Karte zeigt die Handelsrouten zwischen Russland und Indien
Karte: OSM/ORF.at; Quelle: tribuneindia.com
Neue Handelsroute

Russlands Abkürzung nach Indien

Der Handel zwischen Russland und Indien soll künftig schneller und billiger werden. Möglich gemacht wird das durch eine weitaus kürzere Route über den Iran. Der Iran soll auch die Drehscheibe für den Handel werden. Die Abkürzung soll den alten umständlichen Handelsweg über Mittelmeer und Atlantik ersetzen. Hintergrund für den schnelleren Korridor sind unter anderem auch die Sanktionen gegen Russland.

Nicht Russland, sondern Indien machte Anfang Juli in Gesprächen auf höchster Ebene Druck auf den Iran, um den für den Handel bestimmten Korridor durch das Land auszubauen, wie die indische „The Tribune“ schreibt. Insgesamt soll der International North-South Transportation Corridor (INSTC) zwischen Russland und Indien 7.200 Kilometern lang sein. Einer der Endpunkte ist der Hafen Nhava Sheva in der Region der indischen Metropole Mumbai. Der Transport auf dem INSTC wird teils mit Schiffen, teils auf der Straße und mit der Eisenbahn durchgeführt, wie die US-Wirtschaftsseite Quartz schreibt.

Dutzende Länder, darunter ehemalige Sowjetrepubliken wie etwa Armenien, Aserbaidschan und Georgien sollen eben neben dem südlichen Russland von der neuen INSTC-Route profitieren, heißt es weiter. Probefahrten hat es schon gegeben. Auf der neuen Transitroute brauchen die Waren nur rund 25 Tage, bis sie am Ziel ankommen, die alte Route über Atlantik, Mittelmeer und Sueskanal dauerte laut Quartz mit 40 bis 45 Tagen um fast das doppelte mehr. Die Einsparungen bei den Transportkosten werden mit rund einem Drittel angegeben.

Karte zeigt die Handelsrouten zwischen Russland und Indien
Karte: OSM/ORF.at; Quelle: tribuneindia.com
Die alte Route von Russland nach Indien im Vergleich mit der INSTC-Route

Russische Spedition setzt auf neue Route

Die neue Route lässt nicht nur das Nadelör Sueskanal aus, sie ist auch eine Alternative, um die Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Krieges zu umgehen, da sie eben nicht von westlichen Ländern dominiert wird. So sind alle Länder auf der Route keine Unterstützer der westlichen Sanktionen, so „The Tribune“.

Die Handelsbeziehungen in der Region waren bisher nicht nur durch die Sanktionen gegen Russland, sondern auch durch die Sanktionen gegen den Iran unterbrochen, heißt es weiter. Die russische Logistik- und Transportfirma RZD Logistics hat laut „Economic Times“ bereits ihre Arbeit auf der Route aufgenommen und schickt ganze Containerzüge von Russland nach Indien via Kasachstan und Turkmenisten und durch den Iran über die östliche Route der INSTC nach Indien.

ein LKW im Hafen von Tschahbahar, Iran
APA/AFP/Atta Kenare
Ein Lkw im Hafen von Chabahar im Iran

Hafen im Iran als wichtige Drehscheibe

Indien will auch, dass der iranische Hafen Chabahar im Golf von Oman, bei dessen Bau Indien eine große Rolle spielte, in das INSTC-Netz eingebunden wird. Mit dem Hafen soll auch Afghanistan Zugang zum Meer verschafft werden. Man erhofft sich dadurch langfristig auch billigere und mehr Rohstoffe aus dem Land unter der Herrschaft der radikalislamischen Taliban. Nach den Wünschen Indiens soll der Hafen Chabahar sich zum kommerziellen Transitknotenpunkt der Region entwickeln.

Mit der Integration des Hafens will Indien auch mehre Fliegen mit einer Klappe schlagen. Gute Beziehungen zum Iran sind für Indien wegen der Abhängigkeit von iranischen Rohöl äußerst wichtig. Und der Iran ist auch geografisch wichtig, da er eine alternative Route nach Afghanistan und Zentralasien bietet und dabei den indischen Erzfeind Pakistan umgeht.

Indien will mehr in Russland einkaufen

Der Handel Indiens mit Russland erreichte 2021 rund zwölf Milliarden Dollar, so die Webseite Germany Trade and Invest (GTAI). Im Zuge des von Russland geführten Angriffskrieges mit der Ukraine hat sich der Wert bei Öl und anderen Rohstoffen verdoppelt. Und Indien will noch mehr in Russland einkaufen. Mit der neuen Route kommen die Waren auch schneller ans Ziel.

