Tunesiens Präsident legt neuen Verfassungsentwurf vor

Tunesiens Präsident Kais Saied hat eine überarbeitete Fassung eines Entwurfs für eine neue Verfassung vorgelegt, die seine Macht zementieren soll. In dem in der Nacht auf heute im Amtsblatt des nordafrikanischen Staates veröffentlichten Entwurf wurden zwei Artikel zur Rolle des Islam und zu Rechten und Freiheiten überarbeitet.

In Artikel 5 wird in dem Abschnitt, wonach Tunesien „Teil der islamischen Gemeinschaft“ sei und der Staat „auf ein Erreichen der Ziele des Islams“ hinarbeiten müsse, die Formulierung „innerhalb eines demokratischen Systems“ eingefügt.

In Artikel 55 heißt es fortan, dass die in der Verfassung garantierten Rechte und Freiheiten nur durch ein Gesetz oder eine „von einer demokratischen Ordnung auferlegten Notwendigkeit“ eingeschränkt werden dürften. Rechte dürfen außerdem nur eingeschränkt werden, um die Rechte anderer zu schützen oder für die „öffentliche Sicherheit, die nationale Verteidigung oder die öffentliche Gesundheit“.

Referendum am 25. Juli

Die tunesische Bevölkerung soll am 25. Juli per Referendum über die neue Verfassung abstimmen. Der bisherige Artikel 5 war von Verfechtern einer Trennung von Staat und Religion kritisiert worden. Er hatte außerdem Befürchtungen vor einer Diskriminierung anderer religiöser Gruppen geweckt.

Im dem überarbeiteten Verfassungsentwurf gibt sich Präsident Saied aber weiter umfassende Macht – eine klare Abkehr vom 2014 eingeführten parlamentarischen System. So hat der Präsident die Regierungsgewalt inne und wird dabei von einem Regierungschef unterstützt, den er ernennt und der nicht auf das Vertrauen des Parlaments angewiesen ist. Die Rolle des Parlaments wird durch die neue Verfassung deutlich begrenzt.