ÖVP-U-Ausschuss: Angespannte Stimmung bei Befragung

Der ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss widmet sich heute einmal mehr der Inseratenaffäre – in durchaus angespannter Stimmung. Bis Mittag gab es bereits einige Beratungen der Fraktionen (Stehungen) zu strittigen Themen. Als erste Auskunftsperson wurde der Leiter des Umfrageinstituts Demox Research befragt, ein ehemaliger Bauernbund-Funktionär. Demox soll im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums parteipolitische Inhalte erhoben haben, so der Vorwurf der Opposition.

In seiner Stellungnahme erklärte die Auskunftsperson, nach einem kurzen Abriss über die Funktionsweise und inhaltliche Aufstellung der Meinungsforschung in Österreich, die Fragen im Ausschuss nach bestem Wissen und Gewissen beantworten zu wollen. Er schließe „mit Vehemenz“ aus, dass die öffentliche Hand über sein Institut Studien für die ÖVP finanziert hat. Zudem seien branchenübliche Preise verrechnet worden, Leistung und Gegenleistung seien „stets angemessen“ zueinander gewesen.

Aufträge von vier Ministerien

Sein Institut habe Aufträge vom Landwirtschaftsministerium, Wirtschaftsministerium, Außenministerium und dem Verteidigungsministerium erhalten, sagte die Auskunftsperson auf Fragen von Verfahrensrichterin Christa Edwards. Dass er auch als junges Unternehmen, er ist seit Ende 2018 Geschäftsführer, so umfassend beauftragt wurde, erklärte er mit seiner Expertise, die er bei seinem vorigen Arbeitgeber GfK aufbauen habe können. Studien würden gesamtheitlich entwickelt, so der Demox-Geschäftsführer weiter.

Man werde immer wieder eingeladen, Angebote für Aufträge abzugeben, so die Auskunftsperson auf Fragen der ÖVP-Abgeordneten Corinna Scharzenberger. Das Institut pflege „bewusst“ viele Kontakte in alle Richtungen, Politiker gehörten wie Unternehmen zu den Kunden. Man bekomme aber die meisten Aufträge aus dem privaten Sektor.

Livebericht vom U-Ausschuss

ORF-Reporter Peter Unger über die Befragung des Meinungsforschers und was von der Befragung von Gerald Fleischmann, engstem Berater von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), zu erwarten ist.

Inputs aus vielen Fachbereichen

Ob er jemals Fragevorschläge von Beamten oder Ministerien erhalten habe, beantwortete die Auskunftsperson erst nach Rücksprache mit seiner Vertrauensperson. Inputs seien aus ganz unterschiedlichen Fachbereichen der Ministerien gekommen, es hätten sich viele eingebracht, so die Auskunftsperson weiter. Das sei auch durchaus üblich. Er sei niemals um ein „Frisieren“ von Umfrageergebnissen gebeten worden, von keiner Partei. Die Fragen hätte auch grundsätzlich das Institut formuliert und dann vorgeschlagen.

Ob es einmal Inputs gegeben habe, über die er sich gewundert habe, beantwortete der Demox-Geschäftsführer zuerst mit „Im Leben wundert man sich über viele Dinge“, er habe sich aber grundsätzlich nicht gewundert, sondern versucht, den Input entsprechend einzuarbeiten. Man habe aber immer die Qualitätsansprüche gewahrt.

Man müsse eine Studie auch immer in der Gesamtheit betrachten, und nicht einzelne Fragen. Oft seien einzelne Fragestellungen für den Kontext bzw. für die Analyse oder Vergleiche wichtig. Weiters würden Daten zur Qualitätssicherung erhoben, ebenso grundlegende Einstellungen oder statistische Fragen.

„Viele Umfragen“ für die ÖVP

Man habe viele Umfragen für die ÖVP gemacht, so die Auskunftsperson dann gegenüber der SPÖ-Abgeordneten Julia Herr, aber fremde Personen hätten keinen Zugriff darauf gehabt. Hintergrund ist, dass etwa der für die ÖVP oftmals aktive Meinungsforscher Franz S. auch im Demox-Beirat war. Die Auskunftsperson schloss auch aus, das Sommer Zugriff auf Umfrageergebnisse von Demox hatte.

Für das Landwirtschaftsministerium habe es genau eine Umfrage gegeben, so die Auskunftsperson nach Vorlage der Sonntagsfrage in offenbar genau dieser Umfrage. Wer Auftraggeber der Sonntagsfrage war, beantwortete die Auskunftsperson nach Rücksprache mit der Vertrauensperson damit, dass er das nicht mehr genau sagen könne.

