SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP)
APA/Roland Schlager
Nationalrat

Hitziger Schlagabtausch zu Teuerungen

Hitzig und teils untergriffig ist am Mittwoch der dreitägige Parlamentskehraus gestartet. SPÖ und ÖVP lieferten sich am Mittwoch im Nationalrat zwei harte Teuerungsdebatten. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) hielt der SPÖ Panikmache und Hysterie vor. Die Sozialdemokraten hatten einen Dringlichen Antrag für einen Strompreisdeckel eingebracht. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner kritisierte die Regierung heftig.

Sie hielt der Regierung während ihrer 20 minütigen langen Rede vor, alles falsch zu machen. Besonders dringend wäre aus ihrer Sicht ein Preisdeckel, der in Spanien und Portugal die Preise halbiert habe. Zudem müssten den Energiekonzernen ihre Übergewinne abgenommen werden. Investiert werden sollte das in den Ausbau erneuerbarer Energie.

Die SPÖ-Klubchefin betonte, dass schon jetzt 1,5 Millionen Österreicher armutsgefährdet seien. Die Teuerung sei bereits tief in der Mittelschicht angekommen, dem „Fundament des sozialen Friedens in Österreich“. Denn wenn die Mittelschicht kippe, kippe alles andere auch sehr schnell.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ)

SPÖ-Vorsitzende und -Klubchefin ließ kein gutes Haar an den Maßnahmen der Regierung gegen Teuerungen.

Nehammer: SPÖ holt FPÖ bei Populismus ein

Nehammer gab sich betont angriffig und unterstrich, dass die Regierung schon Antiteuerungspakete geschnürt habe, als die SPÖ noch nicht einmal gewusst habe, dass das zum Thema werde. Die Vorschläge der Sozialdemokraten hält der ÖVP-Obmann für untauglich. Ein Preisdeckel funktioniere einfach nicht und gefährde noch dazu Arbeitsplätze.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP)
APA/Roland Schlager
Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner

Der SPÖ hielt er vor, die Freiheitlichen an Populismus längst eingeholt zu haben. Man versuche, die Menschen noch mehr zu verängstigen. Mit Halbwahrheiten und Desinformation sollten Neuwahlen herbeigeredet werden. Dabei wollten die Menschen gerade jetzt kein Auseinanderdividieren oder Streit, sondern Sicherheit in der Führung.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP)

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ging in die Offensive und verteidigte das Antiteuerungspakekt gegenüber der Opposition.

Heftige Debatte auch am Vormittag

Gleich zu Beginn, in der Aktuellen Stunde, hatten ÖVP und Grüne bereits beschlossene Maßnahmen gegen die Teuerung gefeiert, während die SPÖ diese hart kritisierte. Auch die Abhängigkeit von russischem Gas sorgte für eine heftige Debatte. ÖVP-Klubchef August Wöginger hob hervor, dass man in den kommenden Jahren mehr als 50 Mrd. Euro gegen die Teuerung aufwende, mehr als zehn Mrd. davon bereits heuer. „Wir wissen, dass viele Menschen unter den Teuerungen beim Einkauf, beim Tanken oder auch beim Erhalt ihrer Gas- und Stromrechnung angesichts der Beträge leiden“, so der ÖVP-Klubchef.

Man helfe rasch, wirkungsvoll und zielgerichtet, so Wöginger in seiner Rede. Er rechnete vor, dass das einer Mindestpensionistin fast 2.000 Euro bringe, einem Paar mit zwei Kindern mehr als 2.800 Euro. Dass die SPÖ diesen Maßnahmen nicht zustimme, sei beschämend. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) stieß ins selbe Horn: „Jetzt ist die Zeit, an großen Schrauben zu drehen“, sagte er in der Aktuellen Stunde. Im internationalen Vergleich sei Österreich mit dem Volumen und der Geschwindigkeit seiner Entlastungsmaßnahmen von 50 Mrd. Euro ganz weit vorne, so Brunner.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP)

Brunner sieht Österreich mit dem von der Regierung geschnürtem Paket international auf gutem Weg.

