Auch Künstlerin Steyerl zieht sich von documenta zurück

Die documenta in Kassel wird vom nächsten Eklat erschüttert: Zwei wichtige Akteure ziehen sich zurück. Gestern gab zunächst der Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, bekannt, er stehe der wegen antisemitischer Darstellungen heftig kritisierten Schau nicht länger beratend zur Seite.

Später erklärte die deutsche Künstlerin Hito Steyerl ihren Rückzug von der Ausstellung. Mit ihr zieht eine der international wichtigsten Künstlerinnen ihre Arbeiten von der documenta ab. Über beide Rückzüge hatte zuvor der „Spiegel“ berichtet.

Die in Berlin lebende Steyerl gab ihren Entschluss in einer E-Mail an die Kunstausstellung in Kassel bekannt. Die 56-Jährige begründete ihren Schritt gegenüber der dpa in Berlin mit dem Rückzug Mendels von seiner Beratertätigkeit.

Mendel hatte zuvor gegenüber dem „Spiegel“ gesagt, er vermisse rund um den aktuellen Antisemitismusskandal „den ernsthaften Willen, die Vorgänge aufzuarbeiten und in einen ehrlichen Dialog zu treten“.

Vorwurf der fehlenden Aufarbeitung

Bei der Ausstellung für Gegenwartskunst waren ein halbes Jahr vor ihrem Beginn Antisemitismusvorwürfe gegen das indonesische Kuratorenkollektiv Ruangrupa laut geworden. Kurz nach der Eröffnung der Schau Mitte Juni wurde dann eine Arbeit mit antisemitischer Bildsprache entdeckt.

Das Banner „People’s Justice“ des indonesischen Kunstkollektivs Taring Padi wurde daraufhin abgehängt. Die Organisatoren der documenta hatten als Konsequenz angekündigt, alle weiteren Werke mit Hilfe externer Experten, darunter auch Mendel, auf antisemitische Inhalte zu prüfen.

Er habe gedacht, es sollte darum gehen, die Kunstwerke zu begutachten und mit Ruangrupa in den Dialog zu treten, führte Mendel jetzt aus. „Aber nach mehr als zwei Wochen ist weder das eine noch das andere passiert.“ Auch die Idee zur Gründung eines hochkarätig besetzten Beirats aus Antisemitismusexperten sei abgelehnt worden. „Mir drängt sich der Eindruck auf, dass hier auf Zeit gespielt werden sollte, bis die documenta fifteen vorüber ist.“