Arbeiter verladen Güter im Hafen von Tschahbahar, Iran
APA/AFP/Atta Kenare
Arbeiter verladen Güter im iranischen Hafen Chahbahar

Das mit knapp 1,4 Milliarden Menschen zweitbevölkerungsreichste Land hinter China hat den russischen Krieg gegen die Ukraine nicht offiziell verurteilt. Bei UNO-Abstimmungen zur Verurteilung von Moskaus Vorgehen enthielt sich Neu-Delhi – zur Freude und voll des Lobes Russlands.

Rohölimport bereits verfünzigfacht

Daher wird etwa auch verbilligtes russisches Öl nach Indien nach einer Visite des russischen Außenministers Sergej Lawrow im April verkauft. Indien hat allein in den vergangenen Wochen bereits die Einfuhr russischen Öls deutlich ausgebaut. So sollen im Juni täglich ein bis 1,2 Millionen Barrel russischen Rohöls nach Indien gegangen sein. Das ist das rund 50-Fache der Menge, die Indien vor dem Krieg in der Ukraine gekauft hat. Laut der Mitteilung ist auch der Austausch von landwirtschaftlichen Produkten deutlich angestiegen.

Es wird erwartet, dasa Indien dieses Jahr mehr Artikel aus Russland importiert als in den Vorjahren, Hintergrund sich auch aus politischen Gründen von Moskau großzügig gewährte Rabatte, hieß es in Folge des Lawrow-Besuchs. Der Nutzen dieser erweiterten Handelsbeziehung ist ein beidseitiger.

der indische Premierminister Narendra Modi
Reuters/Yuichi Yamazaki
Der indische Premierminister Narendra Modi sieht gute Geschäfte mit Russland

Putin als oberster Verkäufer

Während Indien billiger Waren bekommt, verschafft das Land damit Russland Devisen und es dient auch als Beispiel dafür, warum der russischen Präsident Wladimir Putin neben der Gaskeule für Europa davon ausgeht, den westlichen Sanktionen auch längerfristig widerstehen zu können. Indien hat sowohl gute Beziehungen zu Russland wie auch zum Westen. Doch mehr als die Hälfte der indischen Militärausrüstung stammt aus Russland.

der russische Präsident Vladimir Putin
APA/AFP/Mikhail Klimentyev
Der russische Präsident Wladimier Putin betätigt sich auch als oberster Verkäufer seines Landes

In einem Telefonat mit Indiens Premierminister Narendra Modi Anfang Juli betätigte sich Putin als oberster russischer Verkäufer und pries Russland als zuverlässigen Lieferanten an. Der Lebensmittelweltmarkt sei durch die Fehler einiger Länder und die „illegalen Sanktionen gegen Russland“ ins Wanken geraten, doch „Russland war und bleibt ein zuverlässiger Produzent und Lieferant von Getreide, Düngemitteln und Energieträgern, darunter auch für die indischen Partner“, hieß es in einer Kreml-Mitteilung Anfang Juli.

Das Büro von Modi teilte mit, dass die beiden Männer Ideen ausgetauscht hätten, wie der bilaterale Handel bezüglich Landwirtschaftsgütern, Dünger und Pharmaprodukten gefördert werden könnte.

Russlands Hinwendung nach Asien

Zwischen Russland und dem Westen gibt es einen großen Streit über die Schuld an einer drohenden Hungerkrise aufgrund der steigenden Lebensmittelpreise. Die westlichen Staaten sehen den russischen Angriff auf die Ukraine und die Blockade der ukrainischen Getreidelieferungen als einen Hauptgrund. Putin wiederum macht westliche Sanktionen dafür verantwortlich.

Russland will sich wegen des Konflikts mit dem Westen überhaupt mehr nach Asien wenden. Vor allem mit Öl und Gas will man in Asien punkten, wie schon bei der Annexion der Halbinsel Krim 2014 verkündet. Allein die große Infrastruktur etwa für Gaslieferungen nach China fehlt noch. Experten und Expertinnen schätzen, dass der Aufbau der Infrastruktur Jahre dauern könnte. Der neue kürzere Weg nach Indien ist für Russland allerdings ein wichtiger Schritt, seine Präsenz auf den asiatischen Märkten ausbauen zu können.