Margarete Schramböck beim ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss
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ÖVP-U-Ausschuss

Schramböck „nicht involviert“ in Details

Als letzte Auskunftsperson vor der Sommerpause ist am Donnerstag Margarete Schramböck im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss befragt worden. Die ehemalige Wirtschaftsministerin konnte inhaltliche Fragen etwa zu Inseraten oder Vergabeprozessen in ihrem Haus nicht wirklich beantworten, zeigte sich von der Rechtmäßigkeit der Vorgänge in ihrem Ministerium aber überzeugt.

Schramböck, mittlerweile Unternehmensberaterin, verteidigte etwa auf Frage von Verfahrensrichterin Christa Edwards den von der Opposition kritisierten „Leitbildprozess“ als wesentlichen Weg, um das von ihr übernommene Ministerium für Wirtschaft und Digitalisierung neu aufzustellen. Einige Ressorts seien weggekommen, andere neu dazugekommen, bei der Neuaufstellung sollten möglichst viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mitgenommen werden. Ziel sei es gewesen, die Zusammenarbeit und Kultur zu stärken sowie die Serviceorientierung des Ministeriums klar darzustellen.

Sie sei beim Start und beim Abschluss des „Leitbildprozesses“ dabei gewesen und immer informiert worden, dass alles gut laufe. Sie sei aber nicht in jedes Detail involviert gewesen, sie könne etwa nicht sagen, wie viele Interviews genau geführt wurden, sagte Schramböck auf Fragen des ÖVP-Abgeordneten Christian Stocker. Ihr sei wichtig gewesen, dass alle Abteilungsleiter aktiv eingebunden waren, so die Auskunftsperson, es sollte keine Top-Down-Entscheidungen geben. Es sei ein „sehr intensiver Prozess“ gewesen.

Der „Leitbildprozess“ wurde von der früheren ÖVP-Familienministerin und Meinungsforscherin Sophie Karmasin durchgeführt und kostete mehr als 125.000 Euro. Der Output war laut Opposition aber mehr als dürftig. Thema der Befragung waren auch Postenbesetzungen. Dazu führte Schramböck aus, dass die sich an die Empfehlungen der eingesetzten Kommissionen immer gehalten habe. Sie habe keinen Einfluss genommen, beantwortete sie Fragen von Stocker. Mehrfach hinterfragt wurde auch die Bestellung von Michael Esterl zum Generalsekretär im Ministerium – er habe viel Erfahrung bei der Kooperation von Ministerien gehabt, so die Auskunftsperson. Als Quereinsteigerin sei er ihr als Kabinettschef vorgeschlagen worden. Es gebe kein „System Schramböck“, sondern ein „System Markt“.

Andreas Hager (ÖVP) und Christian Stocker (ÖVP)
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Stocker (links) fragte Schramböck auch zu Postenbesetzungen

Schramböck kümmerte sich um Strategie

Gefragt von NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper nach dem steigenden Inseratenvolumen unter ihrer Amtszeit antwortete die Auskunftsperson, dass sie dafür operativ nicht zuständig gewesen sei. „Ich kümmerte mich um die Strategie des Wirtschaftsstandortes“, so Schramböck. Es habe aber viel Bedarf an Kommunikation gegeben, einerseits wegen der CoV-Krise, dann wegen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, verteidigte sie die intensive Inseratentätigkeit des von ihr verantworteten Ministeriums.

Das viel kritisierte Projekt „Kaufhaus Österreich“ verteidigte Schramböck mit der Dringlichkeit durch die Schließungen des Einzelhandels im Zuge der CoV-Krise. Krisper legte eine E-Mail vor, in der Schramböcks Sprecher über eine Kooperation mit der „Krone“ sowie ein Paket mit der Wirtschaftskammer schreibt, wo einem redaktionellen Beitrag mit „Schaltungen“ nachgegangen werden sollte. Dazu habe sie keine Wahrnehmung, sie habe sich mit jedem einzelnen Prozess oder der Abwicklung nicht auseinandergesetzt, das hätten die jeweiligen Abteilungsleiter gemacht.

