U-Ausschuss: Schmid-Nachfolger zu Jobs und Inseraten befragt

Im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss wird derzeit Dietmar Schuster, der aktuelle Generalsekretär im Finanzministerium, befragt. Schuster folgte in dieser Funktion Thomas Schmid, als dieser zum Vorstand der Staatsholding ÖBAG bestellt worden war, und ist als Sektionschef unter anderem auch für die Erstellung und Einhaltung des Budgets des Bundes zuständig.

Bis Ende März 2019 fungierte Schuster als Schmids Stellvertreter – dieser hat ja mit später sichergestellten Chats weiträumige Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ausgelöst. Bei den Ermittlungen der WKStA geht es um den Verdacht, dass Vertraute von Ex-Kanzler Sebastian Kurz dessen politischen Aufstieg durch manipulierte Umfragen unterstützt und dafür Mittel des Finanzministeriums verwendet haben könnten.

Wie wurde Schuster Generalsekretär?

Die Grünen wollten wissen, ob Schuster ÖVP-Mitglied sei, was dieser bejahte – er sei aber ausschließlich dem Finanzministerium verpflichtet. Die Grünen fragten zu einem Chat, in dem er die Zeile „Wir haben die Mehrheit“ schrieb. Ob mit „wir“ die ÖVP gemeint sei? Schuster gab hierzu keine klaren Angaben. Fragen zu seiner Generalsekretär-Werdung folgten – wer ihn angesprochen habe. Er habe sich „mit mehreren Personen“ ausgetauscht, auch mit Blümel. Er habe sich „dem Finanzministerium verpflichtet“ gefühlt. Zur Frage, ob Blümel auf ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger eingewirkt habe, blieb Schuster diffus.

Dietmar Schuster beim ÖVP Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
Schuster (l.) bei seiner Ankunft im Vorfeld der Befragung

Auch sei bereits ein Nachfolger für Schmid gesucht worden, obwohl dieser noch gar nicht bestellt worden sei, so Tomaselli. In den Vorgang sei er „nicht eingebunden“ gewesen, er sei Budgetexperte, so Schuster. Hier der Schwenk zu den Beinschab-Umfragen: Dass das Finanzminister Umfragen durchführt, habe er gewusst – er sei aber „nie operativ eingebunden gewesen“, so Schuster. Zum Stellenwert der „Qualitätssicherung“ bei der Mittelvergabe (Stichwort: Vergabe von Forschungsförderungsmitteln) seitens des Ministeriums blieb Schuster relativ wortkarg bzw. allgemein.

Bewerber aus politischen Gründen im Vorteil?

Auch NEOS-Fraktionschefin Stephanie Krisper fragte zur Jobwerdung Schusters und zu anderen Postenbesetzungen – konkret jenen des Leiters im Amt für Betrugsbekämpfung. Schuster war damals an der Spitze der Begutachtungskommission. Eine Mitarbeiterin des Finanzministeriums hatte in ihrer Befragung angegeben, dass bei der Besetzung der Kommission Bewerberinnen und Bewerber aus politischen Gründen vorgezogen worden seien. Die Empfehlung für den jetzigen Leiter sei einstimmig gewesen, so Schuster.

Bewerberin „zum Rückzug bewegt“?

Beim Finanzamt für Großbetriebe soll Schuster die ehemalige Sektionschefin gebeten haben, eine höchst geeignete Kandidatin zum Rückzug ihrer Bewerbung zu bewegen, wie Krisper vortrug. „Ich sagte Dr. Schuster dann, ich könne das nicht tun, er solle es selber tun, was er seinerseits ablehnte“, habe die damalige Beamtin den Ermittlern der WKStA erzählt, so Krisper. „Ich weise aufs Schärfste zurück, dass ich Sie dazu aufgefordert habe, die Bewerbung zurückzuziehen“, so Schuster, der mehrfach auf einen tragischen Vorfall mit Todesfolge als Rahmenbedingung der damaligen Entwicklungen hinwies.

„Vom Berg Athos Insolvenzantrag gebremst“

SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer fragte zu den Entwicklungen infolge der Hausdurchsuchung im Oktober 2021 im Finanzministerium. Sechs Personen hätten insgesamt das Kabinett verlassen wollen, drei hätten dann aus dem Kabinett direkt in den Einflussbereich Schusters wechseln wollen, so Krainer. Wann er das erfahren habe, konnte Schuster nicht angeben. Zu den Gesprächen damals habe er „keine Wahrnehmungen“ mehr, generell habe man mit vielen Abwerbungen zu kämpfen.

