Kommission: Rechtsstaat in Polen und Ungarn weiter mangelhaft

Trotz jahrelangen Drucks auf Polen und Ungarn attestiert die EU-Kommission beiden Ländern weiter gravierende Defizite bei Demokratie und Grundrechten. Die Kommission prangert in ihrem heute veröffentlichten Rechtsstaatlichkeitsbericht erneut eine mangelnde Unabhängigkeit der Justiz in Polen an und rügt „hochrangige Korruptionsfälle“ in Ungarn. Wegen ausbleibender Fortschritte steht aber auch die EU-Kommission selbst in der Kritik.

In Polen bemängelt die Kommission seit Jahren die Einflussnahme der nationalkonservativen Regierungspartei PiS auf die Justiz. Zugeständnisse machte Warschau erst, nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) im November eine tägliche Millionenstrafe verhängt hatte, die sich nach Brüsseler Angaben inzwischen auf 300 Millionen Euro summiert.

Am Freitag tritt in Polen ein Gesetz zur Abschaffung der umstrittenen Disziplinarkammer in Kraft, die missliebige Richter entlassen oder betrafen kann. Das reicht der EU-Kommission zufolge jedoch nicht aus, um die Gewaltenteilung zu garantieren.

Ungarn wird zudem des Missbrauchs von EU-Geldern verdächtigt. Die EU-Kommission hatte deshalb im Februar kurz nach der Wiederwahl von Regierungschef Viktor Orban ein Sanktionsverfahren eingeleitet, das zur Kürzung von EU-Subventionen führen kann.

Kritik auch an Kommission selbst

Wegen der mangelnden Fortschritte steht die Kommission als Hüterin der europäischen Verträge aber auch selbst in der Kritik: „Bei der PiS-Regierung in Polen und Viktor Orban in Ungarn lässt die EU-Kommission eine deutliche Sprache vermissen“, kritisierte die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katharina Barley (SPD).

EU-Justizkommissar Didier Reynders wies den Vorwurf zurück: Seine Behörde werde „weiter alle zur Verfügung stehenden Instrumente“ gegen die beiden Länder nutzen, betonte er. Vizekommissionspräsidentin Vera Jourova sagte, vor allem bei der Vergabe der milliardenschweren EU-Haushaltsmittel sei die Behörde „wachsam“.