Margarete Schramböck beim ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss
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Schramböck hatte mehr das große Ganze im Blick

„Aktive“ Frau als Inseratensujet

Darauf hingewiesen, dass ihr eigener Sprecher der Absender war, meinte sie, es sei wichtig zu kommunizieren, das sei ja seine Aufgabe gewesen. Krisper wies dann darauf hin, dass es kurz nach einer entsprechenden Geschichte in der „Krone“ über das „Kaufhaus Österreich“ auch Inserate des damaligen Wirtschaftsministeriums gab – der Informationsgehalt des Inserats sei eher dürftig, so die Abgeordnete. Dem widersprach Schramböck: Hier sei Digitalisierung mit Wirtschaft verknüpft worden, Wachstum und Arbeitsplätze, sie wies auch auf die „aktive Frau“ als Sujet im Inserat hin.

Julia Herr (SPÖ) beim ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss
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Herr hinterfragte die vielen Umfragen des damaligen Wirtschaftsministeriums

Sie sei aber in Schaltungen und die Gestaltung von Kampagnen ebenfalls nicht involviert gewesen, iterierte Schramböck. Gefragt, warum sie, der es offenbar wichtig gewesen sei, dass alles konform ablaufe, relativ wenig über Details Bescheid wusste, sagte die Ex-Ministerin, ihr sei wichtig gewesen, dass Führungskräfte Eigenverantwortung haben. Die Kosten für das Projekt „Kaufhaus Österreich“ konnte Schramböck auf Nachfrage der Abgeordneten nicht nennen.

Bei Umfragen „nicht persönlich involviert“

Bei der Beauftragung von Umfragen sei sie ebenfalls „nicht persönlich involviert“ gewesen, so Schramböck weiter. Es habe viele Klausuren gegeben, sie könne sich erinnern, dass viele Vorschläge für Umfragen dabei aus dem eigenen Haus gekommen und vom Team – Kabinett und Ministerium – entwickelt worden seien. Sie habe die Umfragen auch nicht freigegeben, sagte sie auf Fragen der SPÖ-Abgeordneten Julia Herr. Sie habe auch keinen Auftrag zum „Frisieren“ von Umfragen etwa durch das Institut Demox gegeben: „Nein, ich nicht“, so Schramböck.

Herr wollte wissen, wer Umfragen schließlich freigab – Schramböck erklärte dazu, dass einerseits nach den Vergabekriterien des Bundes, andererseits nach internen Regeln des Ministeriums gehandelt wurde. Ergebnisse seien ihr vorgelegt bzw. präsentiert worden, meist in Klausuren. Alle Fragen habe sie sicher nicht gekannt. Sie gehe davon aus, dass etwa bei der Vergabe alle Richtlinien eingehalten wurden, das sei ihr neben der Qualität der Umfragen immer wichtig gewesen. Weitere Wahrnehmungen, dass etwa Umfragen des Ministeriums gemeinsam mit ÖVP-Umfragen durchgeführt wurden, hatte Schramböck nicht.

Umfragen als CoV-Steuerungsmittel

Warum 2020 – der erste Höhepunkt der CoV-Krise mit zahlreichen wochenlangen Schließungen – ihre Beliebtheitswerte als Ministerin laut Herr zehnmal in Umfragen abgefragt wurden, argumentierte Schramböck damit, dass Maßnahmen „immer ganz stark“ mit der Ministerin verbunden seien, und sie könne sich schon vorstellen, dass man das daher entsprechend abgefragt habe.

Dass Wirtschaftskammerchef Harald Mahrer auch abgefragt wurde, erklärte sie damit, dass er ein wichtiger Interessensvertreter sei. Als „gute Anregung“ bezeichnete sie schließlich den Hinweis, dass nach Vertretern bzw. Vertreterinnen der Arbeiterkammer nicht gefragt wurde. Sie sei bei der Erstellung der Umfragen aber „nicht involviert“ gewesen, wiederholte sie auch hier.

