U-Ausschuss: Sobotka kennt „Projekt Ballhausplatz“ aus Medien

Im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss ist heute, in der vorletzten Sitzung vor der Sommerpause, Wolfgang Sobotka (ÖVP) als Auskunftsperson geladen. Dafür tauschte er, wie schon früher im „Ibiza“-U-Ausschuss, den Sessel des Vorsitzenden mit jenem der Auskunftsperson.

Die Opposition konzentriert sich dabei hauptsächlich auf Inseraten-, Auftrags- und Postenvergaben im Innenministerium unter Sobotka, die sie als rein parteipolitisch motiviert ansieht. Dazu stehen etwa Sobotkas Interventionsliste und die „Innenministeriumschats“ im Fokus. Sobotka sei ein Teil des „türkisen Machtzirkels“ gewesen, so etwa die grüne Fraktionsvorsitzende Nina Tomaselli. Dieser habe versucht, „das ganze Land zu täuschen“, mit Inseraten Meinungen zu beeinflussen sowie „mit guten Aufträgen für noch bessere Freunde“.

Sobotka wollte zu Beginn der Befragung keine eigene Stellungnahme abgeben. Von Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl wurde er befragt, inwiefern er über das „Projekt Ballhausplatz“ Bescheid wisse. „Nur aus den Medien“, so Sobotka. Es sei ja nicht einmal bekannt, wer Autor dieses Projektes sei.

Wolfgang Sobotka beim ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss am 13.07.2022
ORF.at/Peter Pfeiffer

Mit den in seiner Zeit geschalteten Inseraten habe er nichts zu tun gehabt, sagte Sobotka in der von zahlreichen Geschäftsordnungsdebatten geprägten Sitzung. Das sei im Aufgabenbereich der Öffentlichkeitsarbeit in Zusammenarbeit mit der zuständigen Fachabteilung gelegen. Dass eine ÖVP-nahe Kommunikationsabteilung in seiner Zeit zahlreiche Aufträge bekommen habe, rechtfertigte Sobotka damit, dass es eine Vielzahl an Agenturen gegeben habe, „das war nicht die einzige“.

Sobotka will nicht in Budapest interveniert haben

Die Grünen wollten wissen, ob Sobotka 2016 bei Ungarns Premier Viktor Orban interveniert habe, um dem damaligen Kanzler Christian Kern (SPÖ) zu schaden. Kern versuchte damals, mit Orban ein Abkommen herbeizuführen, damit Geflüchtete nicht von Ungarn nach Österreich „durchgewunken“ werden. Sobotka soll das verhindert haben, sagte Kern vor einigen Wochen.

Das sei falsch, antwortete Sobotka. Als Innenminister sei es in seinem Interesse gewesen, dass weniger Geflüchtete das Land betreten. „Ich habe weder Orban angerufen noch sein Büro oder irgendwelche Wünsche dahingehend geäußert.“

Sechs Verfahren, fünf eingestellt

Es habe insgesamt sechs Verfahren gegen ihn gegeben, sagte Sobotka, vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs bis hin zur Falschaussage. „Fünf davon sind eingestellt worden.“ Jenes zum Fall Andrea Jelinek – sie soll von der ÖVP als Wiener Vizelandespolizeidirektorin verhindert worden sein – laufe noch. Er werde dabei als Beschuldigter geführt. Entschlagen wolle er sich – obwohl er es dürfte – aber nicht.

Dass ihm Kabinettschefs Michael Kloibmüller zu der Postenbesetzung schrieb, es sei alles „eingehängt“, und Sobotka mit „Ok“ antwortete, sei als „Macht es so, wie es eben ‚State of the Art‘ ist“ zu verstehen. „Ich kann hier keine Unterstellungen gebrauchen“, sagte Sobotka zur NEOS-Abgeordneten Stephanie Krisper. Ähnlich auskunftsfreudig blieb Sobotka auch bei Fragen zu Geldflüssen rund um das Alois-Mock-Institut und zu möglicher Einflussnahme auf den „Ibiza“-U-Ausschuss – auch weil viele Fragen als unzulässig erklärt wurden.

Es dauerte aber nicht lange, bis die Opposition auf Sobotkas Interventionsliste, die durch Chats bekanntwurde, zu sprechen kam. Es habe mehr als 1.000 Postenbesetzungen gegeben, so Sobotka. Dabei sei er, soweit er sich erinnere, stets den Vorschlägen der zuständigen Personalkommissionen gefolgt. Eine solche Liste habe den Sinn, Namen, Anliegen und Vorgangsweise festzuhalten, es sei eine Art „Dienstleistungsgedanke“ dahintergestanden. Wünsche seien immer wieder an ihn herangetragen worden, er habe diese nur weitergegeben und gehe auch hier davon aus, dass die Vorgänge rechtens abgehandelt worden seien.

Korruptionsbekämpfer geladen

Nach Sobotka sind der geschäftsführende Direktor des Bundesamtes zur Korruptionsbekämpfung (BAK) und eine pensionierte Beamtin des BAK geladen. Das BAK übernahm die Ermittlungen, nachdem die WKStA der „SoKo Tape“ das Vertrauen entzogen hatte. Zudem wollen die Abgeordneten der Frage nachgehen, warum das BAK damals im Mai 2019 bei Beginn der Ermittlungen zugunsten der „Soko Tape“ ausgebootet wurde. Mit Ex-Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) als letzte Auskunftsperson vor der Sommerpause geht der U-Ausschuss morgen weiter.