der russische Präsident Wladimir Putin
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Iran und Venezuela

Putins Ölpreiskrieg als Bumerang

Russlands Verwendung von Gas und Öl als Waffe im Konflikt mit dem Westen, ausgelöst durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, könnte zu Spannungen mit den russischen Verbündeten Venezuela und dem Iran führen, wie nun die „New York Times“ schreibt. Denn aufgrund der Sanktionen „fischt“ Russland mit niedrigen Preisen im Markt der beiden ölproduzierenden Länder – und der Preiskrieg könnte als Bumerang auf Putin wieder zurückkommen, so die Zeitung weiter. Auch US-Präsident Joe Biden will in Sachen Öl gegen Russland mobilisieren.

Die konkurrenzlosen russischen Ölpreise etwa für Indien und China haben den Iran und Venezuela laut der Zeitung bereits dazu getrieben, ebenfalls großzügige Rabatte für ihr Rohöl zu gewähren. Laut Ölanalysten und -händlern versuchen die beiden Länder damit, an den wenigen verfügbaren Verkaufsstellen für ihre eigenen sanktionierten Exporte festzuhalten.

Und obwohl die beiden Länder offiziell immer wieder ihre engen und guten Verbindungen zu Russland und Kreml-Chef Wladimir Putin betonen, sind Experten in der „New York Times“ skeptisch. Sie gehen davon aus, dass der Ölpreiskampf die beiden Länder gehörig in die Bredouille bringen wird, und erwarten zunehmende Spannungen mit Moskau. Putin indes geht in die Offensive und will seine Allianzen retten.

Ölbohrinsel in Venezuela
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Eine Ölbohrinsel in Venezuela

Kreml-Chef reist nach Teheran

Am Dienstag gab der Kreml bekannt, Putin werde in der kommenden Woche in den Iran reisen und dort neben seinem iranischen Pendant Ebrahim Raisi auch den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan treffen. Es ist Putins zweite offiziell bekannte Auslandsreise seit Russlands Einmarsch in die Ukraine Ende Februar. Offiziell soll es bei dem Treffen der drei Staatschefs um eine Verbesserung der Lage im Bürgerkriegsland Syrien gehen. Experten in der „New York Times“ erwarten allerdings auch, dass der Ölhandel inoffiziel etwa bei einem Gespräch mit Raisi thematisiert wird.

Der russische Krieg in der Ukraine hat bereits seine Schatten auf die Gespräche geworfen. Putin wird bei seinem bevorstehenden Iran-Besuch laut Kreml mit Raisi nicht über einen möglich Erwerb von Kampfdrohnen sprechen. „Nein“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch der Agentur Interfax zufolge auf eine entsprechende Frage von Journalisten. Auf die Nachfrage, wie es grundsätzlich um eine mögliche Lieferung unbemannter Luftfahrzeuge stehe, antwortete Peskow: „Dazu geben wir keinerlei Kommentare ab.“

Blick über Teheran
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Ein Blick auf die iranische Hauptstadt Teheran

„Zusammenarbeit auf technologischer Ebene“

Am Montag hatten die USA erklärt, ihnen lägen Hinweise vor, dass der Iran Russland bei den Kämpfen gegen die Ukraine unterstützen wolle. Diesen Angaben zufolge bereite sich die iranische Regierung darauf vor, mehrere hundert Drohnen bereitzustellen – darunter auch solche, die Waffen transportieren können. Der Iran wies die US-Darstellung zurück. Es gebe zwischen Russland und dem Iran zwar eine Zusammenarbeit auf technologischer Ebene, hieß es aus Teheran. Diese habe aber schon lange vor dem Ukraine-Krieg begonnen.

Offiziell gibt sich der Iran mit Blick auf Putins Ende Februar begonnenen Krieg gegen die Ukraine neutral. Doch die Sympathien der iranischen Führung für Russland sind bekannt. Die Beziehungen des Iran zum flächenmäßig größten Land der Erde sind in den vergangenen Jahren immer enger geworden – insbesondere seit 2018, als die USA unter ihrem damaligen Präsidenten Donald Trump aus dem Wiener Atomabkommen ausstiegen. Aufgrund von US-Sanktionen konnte der Iran zudem militärische Ausrüstung fast nur noch aus Russland beziehen.

US-Präsident Joe Biden
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US-Präsident Joe Biden versucht, die globale Ölproduktion anzukurbeln

US-Gespräche über Ölgeschäft mit Venezuela

In Sachen Venezuela ist indes offenbar kein hochrangiger russischer Besuch offiziell geplant. Der Wettbewerb auf dem Ölmarkt scheint allerdings laut der „New York Times“ Venezuela dem Westen ein wenig näher gerückt zu haben. So führt laut der Zeitung der letzte in dem Land verbliebene US-Ölproduzent Chevron Gespräche mit der venezolanischen Regierung. Die „New York Times“ verweist bei ihren Angaben auf venezolanische Ölmanager und lokale Beamte.

Jedes mögliche Geschäft mit der Regierung in Caracas, um mehr Rohöl auf den Weltmarkt zu bringen, würde den USA helfen, die immer weiter steigenden Weltmarktpreise für Öl zu reduzieren und den wirtschaftlichen Schaden für die westlichen Volkswirtschaften durch den Ukraine-Krieg zu verringern, so die Zeitung weiter. „Der Krieg zeigt, dass Länder Interessen, nicht Feinde oder Freunde, haben“, so die Conclusio von Francisco Monaldi, einem venezolanischen Experten für Ölpolitik an der Rice University, in der „New York Times“.

der saudische Prinz Mohammed bin Salman
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Der saudische Kronprinz und de facto Herrscher Mohammed bin Salman

Biden will Saudis zu mehr Ölproduktion drängen

Neben Putin ist auch US-Präsident Joe Biden auf seiner Nahost-Reise in Sachen Öldiplomatie unterwegs. Am Samstag will Biden den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, der de facto Herrscher Saudi-Arabiens ist, treffen. Ein Thema seiner Gespräche in Saudi-Arabien werden die hohen Ölpreise infolge des Ukraine-Krieges sein. Biden will Saudi-Arabien dazu bringen, mehr Öl zu exportieren, um den Ölpreis zu drosseln und die Inflation in den USA zu dämpfen. Das Treffen wird bereits im Vorfeld heftig kritisiert.

Noch als Präsidentschaftskandidat hatte Biden gesagt, die Ermordung des saudi-arabischen Journalisten und Regierungskritikers Jamal Khashoggi 2018 habe Saudi-Arabien zu einem „Paria“ gemacht. Nach Erkenntnissen der US-Geheimdienste hatte Kronprinz Mohammed bin Salman den Mordplan angeordnet.