Mit Clooney und Selenskyj

4Gamechangers-Festival geht ins Finale

Am Donnerstag geht das dreitägige Digital- und Medienfestival 4Gamechangers in sein großes Finale. Unter dem Motto „The Power of Cooperation“ kommen noch einmal zahlreiche nationale und internationale Expertinnen und Experten in der Wiener Marx Halle zusammen, um über eine Vielzahl an Themen zu sprechen. Mit Spannung wurden aber vor allem zwei Auftritte erwartet: jene von Hollywood-Star George Clooney und des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.

So luftig die Gebäudearchitektur im dritten Bezirk auch sein mag, die Hitze macht auch vor der historischen Markthalle nicht halt. Elektronische Musik dröhnt aus den Boxen, in den Gängen promoten Start-ups ihre Produkte, während in dem großen, abgedunkelten Raum daneben die wichtigen Fragen der Gegenwartsgesellschaft verhandelt werden.

Wie sieht die Zukunft der Arbeit aus? Welche Rolle spielt der Kapitalismus im Kampf gegen die Klimakrise? Wie lassen sich Menschenrechte in Zeiten wie diesen sichern? Was bedeutet Zusammenarbeit? In Europa genauso wie im Weltall? Das Interesse an Antworten ist groß, die Reihen sind schon am Vormittag bis auf den letzten Platz gefüllt.

Digital- und Medienfestival „4Gamechangers“
ORF.at/Tamara Sill
In der Marx Halle findet der dritte Tag des 4Gamechangers-Festivals statt – am Eingang werden die Besucherinnen und Besucher von der FM4-Ente begrüßt

Auftakt mit Friedensnobelpreisträgerin

Den Auftakt machte am Donnerstag die Friedensnobelpreisträgerin Jody Williams. Sie rückte inmitten des russischen Angriffskrieges das Schicksal ukrainischer Frauen in den Mittelpunkt und sprach von ihrem Ukraine-Besuch vor einigen Tagen. Sie lobte den Mut ukrainischer Frauen, die trotz der widrigen Bedingungen nicht aufgeben würden. Die Nobelpreisträgerin berichtete auch von ukrainischen geflüchteten Frauen in Polen. Sie hätten ihr dort gesagt: „Bitte vergesst uns nicht.“

Hinweis

Panels des 4Gamechangers-Festivals können in der tvthek nachgeschaut werden.

Danach widmete sich ein kleiner Schwerpunkt dem Umgang mit Daten. Brittany Kaiser, Mitbegründerin der OwnYourData-Foundation und Cambridge-Analytica-Whistleblowerin, meinte in ihrer Keynote, dass Daten mittlerweile das wertvollste Gut weltweit geworden seien. In einer perfekten Welt könnten Daten viele der größten Probleme unserer Zeit wie Krieg und Hungerkrisen lösen, zeigte sie sich überzeugt.

Dazu müsste man es aber schaffen, mit Daten sicher umzugehen. Derzeit sei das Datenrecht noch einer der am schwächsten entwickelten Gesetzesbereiche, gab die Whistleblowerin zu bedenken.

Digital- und Medienfestival „4Gamechangers“
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Precht sieht eine Gesellschaft, die nicht nach Lohn und Leistung strebt, sondern nach Sinn sucht

Arbeitsmarkt: „Größte Transformation seit 250 Jahren“

Das „Ende der Arbeit, wie wir sie kannten“ rief zu Mittag der deutsche Philosoph und Autor Richard David Precht aus. Es handle sich dabei um eine Transformation von der bürgerlichen Lohn- und Leistungsgesellschaft hin zu einer Sinngesellschaft – die größte Transformation seit 250 Jahren, so Precht.

Im Gegensatz zu anderen gesamtgesellschaftlichen Krisen und Veränderungen sei hierbei jedoch „Optimismus angesagt“. Denn: „Was wir erleben, ist eine technologische Revolution, der Beginn des zweiten Maschinenzeitalters, wo nicht mehr die menschliche Hand, sondern das menschliche Gehirn ersetzt wird.“ Und das vor allem bei langweiligen geistigen Routinearbeiten.

Selbst Menschen mit niedrigen Einkommen würden sich daher mittlerweile die Frage stellen, was denn ein gutes und richtiges Leben sei und welche Art von Arbeit dem Leben Sinn verleihe. Auf dem Arbeitsmarkt seien nun die Unternehmen gefordert, gute Arbeitsbedingungen zu bieten.

Digital- und Medienfestival „4Gamechangers“
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Der Ukraine-Krieg ist auch beim 4Gamechangers-Festival allgegenwärtig – hier mit einem Spendenaufruf

Klimaaktivistin mit Kritik an falschen Versprechen

Nach der Mittagspause standen vor allem die Themen Klima, Energie und Nachhaltigkeit auf der Agenda. Die Aktivistin und Autorin Katharina Rogenhofer vom Klimavolksbegehren forderte in der Diskussion mit CEOs von Mobilitäts- und Energieunternehmen ein „echtes Bekenntnis zur Nachhaltigkeit“ – gerade in Zeiten der Energieknappheit.