Er könne aber ausschließen, dass die Frage vom Landwirtschaftsministerium bezahlt oder beauftragt wurde, so der Demox-Geschäftsführer. Er hatte davor die Beschaffenheit von Omnibusumfragen erklärt, bei denen mehrere Fragen unterschiedlicher Auftraggeber zusammengefasst werden.

Die SPÖ legte ein Konvolut vor, in dem Umfragen des Verteidigungs- und Wirtschaftsministeriums mit identen (angehängten) Fragestellungen enthalten sind. Dabei werden etwa die Beliebtheitswerte von Politikern und Politikerinnen verschiedener Parteien abgefragt, aber auch Meinungen zu Sigrid Maurer, Klubobfrau der Grünen.

Sieben Umfragen für Wirtschaftsministerium

Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli legte ebenfalls eine Liste vor, darin enthalten sind Umfragen und Studien von Demox aus den letzten Jahren. Sieben Studien seien für das Wirtschaftsministerium durchgeführt worden, so Tomaselli, die wissen wollte, von dem die Initiative für diese Studien ausging.

Die Auskunftsperson sagte, die Initiative sei wohl abwechselnd vom Kabinett und den Fachabteilungen ausgegangen – Tomaselli klärte dann auf, dass alle vom Kabinett vergeben wurden, sechs davon als Direktvergabe. Argumentiert wurden diese Vergaben ohne Ausschreibung von den Beamten laut Akten mit Dringlichkeit, so Tomaselli. Die Auskunftsperson hatte zuvor erneut ihre Expertise als Grund für die Vergaben ohne Ausschreibung genannt.

Im weiteren Verlauf sagte er dann, dass die Dringlichkeit wohl mit der Pandemie zusammenhing. Abgefragt wurden laut Tomaselli Anfang 2020 etwa Imagewerte der Ministerin. 2020 und 2021 zahlte das Wirtschaftsministerium laut Tomaselli rund 230.000 Euro für diese Umfragen. Man sei nicht zwingend von der öffentlichen Hand zum Überleben angewiesen, so die Auskunftsperson, man habe viele Auftraggeber, auch aus dem privaten Bereich.

NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper wollte dann wissen, wer im Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen der Ansprechpartner für die Auskunftsperson war. Der Demox-Geschäftsführer hinterfragte, wie sie darauf komme, dass das Amt sein Kunde sei. Krisper verwies auf das Kürzel BEV auf einer Vorlage bei einer Umfrage, die Auskunftsperson erklärte, das heiße Bevölkerung.

Gegenüber dem „Standard“ erklärte die ÖVP allerdings heute in einem Statement, dass Demox im Rahmen einer Omnibus-Umfrage auch Themen für das Bundesamt für Eich- und Vermesssungswesen abgefragt habe. Laut ÖVP bezahlte die Partei die Umfrage mit der Frage zu Maurer – dabei seien alle Klubobleute abgefragt worden. Gegenüber der APA hieß es später, der ÖVP-Klub habe die Umfrage bezahlt.

Bereits Thema bei Köstinger-Befragung

Vergangene Woche war bereits Ex-Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) dazu befragt worden. Sie kenne den Demox-Geschäftsführer schon seit Jahren, sagte Köstinger bei ihrer Befragung. Warum er Umfragen, die laut SPÖ „ressortfremde“ Fragen enthielten, für ihr Ressort durchführte, konnte sie nicht beantworten.

In die direkte Themenausgestaltung von Umfragen sei sie nicht involviert gewesen – Ähnliches sagte auch der Generalsekretär des Finanzministeriums, Dietmar Schuster, bei seiner Befragung.

Enger Kurz-Vertrauter Fleischmann soll kommen

Danach ist ein sehr enger Vertrauter von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) an der Reihe, der sich im Zuge der Inseratenaffäre ebenfalls von vorderster Front zurückziehen musste: Gerald Fleischmann, ehemaliger Leiter der Stabstelle Medien im Bundeskanzleramt. Er kann auf eine lange Karriere als Pressesprecher in der Volkspartei zurückblicken.

Derzeit wirkt er als Referent im ÖVP-Parlamentsklub, soll aber im Hintergrund immer noch die Fäden in der Medienarbeit der Volkspartei ziehen. Auch gegen ihn ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), Entschlagungen sind zu erwarten.