Abgebrochene Eisplatte in den Dolomiten
Reuters/Borut Zivulovic
Eisplatte löste sich

Weitere Tote in Dolomiten befürchtet

Nach dem folgenschweren Gletschersturz in den Dolomiten mit mindestens acht Toten setzen die Einsatzkräfte am Montag die Suche an der Flanke des Berges Marmolata (ital.: Marmolada) fort. Sie haben dabei aber kaum noch Hoffnung, unter den Eis-, Schnee- und Felsmassen weitere Überlebende zu finden. Vier der Toten wurden mittlerweile identifiziert.

Dabei handelt es sich um drei Italiener und einen Tschechen. Die Identifizierung könnte länger dauern, eine Obduktion könnte notwendig werden. Weitere acht Personen wurden verletzt, zwei von ihnen schweben in Lebensgefahr. Zu den noch etwa 15 Vermissten zählen auch deutsche und rumänische Staatsangehörige, teilten die Rettungseinheiten mit. Das Außenministerium prüft derzeit die Lage, es befinde sich unter den Vermissten aber kein Österreicher, heißt es gegenüber dem ORF.

Kontrollen auf den Straßen des Fedaia-Passes und auf den Parkplätzen rund um den Fedaia-See, von wo aus die Wanderwege zur Marmolata beginnen, ergaben, dass bei 16 Fahrzeugen die Besitzer noch nicht erreicht werden konnten. Somit versuchen die Carabinieri und die Rettungskräfte, die vermissten Bergsteiger zu identifizieren, indem sie die Nummernschilder mit den Buchungen der Unterkünfte in der Gegend abgleichen.

Tote bei Gletschersturz in den Dolomiten

Bei einem Gletschersturz in den Dolomiten sind mehrere Menschen ums Leben gekommen. Das gesamte Gebiet rund um den Berg Marmolata (ital.: Marmolada) wurde für die Öffentlichkeit gesperrt. Einsatzkräfte suchen währenddessen nach Überlebenden.

Kontrollen auch von Belluno aus

„Im Moment wissen wir nicht, ob die Autos den sechs Toten oder den Vermissten gehören. Das werden wir heute anhand der Berichte erfahren, die uns erreichen werden“, erklärte der Präsident des Trentino, Maurizio Fugatti. Auch auf der Seite des Berges in der Provinz Belluno werden Kontrollen durchgeführt, da möglicherweise auch von diesem Hang Personen aufgestiegen sind. „Wir haben wenig Hoffnung, die Vermissten lebend zu finden“, gab der Leiter des Trentiner Zivilschutzes, Raffaele De Col, zu.

Sorge wegen weiterer Abbrüche

Die Such- und Bergungsarbeiten an der Marmolata waren am Sonntagabend unterbrochen worden, weil die Gefahr bestand, dass weitere Eisblöcke abgehen könnten. Auch am Montag wurden die Rettungsarbeiten wegen eines aufziehenden Unwetters zwischenzeitlich unterbrochen. Das gesamte Gebiet rund um den Gletscher wurde für die Öffentlichkeit gesperrt.

Ministerpräsident Mario Draghi drückte den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid aus und ließ sich über die Rettungsmaßnahmen und die Ermittlungen auf dem Laufenden halten. Draghi wollte mit dem Hubschrauber das Lagezentrum am Fuß des Berges besuchen, konnte aber aufgrund der Wetterbedingungen nicht landen und musste in Verona in ein Auto umsteigen.

Abgebrochene Eisplatte in den Dolomiten
Reuters/Alpine Rescue Services
Die Lawinengefahr auf der Marmolata ist weiterhin groß

Messner: Folge des Klimawandels

Extrembergsteiger und Umweltschützer Reinhold Messner sieht in dem Unglück eine Folge des Klimawandels und der Erderwärmung. „Diese fressen die Gletscher weg“, sagte der 77-Jährige im Gespräch mit der dpa.

An den Abbruchkanten der Gletscher bilden sich dann Eistürme – Seracs genannt –, „die so groß sein können wie Wolkenkratzer oder Häuserzeilen“, erklärte Messner. Vorfälle wie an der Marmolata „werden wir häufiger sehen“, prognostizierte er, denn „heute gibt es viel mehr Fels- und Eisabbrüche als früher“.

ORF-Korrespondent Ungerer zur Lage in den Dolomiten

ORF-Korrespondent Matthias Ungerer meldet sich aus Canazei und spricht über die aktuelle Lage bei der Suche nach weiteren Überlebenden in den Dolomiten. Nach dem folgenschweren Gletschersturz mit mehreren Toten setzten die Einsatzkräfte am Montag die Suche an der Flanke des Berges Marmolata fort.

„Unglaubliches Bild“

Und diese können dann furchtbare Folgen haben wie am Sonntag auf dem Massiv an der Grenze zwischen den Regionen Trentino-Südtirol und Venetien. Der sichtlich geschockte Bergretter Luigi Felicetti berichtete von dem Einsatz: „Als wir vor Ort ankamen, bot sich uns ein unglaubliches Bild. Überall lagen Eisblöcke und riesige Steine.“

Die Masse stürzte mindestens 500 Meter mit einer Geschwindigkeit von 300 Kilometern pro Stunde auf zwei Seilschaften von Bergsteigern, heißt es von Experten der Bergrettung. Die abgelöste Masse erstreckt sich über eine zwei Kilometer lange Front auf einer Seehöhe von etwa 2.800 Metern.

Lawinengefahr weiter groß

„Wir haben ein lautes Geräusch gehört, typisch für einen Bergsturz“, sagte ein Augenzeuge der Nachrichtenagentur ANSA. „Danach sahen wir eine Lawine von Schnee und Eis in hoher Geschwindigkeit in Richtung Tal stürzen und wir wussten, dass etwas Schlimmes passiert ist.“

Carlo Budel, der Hüttenwirt der Schutzhütte Capanna Punta Penia, sprach in einem Instagram-Video vom „schlimmstmöglichen Zeitpunkt und Tag, an dem sich der Brocken lösen konnte“. Kurz nach Mittag waren an dem sommerlichen Sonntag unzählige Bergsteigerinnen und Bergsteiger an dem beliebten Massiv unterwegs. Budel forderte alle Alpinisten auf, bis auf Weiteres nicht auf die Marmolata zu kommen. „Bleibt so weit wie möglich von diesem Gletscher weg“, mahnte der Hüttenwirt.

Die Nachrichtenagentur ANSA zitierte Ermittler, wonach sich an dem Berg ein „unvorstellbares Blutbad“ abgespielt habe, nach dem „es schwer sein wird, die Identität der Opfer festzustellen, denn die Körper wurden zerstückelt“ von den Eis- und Steinbrocken.