Weizenähren in den Händen eines Bauern
AP/Efrem Lukatsky
Getreidekrise

Zuversicht nach jüngster Gesprächsrunde

Nach der jüngsten Gesprächsrunde zur Lösung der Getreidekrise herrscht Zuversicht auf eine baldige Lösung. Bei einem Treffen von Vertretern der Ukraine, Russland, der Türkei und der Vereinten Nationen sei ein erster Durchbruch erzielt worden, sagte UNO-Generalsekretär Antonio Guterres Mittwochabend. Auch Ankara vermeldete eine Einigung.

Bei den Gesprächen in Istanbul sei ein „entscheidender Schritt“ in Richtung einer Lösung vorgenommen worden, sagte Guterres in New York. „Heute haben wir endlich ein bisschen Hoffnung.“ Details teilte Guterres nicht mit. Er sagte aber: „Es wird noch mehr technische Arbeit notwendig sein, damit sich der heutige Fortschritt materialisiert.“

Der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar sagte, eine entsprechende Vereinbarung werde nächste Woche bei einem erneuten Treffen aller Parteien unterzeichnet. Die Parteien hätten sich auf gemeinsame Kontrollen zur Überprüfung des Getreides in den Schwarzmeer-Häfen und auf die Errichtung eines Koordinationszentrums geeinigt. So könnten die Sicherheit der Meeresrouten garantiert und die Lieferungen der Schiffe kontrolliert werden, so Akar.

UNO: Hoffnung auf Lösung in Getreidekrise

Die Vereinten Nationen berichten von einem „Fortschritt“ bei den ersten persönlichen Gesprächen zwischen Russland und der Ukraine seit Monaten über einen Plan zur Aufhebung der Blockade des ukrainischen Getreideexports.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht gute Chancen, dass die blockierten Getreideexporte bald freigegeben werden. „Die ukrainische Delegation hat mir mitgeteilt, dass es einige Fortschritte gibt“, sagte Selenskyj am Mittwoch in seiner täglichen Videoansprache. Gelinge es, die russische Bedrohung der Schifffahrt im Schwarzen Meer zu beseitigen, werde die globale Lebensmittelkrise an Schärfe verlieren, versicherte Selenskyj.

Kuleba: Einigung in Reichweite

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba sah ebenfalls eine Einigung in Reichweite. „Wir sind bereit, Getreide auf den internationalen Markt zu exportieren“, sagte Kuleba der spanischen Zeitung „El Pais“. Man sei „zwei Schritte“ von einer Vereinbarung entfernt. Kuleba sagte, die Sicherheitsbedenken in Zusammenhang mit der russischen Position müssten berücksichtigt werden. „Wir befinden uns in der Endphase, und jetzt hängt alles von Russland ab.“

ORF-Korrespondentin Wagner zu Getreideverhandlungen

Die Ukraine liefert üblicherweise rund fünf Millionen Tonnen Getreide pro Monat in die Welt. Doch nun blockiert Russland die Häfen und Millionen Tonnen Weizen stecken fest.

Auf die Frage, warum Russland einer Vereinbarung zustimmen könnte, antwortete Kuleba, er vermute, dass die Führung in Moskau den Ländern in Afrika und Asien ihre Bereitschaft demonstrieren wolle, sie vor Nahrungsmittelknappheit zu bewahren. Allerdings sei es immer noch denkbar, dass Russland die Gespräche verlasse.

Moskau: „Paket von Vorschlägen“ vorgelegt

Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums legte die Delegation aus Moskau „ein Paket von Vorschlägen zur schnellstmöglichen praktischen Lösung dieser Frage vor“. Wie dieses Paket aussehen soll, ließ Armeesprecher Igor Konaschenkow am Mittwoch allerdings offen.

Seit Beginn der russischen Invasion am 24. Februar und der Blockade ukrainischer Häfen sind die Preise für Getreide, Speiseöl, Treibstoff und Düngemittel drastisch gestiegen. Da die Ukraine einer der größten Weizenlieferanten weltweit ist, hat die Unterbrechung ihres Exportes zu einer Nahrungsmittelkrise geführt. Die Vereinten Nationen warnten zuletzt schon vor der größten Hungersnot seit Jahrzehnten.

Türkei und UNO sollen Schiffe inspizieren

Militärdelegationen Russlands, der Ukraine und der Türkei sollten in Istanbul mit UNO-Vertretern darüber beraten, wie sichere Exporte ukrainischen Getreides aus dem ukrainischen Schwarzmeer-Hafen Odessa ermöglicht werden können.

Russland hat der Ukraine vorgeworfen, eine Einigung zu verhindern. Diplomatischen Kreisen zufolge wird über Geleitschiffe beraten, die die Getreideschiffe durch die verminten Gewässer rund um den Hafen von Odessa führen sollen.

Die Türkei soll zudem die Frachtschiffe mit Unterstützung der UNO inspizieren, um russische Bedenken auszuräumen, es könnten auf diesem Wege Waffen in die Ukraine geschmuggelt werden. Mehr als 20 Millionen Tonnen Getreide lagern in den Silos in Odessa. Es fehlt nicht nur auf dem Weltmarkt, sondern gefährdet auch die kommende Ernte, da der Ukraine der Lagerraum ausgeht.