Cassidy Hutchinson
Reuters/Evelyn Hockstein
Druck auf Zeugin?

Neue Vorwürfe gegen Trump

Seit Monaten vermutet der Untersuchungsausschuss zur Kapitol-Attacke vom 6. Jänner 2021, dass der frühere Präsident Donald Trump oder ihm nahestehende Personen versuchen könnten, potenzielle Zeugen zu beeinflussen. Medienberichten zufolge wurden von Trumps politischem Umfeld Anwaltskosten von mehr als einem Dutzend Auskunftspersonen bezahlt oder es wurde versprochen, sie zu übernehmen. Das allein ist nicht illegal, versuchte Zeugenbeeinflussung sehr wohl – genau dafür gibt es nun neue belastende Hinweise.

Die Frage, ob der ehemalige Präsident möglicherweise Aussagen beeinflusst, die ihn direkt betreffen, wurde diese Woche mit der Aussage von Cassidy Hutchinson, einer früheren Beraterin im Weißen Haus, wieder virulent. Hutchinsons Auftritt vor dem Ausschuss des Repräsentantenhauses, bei dem sie belastende neue Details über Trumps Handlungen und Äußerungen am Tag des Aufstands vorbrachte, erfolgte, nachdem sie ihren Rechtsbeistand geändert hatte.

Den Anwalt, der ihr von zwei ehemaligen Helfern von Trump empfohlen und von seinem politischen Aktionskomitee bezahlt worden war, hatte Hutchinson entlassen. Unter der Vertretung ihrer neuen Anwältin, Jody Hunt, änderte Hutchinson in ihrer vierten Anhörung vor dem Ausschuss – der ersten persönlichen und öffentlichen – nun die Strategie und belastete Trump schwer.

Zwar ist nicht erwiesen, schrieb die „New York Times“ („NYT“), dass Hutchinsons Bereitschaft zu der umfassenden Aussage direkt mit dem Wechsel des Anwaltsteams zu tun hat, doch für einige Mitglieder des Ausschusses deutet alles darauf hin – ebenso Trumps Reaktion: „Ihre Geschichte hat sich völlig verändert“, beschwerte er sich auf seiner Social-Media-Seite Truth Social, ihre neue Anwältin könnte sie zu falschen Angaben veranlasst haben.

Trumps Umfeld zahlt Rechtsvertretung vieler Zeugen

Laut „NYT“ haben mehrere ehemalige Mitarbeiter des Ex-Präsidenten beantragt, dass er die Bezahlung ihrer Anwälte übernimmt. Viele von ihnen begründeten dies mit den exorbitanten Kosten für die Vertretung im Zusammenhang mit der Untersuchung des Kongresses. Angesichts der möglichen rechtlichen Konsequenzen für Trump und seines Interesses am Ergebnis der Ermittlungen wird diese Praxis nun noch genauer unter die Lupe genommen.

der ehemalige US-Präsident Donald Trump
AP/Mark Humphrey
Für Trump ist es Fachleuten zufolge diese Woche deutlich enger geworden

Wenig subtile Drohungen

Umso mehr noch, als diese Woche publik wurde, dass Hutchinson Nachrichten erhalten habe, in der sie indirekt davor gewarnt wurde, mit dem Sonderausschuss zusammenzuarbeiten. Die beiden Vorlagen wurden am Ende ihrer Anhörung vorgelegt, berichtete das Nachrichtenportal Politico und sollen von einem Mitarbeiter des ehemaligen Stabschefs des Weißen Hauses, Mark Meadows, stammen.

„[Eine Person] ließ mich wissen, dass Sie morgen Ihre eidesstattliche Aussage haben. Er möchte, dass ich Ihnen mitteile, dass er an Sie denkt. Er weiß, dass Sie loyal sind und dass Sie das Richtige tun werden, wenn Sie Ihre Aussage machen“, hieß es in einer Nachricht. Bei dieser „Person“ soll es sich um Meadows handeln.

Die andere Vorlage zitierte eine darin ungenannte Zeugin, bei der es sich um Hutchinson selbst handelt. Sie beschrieb mehrere Anrufe, die sie von Trump-Verbündeten erhielt. „Was sie mir sagten, ist, dass sie wissen, dass ich im richtigen Team bin“, sagte die Zeugin. „Ich tue das Richtige, wenn ich die beschütze, die ich beschützen muss, dann werde ich weiterhin in der Gunst der Trump-Welt stehen. Und sie erinnerten mich ein paar Mal daran, dass Trump Abschriften liest und dass ich das im Hinterkopf behalten sollte, wenn ich meine Aussagen und Interviews mit dem Ausschuss habe.“

Mark Meadows
AP/Patrick Semansky
Meadows erwies sich als treuer Diener seines Herrn

Meadows dementiert, Cheney alarmiert

Laut Politico stammen die beiden Mitschriften von 7. März – damals sagte Hutchinson vor dem Ausschuss unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus. Ben Williamson, ein Sprecher von Meadows, gab gegenüber dem Portal folgende Erklärung ab: „Niemand aus Meadows’ Lager, weder er selbst noch andere, hat jemals versucht, Hutchinson einzuschüchtern oder ihre Aussage vor dem Ausschuss zu beeinflussen. Jeder Telefonanruf oder jede Nachricht, die sie beschreibt, ist bestenfalls sehr irreführend.“

Innerhalb der republikanischen Partei scheinen die Gräben jedenfalls tiefer zu werden. Als Gesicht der Anti-Trump-Fraktion innerhalb der Partei fungiert zunehmend Liz Cheney, Tochter von Ex-Vizepräsident Dick Cheney. Sie ist auch stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses und hatte die Befragung von Hutchinson inne.

Sie deutete die nun vorliegenden Nachrichten als Bemühungen von Trump-Verbündeten, wichtige Zeugen davon abzuhalten, sich zu melden. „Ich denke, die meisten Amerikaner wissen, dass der Versuch, Zeugen zu beeinflussen, damit sie nicht wahrheitsgemäß aussagen, sehr ernstzunehmen ist“, sagte Cheney. „Wir werden diese Fragen im Ausschuss erörtern und unsere nächsten Schritte sorgfältig abwägen.“