Tiefsee stärker mit Plastik belastet als angenommen

Der Meeresgrund der Tiefsee ist noch stärker mit Mikroplastik belastet als bisher angenommen. Zu diesem Schluss kamen deutsche Wissenschafter in einer Studie. In 2016 im westpazifischen Kurilen-Kamtschatka-Graben entnommenen Proben seien pro Kilogramm Sediment zwischen 215 und 1.596 der winzigen Plastik-Teilchen und damit mehr als zuvor nachgewiesen worden, teilte die Senckenberg Gesellschaft mit. Die große biologische Vielfalt im tiefsten Meer sei dadurch stark gefährdet.

Ein großer Teil des Plastikmülls in den Meeren wird von Land eingetragen, über die Flüsse oder Abwasser. Größere Plastikteile werden im Laufe von Jahrzehnten zu immer kleineren Teilen zerrieben. Der Müll sammelt sich teils in riesigen Teppichen an der Oberfläche der Meere, der Großteil jedoch sinkt ab – bis hinunter in maritime Gräben in Tausenden Metern Tiefe.

„Wir haben insgesamt 13 Proben an sieben verschieden Stationen des Grabens genommen, in Tiefen zwischen 5.740 und 9.450 Metern. Keine einzige davon war frei von Mikroplastik“, berichtete die Meeresbiologin vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum in Frankfurt, Serena Abel. Eine so große Menge Mikroplastik-Teilchen hätte niemand zuvor erwartet.

„Jedes Jahr gelangen schätzungsweise 2,4 bis vier Millionen Tonnen Plastik über die Flüsse ins Meer, als Folge des extremen weltweiten Plastikkonsums und der schlecht organisierten Müllentsorgung“, kritisierte die Forscherin Angelika Brandt. Die Tiefsee werde zum „Endlager des Mülls“.

Insgesamt seien 14 verschiedene Plastikarten entdeckt worden. Die Wissenschafterinnen und Wissenschafter von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, der Frankfurter Goethe-Universität und des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in Bremerhaven haben ihre Ergebnisse im Fachmagazin „Science of the Total Environment“ vorgestellt.

„Bislang galt der tiefste Meeresgrund als eine vergleichsweise unbeeinflusste und stabile Umgebung, in der sich das Mikroplastik ablagert und an einem Ort verbleibt“, sagte Abel. Aber die Studie habe gezeigt, dass Proben, die wenige Meter voneinander entfernt genommen wurden, ganz unterschiedlich aufgebaut gewesen seien. „Das zeigt, was für eine dynamische Umgebung die tiefsten Bereiche der Tiefsee tatsächlich sind.“ Wirbel, Strömungen und Organismen würden das Sediment in Bewegung halten.

Die Müllflut wird sich in Zukunft wohl noch verstärken. Nach früheren Angaben des AWI wird sich die weltweite Plastikproduktion bis 2045 voraussichtlich verdoppeln.