Seine „freundlichen Worte“ an Schmid („Vom Berg Athos hast du die Zustellung des Insolvenzantrags von Kika/Leiner durch das BRZ gebremst! Cool!!!“) erklärte Schuster damit, dass er sich besonders für den Arbeitsmarkt interessiere und sich gefreut habe, dass offenbar Arbeitsplätze gerettet wurden. Involviert und mitgewirkt daran hätten laut Gerüchten im Ministerbüro der damalige Kabinettschef und ein Kabinettsmitarbeiter. An die genauen Umstände könne er sich aber nicht mehr erinnern.

„Irrsinniges menschliches Leid“

Krainer wollte zudem wissen, ob er mit Schmid 2019 beim medial bekannten Treffen mit Peter Schipka, Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz („Er war zunächst rot, dann blass, dann zittrig“), dabei war, bei dem es medial kolportiert um Steuerprivilegien der Kirche ging. Dieses Treffen fand wohl im Auftrag des damaligen Kanzlers Kurz statt („Bitte Vollgas geben“). „Ich habe die damalige Zielrichtung des Termins nicht gewusst“, so Schuster. Er habe sich gedacht, es sei um Heimopfer gegangen, also „irrsinniges menschliches Leid“. Auch sei es um „Steuerthemen“ gegangen, es sei ein „sachlicher“ und „ruhiger Termin“ gewesen. Er sei aber kein „Steuerexperte“, so Schuster.

Inhaltliches bei Inseratenvergaben nicht Kompetenz

ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger fragte Schuster, inwieweit er in Inseratenvergaben eingebunden gewesen sei. Man habe keine inhaltliche Prüfung durchgeführt, sondern nur eine korrigierende Funktion gehabt. Die Entscheidungen treffe die Kommunikationsabteilung, diese koordiniere sich mit dem jeweiligen Pressesprecher des Ministeriums.

„Wird dir ewig dankbar sein und nur dir dienen“

Von Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl wurde Schuster eingangs zum Verhältnis zu Schmid gefragt: Er sei „sehr fordernd“ und „dominant“ gewesen, so Schuster, schließlich habe Schmid „alle zentralen Entscheidungen auf sich zentriert“. Vorgelegt wurde ihm eine Nachricht von Schmid an Ex-Finanzminister Gernot Blümel – darin heißt es: „(…) Schuster wird dir ewig dankbar sein und nur dir dienen“. Wozu muss er ihnen dankbar sein, wollte der Verfahrensrichter wissen. Bewerten wolle und könne er das nicht, er sei weder Sender noch Empfänger, so Schuster.

Nach dem öffentlichen Bekanntwerden des Beinschab-Österreich-Tools sei eine interne Revision gestartet worden, und man habe das Budget gekürzt. Auch sei eine Organisationsreform in Durchführung. Von 28 Akten hätten 26 keine Studien aufgewiesen, so der Verfahrensrichter. „Was sagen Sie dazu?“, wollte Pöschl wissen. Man habe versucht, Sofortmaßnahmen zu setzen. Auch sei der Leiter der Kommunikationsabteilung suspendiert worden (er wird am Nachmittag befragt).

Hafenecker legt „Side Letter“ vor

FPÖ-Fraktionschef Christian Hafenecker legte Schuster eine Unterlage aus 2015 vor, die mit „Side Letter“ benannt sei. Ob ihm das Projekt Ballhausplatz bekannt sei? Aus den Medien, so Schuster. Zu diesem „Side Letter“ habe er keine Wahrnehmung, bekannt sei ihm gewesen, dass die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit auf Niveau gehalten werden sollen (Kurz war ja damals Außenminister, der „Side Letter“ wurde zusammen mit dem damaligen Finanzminister Hans Jörg Schelling unterzeichnet).

Hafenecker gab an, dass laut Inhalt Rücklagen in Millionenhöhe aufgelöst werden sollten sowie ein Transfer von fünf Mio. Euro vereinbart gewesen sei. Es sei immer wieder auf Ministerebene über Sideletter diskutiert worden, so Schuster – auch im Zuge von Budgetmaßnahmen. Hafenecker sah in der Zusatzvereinbarung die Anschubfinanzierung für das Projekt Ballhausplatz, wie er ausführte. Dazu konnte Schuster aber „jetzt nichts mehr sagen“.