll Putin daran nicht persönlich teilnehmen. Das habe der indonesische Präsident Joko Widodo als Gastgeber des G-20-Treffens klar gesagt, berichtete Italiens Regierungschef Mario Draghi. Unklar sei, ob sich der Kreml-Chef per Video am Gipfel beteiligen wolle. Man sei sich jedenfalls einig, dass „wir die G-20 nicht auseinandertreiben wollen“, so Scholz. Aus heutiger Sicht sei die Entscheidung der Staaten auf dem G-7-Gipfel, „dass sie da sich hinbegeben“.