Montenegro: Regierungskrise nach wenigen Monaten

Nach nur dreieinhalb Monaten im Amt steuert Montenegros Regierung auf eine Krise zu. Die Demokratische Partei der Sozialisten (DPS) von Staatspräsident Milo Djukanovic will dem Kabinett von Ministerpräsident Dritan Abazovic die Unterstützung entziehen. Dies beschloss das Präsidium der DPS gestern, wie Medien in der Hauptstadt Podgorica berichteten.

Der Schritt erfolgte, nachdem die Regierung am Freitag den umstrittenen Entwurf eines Kirchenvertrages mit der serbisch-orthodoxen Kirche in Belgrad angenommen hatte. Abazovic, der die ökoliberale Kleinpartei URA anführt, steht an der Spitze einer Minderheitsregierung, die bisher von der DPS geduldet wird, der aber auch mehrere proserbische Minister angehören.

Montenegro: Regierung vor dem Aus

Nach nur dreieinhalb Monaten steht die Minderheitsregierung in Montenegro schon wieder vor dem Aus. Die Regierung von Premier Abazovic hat keine Unterstützung der Sozialisten mehr, das haben diese heute angekündigt. Der Premier, der eine ököliberale Kleinpartei führt, will das Land als ersten Westbalkan-Staat in die EU führen. Dafür muss Montenegro vor allem an der Rechtsstaatlichkeit und gegen die Korruption arbeiten.

Kirche unter serbischem Einfluss

Die meisten Gläubigen in dem kleinen Balkanland gehören der serbisch-orthodoxen Kirche an, die von Belgrad aus gelenkt wird. Deren Führung hat sich mit der staatlichen Unabhängigkeit Montenegros nie wirklich abgefunden. Die ehemalige jugoslawische Teilrepublik wurde 2006 – damals im Einvernehmen mit dem serbischen Staat – unter der Führung von Djukanovic unabhängig.

Der Politveteran bestimmte mehr als 30 Jahre lang in wechselnden Funktionen die Politik in Montenegro. Bei der Parlamentswahl im August 2020 erlitt jedoch seine DPS eine Niederlage. Seitdem ist seine Macht deutlich eingeschränkt.

Zwar verfügt die DPS immer noch über die relativ größte Fraktion im Parlament. Doch ihr und ihren prowestlichen Verbündeten fehlt die absolute Mehrheit von 41 von 80 Abgeordneten, um ein Misstrauensvotum gegen die Regierung Abazovic durchzubringen. Die DPS ist im 81-Sitze-Parlament mit 28 Abgeordneten vertreten, weitere drei kommen aus den Reihen der Sozialdemokratischen Partei. Die Regierung von Abazovic war Ende April im Parlament noch mit Stimmen von 46 Abgeordneten bestätigt worden.