Regierung gibt nach Raffinerieunfall weitere Ölreserven frei

Die Regierung gibt nach dem OMV-Raffinerieunfall in Schwechat weitere Erdölreserven frei. Gestern Abend beschloss der Hauptausschuss des Nationalrats, weitere 100.000 Tonnen Diesel und 45.000 Tonnen an Halbfertigfabrikaten freizugeben. „Die Versorgungssicherheit der Menschen in Österreich hat absolute Priorität“, so Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne).

Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS genehmigte der Hauptausschuss die Verordnung der Energieministerin zur Freigabe von Pflichtnotstandsreserven, berichtete die Parlamentskorrespondenz gestern Abend. Die Erdölpflichtnotstandsreserve reduziere sich damit um weitere 5,8 Tage.

Es sei klar, dass man mit den Ölreserven in so schwierigen Zeiten äußerst vorsichtig umgehen müsse, so Gewessler im Ausschuss. Aufgrund unvorhergesehener Ereignisse könne die OMV aber die kontinuierliche Versorgung des Treibstoffmarktes in den kommenden Monaten nicht gewährleisten.

OMV-Expertin: Größte Krise in Geschichte der Raffinerie Schwechat

Eine Expertin der OMV berichtete im Hauptausschuss über den Unfall in der Raffinerie Schwechat und dessen Folgen für den heimischen Mineralölkonzern. Es handle sich um die größte Krise in der Geschichte der Raffinerie Schwechat, sagte sie. Die Reparatur der Anlage laufe derzeit in einem Dreischichtbetrieb.

Man sei zuversichtlich, dass spätestens Ende September mit dem Hochfahren der Anlage begonnen werden könne. Ein Vertreter der Erdöllagergesellschaft erklärte im Ausschuss, dass die freizugebende Menge sehr schnell in den Markt gebracht werden könne, weil sie zu großen Teilen bereits in den Tanklagern der OMV bzw. der anderen Vertragspartner lagere.

Die OMV kämpft mit weiteren Problemen bei der Ölbeschaffung. Die Deutsche Bahn habe zugesicherte Zugstransporte kurzfristig storniert und noch nicht neu geplant, und aufgrund eines Blitzschlags falle eine Dieselquelle in Deutschland aus, so das Energieministerium. 200.000 Tonnen Halbfabrikate könnten aufgrund ihrer Qualität nicht verpumpt werden und im Hafen Koper (Slowenien) komme es zu Personalausfällen.

Opposition mit viel Kritik

Die FPÖ forderte von der Regierung, eine Garantieerklärung für die rasche Wiederbefüllung von Österreichs Treibstoff- und Heizölreserven abzugeben sowie die „Garantie einer Abkehr von der für Österreich ruinösen Sanktionspolitik gegen Russland“, so FPÖ-Chef Herbert Kickl laut einer Aussendung. Andernfalls werde die FPÖ einer weiteren Auflösung von Pflichtnotstandsreserven nicht zustimmen.

NEOS-Energiesprecherin Karin Doppelbauer kritisierte, dass mit der Verordnung im Hauptausschuss nur der Ausfall der OMV-Raffinerie behoben werde, es würden aber die wesentlichen Fragen unbeantwortet bleiben. „Wie können wir die Abhängigkeit von russischem Gas möglichst rasch reduzieren und was wird unternommen, wenn Putin den Gashahn von heute auf morgen zudreht? Was ist der Plan?“, fragte Doppelbauer.

Die SPÖ hatte in einer eilig einberufenen Pressekonferenz gewarnt, dass Diesel knapp würde, und sich dabei auf ein ihr vorliegendes Schreiben des OMV-Vorstands an Gewessler vom 23. Juni 2022 berufen. Darin ist von „ernsthaften Versorgungsengpässen“ die Rede, wenn nicht weitere Reserven freigegeben werden.