Person hält einige Euro-Münzen in der Hand
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Einkommen

Studie zeigt desaströse Finanzlage

Die Einkommenssituation vieler Menschen in Österreich ist laut einer Untersuchung im Auftrag des Sozialministeriums angespannt. Über zwei Millionen Menschen seien im vergangenen Jahr von Einkommensverlusten betroffen gewesen. Über 800.000 hatten Schwierigkeiten, die laufenden Ausgaben zu decken. Das zeigt die zweite Studie „So geht’s uns heute“.

Die Studie wurde von der Statistik Austria im Auftrag des Sozialministeriums und von Eurostat durchgeführt. Dafür wurden im ersten Quartal 2022 über 3.500 Personen in Österreich befragt. Ziel der quartalsweisen Befragung ist es, soziale Folgen der aktuellen Krise möglichst frühzeitig zu erkennen und den Auswirkungen rechtzeitig entgegenzuwirken. Besonders stark betroffen von den Folgen sind weiterhin Arbeitslose, Hilfsarbeiter und Hilfsarbeiterinnen, Alleinerziehende und Mehrkindfamilien.

Die Untersuchung zeigt in der befragten Personengruppe der 16- bis 69-Jährigen erhebliche soziale Auswirkungen der Pandemie und der Inflation. Im ersten Quartal 2022 verzeichneten 35 Prozent dieser Gruppe gegenüber den vergangenen zwölf Monaten Einkommensverluste. Jede fünfte Person hatte hingegen Einkommensgewinne, so die Statistik Austria in einer Aussendung am Dienstag.

Bereits kleine Ausgaben schwierig

36 Prozent der Menschen mit weniger Einkommen führten das vor allem auf Arbeitszeitverringerung, gesunkenes Einkommen und Arbeitsplatzverlust zurück. Von den zwei Millionen Menschen, die Einkommensverluste zu verzeichnen haben, nannte jeder Fünfte die Inflation als Ursache für Verluste des realen Haushaltseinkommens. Der Anteil der Menschen, die Schwierigkeiten haben, notwendige Dinge des täglichen Bedarfs zu finanzieren, hat, wie die Zahlen zeigen, im Laufe des Jahres 2021 und im Vergleich zum Vorkrisenniveau stark zugenommen.

Vor allem Personen mit weniger als 1.000 Euro Nettoeinkommen (für einen Einpersonenhaushalt) haben mit Verlusten beim Einkommen zu kämpfen (47 Prozent). 13 Prozent der im Februar und März 2022 befragten Erwachsenen, etwa 800.000 Menschen in Österreich, fanden es schwer oder sehr schwer, mit ihrem Haushaltseinkommen laufende Ausgaben zu tätigen. Das gilt sogar für ein Drittel der Menschen mit weniger als 1.000 Euro Nettoeinkommen. Ein weiteres Drittel in dieser Einkommensklasse hatte „etwas Schwierigkeiten“ auszukommen. Insgesamt betrachten 23 Prozent (rund 1,5 Mio. Menschen) den jährlichen Urlaub als nicht leistbar – bei den Einkommensschwachen sind es 48 Prozent.

Auch Kinobesuch geht sich nicht aus

Die Studie zeigt, dass es sich 1,7 Millionen Menschen in Österreich aktuell nicht leisten können, unerwartete Ausgaben von 1.300 Euro zu begleichen. Über 770.000 Menschen können sich nicht einmal kleine Wünsche wie einen Kinobesuch erfüllen. 383.000 Menschen haben nicht genug finanzielle Mittel, um ihre Wohnung in der kalten Jahreszeit ausreichend warm zu halten. 476.000 Menschen können sich aus finanziellen Gründen nicht angemessen ernähren.

Die Studie zeigt weiters, dass die Wohnkosten aktuell für 820.000 Menschen eine schwere finanzielle Belastung darstellen. 860.000 Personen rechnen in den kommenden drei Monaten mit Zahlungsschwierigkeiten beim Begleichen ihrer Wohnkosten. Im letzten Quartal 2021 lag diese Zahl noch bei 750.000. Gestiegen ist auch die Zahl der Personen mit einem Zahlungsrückstand bei Miete, Wohnnebenkosten, Betriebskosten und Kreditraten. In der Gruppe der Arbeitslosen ist fast ein Drittel im Zahlungsverzug.

Rauch sieht Auftrag an die Politik

Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) zeigte sich in einer Aussendung angesichts dieser Zahlen alarmiert. „Dass so viele Menschen in einem reichen Land wie Österreich kaum mehr ihre laufenden Ausgaben bestreiten können, ist ein Alarmsignal und ein deutlicher Auftrag an die Politik. Mit dem Teuerungspaket entlasten wir, sowohl akut als auch längerfristig. Die Maßnahmen der Bundesregierung gegen die Teuerung bringen vielen Menschen ein, zwei Monatseinkommen zusätzlich. Das ist für alle, die unsere Hilfe wirklich brauchen, viel Geld.“

127.000 müssen Teuerungsausgleich versteuern

Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen bzw. Selbstständige, die monatlich mehr als 8.500 Euro brutto bzw. im Jahr mehr als 90.000 Euro brutto verdienen, müssen den geplanten Teuerungsausgleich der Regierung versteuern. Betroffen sind 127.000 Personen, wie die „Presse“ Dienstag unter Bezugnahme auf eine Analyse des parlamentarischen Budgetdienstes berichtete. Für jene, die den Teuerungsausgleich (250 Euro) versteuern müssen, reduziere sich der Betrag von 250 auf 125 Euro.

Die relativ geringe Zahl der Betroffenen könne sich daraus ergeben, dass von der Steuer nur laufende Einkommen aus unselbstständiger bzw. selbstständiger Beschäftigung erfasst werden. Es gebe zwar mehr Millionäre bzw. Personen mit einem anlagefähigen Vermögen von mehr als einer Million Euro, nämlich 176.000. Diese würden aber in der Regel keine oder nur eine geringe Lohn- und Einkommensteuer zahlen, heißt es in der Meldung.