Grüne: Staat lässt auch Unternehmen nicht alleine

Elisabeth Götze (Grüne) pflichtete bezüglich der Dimensionen bei. Das Ausmaß der Hilfen sei so hoch, „da wird einem schwummrig“. Sie bezog sich auf strukturelle Maßnahmen im Kampf gegen die Teuerung, etwa die „Entlastung der Arbeitskraft“ durch eine Lohnnebenkostensenkung. Zur Attraktivierung des Wirtschaftsstandorts trage auch die für Unternehmen geschaffene Möglichkeit der Gewinnbeteiligung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bei.

Für Selbstständige komme ein Teuerungsausgleich im Rahmen der Sozialversicherung. Wichtiger Punkt bei der „Bekämpfung der Teuerungsursachen“ ist Götze zufolge die Abkehr von fossilen Brennstoffen. Bei den aktuell hohen Energiekosten lasse der Staat die Unternehmen nicht alleine, versicherte sie mit dem Nachsatz, bei Übergewinnen gebe es keine zusätzlichen Hilfen.

Elisabeth Götze (Grüne)

Die grüne Wirtschaftssprecherin Elisabeth Götze sieh eine Entlastung der Arbeitskraft in dem Antiteuerungspaket.

SPÖ vermisst Dauerlösungen

Bei der SPÖ sieht man das anders. Kai Jan Krainer warf der Regierung Zaudern und Wegsehen vor, es gebe Einmalzahlungen statt Dauerlösungen. Die SPÖ sei für eine Politik, die die Preise senke, etwa durch einen Preisdeckel für Energie, für Dauerlösungen statt Einmalzahlungen, etwa durch die Erhöhung der Pensionen noch im Juli, und dafür, die Übergewinne der Energiekonzerne abzuschöpfen und damit die Teuerung zu bekämpfen, so Krainer.

Generell flössen die Hilfszahlungen zu langsam, kritisierte Krainer. Gefordert wird von der SPÖ eine Preissenkung für die wichtigsten Grundbedürfnisse, das Abschöpfen der Übergewinne der Energiekonzerne sowie die Sicherung der Gasversorgung.

Kai Jan Krainer (SPÖ)

SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer vermisst bei den Maßnahmen in dem Antiteuerungspaket der Regierung eine Dauerlösung.

FPÖ: Sind nicht Putin-Versteher

Dass Russland hier drosselt, ist für FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz dem „Wirtschaftskrieg“ geschuldet, in den Österreich gegen Russland geschickt werde, unter Opferung der Neutralität. Ausbaden müsse das die Bevölkerung. „Putin-Versteher“ sei man bei den Freiheitlichen aber nicht, so Schnedlitz: „Wir Freiheitliche sind Österreich-Versteher, und bei uns kommt die österreichische Bevölkerung an erster Stelle.“

Michael Schnedlitz (FPÖ)

FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz kritisierte, dass Österreich teil des „Wirtschaftskrieges“ gegen Russland sei.

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger sah hingegen in der hohen Abhängigkeit Österreichs vom russischen Gas das Problem, wofür sie Politiker der Freiheitlichen, aber auch von SPÖ und ÖVP verantwortlich machte. „Wer verrät unser Volk und unser Land? Das sind Sie von der FPÖ und alle, die dieses schäbige Spiel in den letzten Jahren gespielt haben.“

NEOS-Klubobfrau Meinl-Reisinger

NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger kritisierte die große Abhängigkeit vom russischen Gas.

Parteiengesetz: Abänderungsantrag von NEOS

NEOS wird am Donnerstag einen Abänderungsantrag zum Parteiengesetz im Nationalrat einbringen. Damit soll die Frage der parteinahen Vereine geklärt und dadurch „die größte Lücke im Parteiengesetz geschlossen werden“, so Vizeklubchef Nikolaus Scherak. Derzeit gelten die neuen Regeln nur für jene Vereine, die statutarisch mit einer Partei verbunden sind. Laut dem Entwurf soll Parteinähe außerdem anhand organisatorischer und inhaltlicher Kriterien beurteilt werden.

Leichterer Zugang zu Rot-Weiß-Rot-Karte

Der Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte wird erleichtert. Das beschloss der Nationalrat Mittwoch gegen die Stimmen von SPÖ und Freiheitlichen. Konkret werden die geforderten Einkommenshöhen gesenkt und Englischkenntnisse aufgewertet. Die Rot-Weiß-Rot-Karte regelt die Zuwanderung von Fachkräften aus Ländern außerhalb der EU.