In der Politik nehme sie derzeit allerdings „viele Versprechen mit Ausnahmen“ wahr. Ein Beispiel sei das EU-Urteil zum Verbrenner-Aus, das nach wie vor E-Fuels vorsieht. Klar sei: Bei der Energiewende müsse man, vor allem was den Ausbau der Erneuerbaren wie Solar und Wind betrifft, aufs Tempo drücken. Das Potenzial in Österreich sei noch lange nicht ausgeschöpft, so der Tenor der Sprecherinnen und Sprecher.

Gewessler will Tempo

Mehr Tempo, das forderte auch Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne). Es gehe darum, Klimaschutz jetzt in die Umsetzung zu bringen: „Wir haben keine Zeit mehr. Es geht ums Jetzt, jetzt sind die entscheidenden Jahre.“ Um die Klimakrise zu lösen, müssten alle „ihren Beitrag leisten“ – auch die Wirtschaft, so Gewessler.

“Fridays For Future"-Aktivistin Anika Dafert sieht ebenso Unternehmen gefordert – diese könnten Druck auf die Politik ausüben und „sagen, wir wollen investieren in eine gute Zukunft“. Es dürfe nicht mehr um Gewinnmaximierung gehen.

Der Aktivist und Filmschaffende Werner Boote verwies in der Klimaschutzdebatte auf Noam Chomsky und forderte eine gänzliche Systemänderung. Nicht ohne Seitenhieb auf den Hauptsponsor der Veranstaltung stellte er die Frage, ob Kaffee wirklich schon so vorportioniert abgepackt sein müsse. Wenn man sich das mit „Hausverstand“ überlege, könne das doch keinen Sinn ergeben.

Digital- und Medienfestival „4Gamechangers“
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Gewessler sieht beim Klimaschutz die Wirtschaft gefordert

Clooney: Müssen Weg finden, um zu überleben

Unter Jubel und tosendem Applaus betrat am frühen Abend dann Hollywood-Star Clooney die Bühne für seinen, angesichts der hohen Innenraumtemperaturen sehr treffenden, „Fireside Chat“ über Menschenrechte. „Schwierige Zeiten“ seien es, in denen sich die Menschheit derzeit befinde, sagte der 61-Jährige in Hinblick auf die russische Invasion in der Ukraine.

Hierbei gelte es, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. „Doch wenn das Haus brennt, muss zuerst das Feuer gelöscht werden“ – erst danach könne die Justiz einschreiten. Zudem müssten auch jene Unternehmen und Banken, die mit den „bad guys“ Geschäfte machen, sanktioniert werden, appellierte Clooney. An diesem Punkt würde auch die Clooney Stiftung ansetzen, die er 2016 gemeinsam mit seiner Ehefrau und Juristin Amal ins Leben rief.

George Clooney beim 4Gamechangers Festival
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Hollywood-Star Clooney sprach über die „Zukunft der Menschenrechte“

Mit Kritik sparte Clooney auch nicht, was die USA betrifft – die vier Jahre Donald Trump seien desaströs gewesen. Angesprochen auf die Stürmung des Kapitols am 6. Jänner des vergangenen Jahres sagte Clooney, die US-Präsidentschaftswahl war „verdammt noch einmal nicht gestohlen“. Dennoch sei nicht auszuschließen, dass Trump erneut gewählt werde. Und das sei „gefährlich“.

Abschließend meinte er: Um die großen gesellschaftlichen Probleme zu lösen, nicht zuletzt die Klimakrise, bedarf es Kooperation – weltweit. „Wir sind alle miteinander verbunden. Wir müssen einen Weg finden, um zu überleben“, sagte Clooney, der hier auch die großen Konzerne in die Pflicht nahm. Danach folgte eine minutenlange Werbeeinschaltung für Nespresso.

4Gamechangers Festival Halle Übersicht
ORF.at/Tamara Sill
Clooney sorgte für eine volle Halle

Liveschaltung mit Selenskyj

Donnerstagabend wird nun noch der ukrainische Präsident Selenskyj per Liveschaltung mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sprechen und sich Fragen der Presse stellen. Es ist der erste Auftritt von Selenskyj in Österreich, hat er sich doch bisher nur in aufgezeichneten Videobotschaften an Publikum in Österreich gewandt.

Den krönenden musikalischen Abschluss bilden am Abend der Auftritt des ehemaligen Songcontest-Gewinners Conchita Wurst, Amore-Rock-’n’-Roll von Wanda und Beats des deutschen Reggae- und Soulmusikers Jan Delay.

Zum ersten Mal wird das Festival in Kooperation von Österreichs größter privater Sendergruppe ProSiebenSat.1Puls4 und dem ORF veranstaltet. Auch die Themenpalette der ersten beiden Tage war breit gefächert – vom Ukraine-Krieg über Digitalisierung und Innovation bis hin zu Bildung und Gesundheit.