Nicht für Fragen zuständig

Gerade in der CoV-Krise seien Umfragen wichtig gewesen, je besorgter Menschen etwa seien, desto schlechter sei das für den Konsum, so Schramböck. Es sei aber nicht ihre Aufgabe als Ministerin gewesen, Fragen auszuarbeiten, ihre Aufgabe sei es gewesen, sich auf Basis der Umfragen vorzubereiten, etwa für ÖVP-Regierungsklausuren.

Sie könne sich schon vorstellen, dass sich mehrere Ministerien für die Stimmung in der Bevölkerung interessiert haben. Die ÖVP habe keinen Zugriff auf die Umfragen des Wirtschaftsministeriums gehabt, sondern Führungskräfte des Ministeriums und die Führung ihres Kabinetts.

FPÖ-Abgeordneter Christian Ries hinterfragte dann wie Herr die insgesamt 19 Abfragen der Beliebtheitswerte von Schramböck während ihrer gesamten Amtszeit. Wie die Umfragen dazu vergeben wurden, etwa komplett oder einzeln, konnte sie erneut nicht beantworten. Sie wisse auch nicht, wie die Vergabe für den „Leitbildprozess“ ablief und ob es eine Ausschreibung gab. Nicht alle Umfrageergebnisse seien auch präsentiert worden, führte Schramböck weiter aus.

Christian Ries (FPÖ)
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Warum Schramböck 19-mal ihre Beliebtheit abfragen ließ, wollte Ries (FPÖ) wissen

Studie „Digitaler Umbruch“ mit Blümel und Kocher

Die Fraktionsführerin der Grünen, Nina Tomaselli, fragte dann gezielt nach einer Umfrage namens „Digitaler Umbruch“ im Auftragswert von 46.000 Euro, in der unter anderem die Leistungen des damaligen ÖVP-Arbeitsministers Martin Kocher und Finanzministers Gernot Blümel (ÖVP) abgefragt wurden. Schramböck, auch bei der Erstellung dieser Umfrage „nicht persönlich involviert“, erklärte das damit, dass das Team wohl davon ausgegangen sei, dass die Befragten die Leistungen den richtigen Ministerien zuordnen können, deswegen habe man wohl die Ministernamen abgefragt.

Dass auch nach dem Lobautunnel in Wien und der Bodensee-Schnellstraße in Vorarlberg in der Umfrage „Digitaler Umbruch“ gefragt wurde, argumentierte die Auskunftsperson damit, dass diese auch für den Wirtschaftsstandort Österreich wichtig seien, was schließlich auch zum Thema Digitalisierung führe. Schramböck lobte dann auch das Projekt „Digitales Amt“ mit Kosten von 7,4 Mio. Euro, sie habe erst vor Kurzem ihr eigenes Unternehmen erfolgreich gegründet. Bei der PK zur Vorstellung, die rund 28.000 Euro gekostet hat, sei sie nicht involviert gewesen.

Margarete Schramböck beim ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss
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Schramböck betonte mehrfach, wie wichtig ihr das Einhalten von Regeln war bzw. ist

Förderungen „mit oder ohne“ Spindelegger

Herr hinterfragte dann eine Förderung für die Agency for Economic Cooperation and Development (AED), in deren Vorstand etwa der ehemalige ÖVP-Parteiobmann Michael Spindelegger und der für die ÖVP stark tätige Anwalt Werner Suppan sitzen. Dass für die Förderungen Rückstellungen im Ministerium aufgelöst wurden, sei ihr nicht erinnerlich. Es sei ein sauberer Prozess einzuhalten gewesen, egal ob mit oder ohne Spindelegger, AED-Projekte würden auch anderswo gefördert. Sie habe keinen Einfluss auf Förderungen gehabt, sagte sie davor gegenüber Stocker.

In einer Mail soll eine Mitarbeiterin geschrieben haben, dass auf „höherer Ebene“ interveniert wurde. Dazu, und was AED mit den Mitteln gemacht hat, konnte Schramböck nichts sagen. Herr legte einen Prüfbericht vor, wonach 136.000 Euro an ein AED-Vorstandsmitglied geflossen sind. Derzeit laufe eine ergänzende Prüfung, ob alle Abrechnungen vollständig und korrekt sind, die sie selbst in Auftrag gegeben habe, so Schramböck.