SPÖ und FPÖ redeten gegen die Novelle an. SPÖ-Mandatarin Verena Nußbaumer sprach von einem Kniefall vor der Wirtschaft. Der Druck auf Arbeitnehmer werde weiter verschärft. Löcher stopfen statt Probleme lösen, attestierte FPÖ-Mandatar Peter Wurm. Er wandte sich gegen eine weitere Zuwanderung, hingegen für den Ausbau der Facharbeiterausbildung in Österreich.

Seitens der ÖVP sagte Klaus Fürlinger, dass die Unternehmen egal welcher Größe nach Fachkräften dürsteten. Nunmehr würden dafür Hürden beseitigt und die Verfahren beschleunigt. Von sinnvollen Schritten in eine richtige Richtung sprach der Grüne Georg Bürstmayr. Dem schloss sich NEOS-Mandatar Gerald Loacker an, der allerdings weitere Schritte zur Entbürokratisierung und Beschleunigung wünschte. ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher sieht eine einfachere und unbürokratischere Möglichkeit für qualifizierten Zuzug.

Änderung bei Mindestentlohnung

Angesetzt wird unter anderem bei der Entlohnung. Künftig wird eine Mindestentlohnung von 50 Prozent der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage (statt 60 Prozent) ausreichend sein, um Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte zu erhalten. Das ist aktuell nur bei Personen bis 30 der Fall. Für 2022 ergäbe das einen geforderten monatlichen Bruttolohn von 2.835 Euro.

Außerdem wird die Mindestentlohnung für Absolventen und Absolventinnen heimischer Universitäten und Fachhochschulen gänzlich beseitigt. Weiters werden Englischkenntnisse Deutschkenntnissen gleichgestellt, sofern die Sprache im Unternehmen Englisch ist. Hürden für ausländische Start-up-Gründer werden durch die Senkung des notwendigen Stammkapitals von 50.000 auf 30.000 Euro reduziert.

Ferner etabliert wird ein dauerhafter Arbeitsmarktzugang für registrierte Stammsaisonniers, die zumindest zwei Jahre lang jeweils mehr als sieben Monate in Tourismusbetrieben oder in der Landwirtschaft Saisonarbeit geleistet haben, und das ungeachtet ihres Alters oder ihrer Qualifikation. Voraussetzung sind ausreichende Deutschkenntnisse auf A2-Niveau und das Angebot eines unbefristeten Arbeitsvertrags.

Neuer arbeitsmedizinischer Fachdienst

Davor war erneut eine Pandemiemaßnahme beschlossen worden, und das einstimmig zugunsten von Klein- und Mittelunternehmen. Mit dem KMU-Förderungsgesetz wird der bisher vorgesehene Haftungsrahmen von 750 Millionen auf eine Milliarde ausgeweitet.

In der Sitzung eingeführt wurde auch ein neuer arbeitsmedizinischer Fachdienst. Damit werden künftig auch Angehörige anderer Gesundheitsberufe wie etwa diplomierte Krankenpfleger und Physiotherapeuten mit mindestens zweijähriger Berufserfahrung für bestimmte Aufgaben wie die regelmäßige Begehung von Büroarbeitsplätzen herangezogen werden dürfen. Voraussetzung ist eine arbeitsmedizinische Spezialausbildung im Ausmaß von mindestens 208 Stunden. Die Fachaufsicht bleibt bei Arbeitsmedizinern.

Zahlreiche Beschlüsse stehen an

Bis Freitag stehen bei mehr als fünfzig Debatten im Nationalrat rund 40 Gesetzesbeschlüsse an. Neben dem Teuerungsthema gibt es etliche Gesetze zu beschließen, etwa ein Paket, das Radfahrern mehr Rechte wie Rechtsabbiegen bei Rot gibt.

Vor Sitzungsbeginn demonstrierte die Gewerkschaft auf dem Josefsplatz, es ging um die Elementarpädagogik-Milliarde. Diese wird zwar erst am Freitag beschlossen, der ÖGB sprach aber schon am Mittwoch von einer Mogelpackung.