Stromzähler
ORF.at/Sabine Koder
Teurer Strom

Regierung prüft Vorschlag von WIFO-Chef

Seit einer Woche machen – nicht nur – die ÖVP-Landeshauptleute Druck wegen der hohen Energiepreise. Am Samstag hieß es nun von ÖVP-Chef und Kanzler Karl Nehammer: Er habe Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) mit der Prüfung einer Variante für die Kostenbegrenzung bei Strom beauftragt. Konkret soll es sich um den Vorschlag von WIFO-Chef Gabriel Felbermayr handeln, den dieser Anfang der Woche in der ZIB2 vorgebracht hatte.

Laut Berichten in der „Wiener Zeitung“ und der „Kleinen Zeitung“ von Samstagabend bewertet Nehammer die Idee Felbermayrs als „interessant“. Felbermayr hatte dafür plädiert, dass angesichts des explodierenden Preises den Haushalten ein Teil der Stromrechnung abgenommen wird – also dass sie für einen Teil ihres Strombedarfs günstigere Konditionen bekommen, aber für den Rest die hohen marktwirtschaftlichen Preise bezahlen müssen.

Die Auseinandersetzung um eine Entlastung der Stromkunden in den Haushalten hatte sich vergangene Woche zugespitzt. Nachdem der Bundeskanzler die Forderung der SPÖ nach einem Strompreisdeckel im Nationalrat abgeschmettert hatte, forderte Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) Pläne der Bundesregierung.

Ruf nach Dialog mit Bundesländern

Am Samstag verlangte auch der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) eine Kurskorrektur. Er machte sich via „Wiener Zeitung“ und im Ö1-Interview für einen „Dialog“ mit den Bundesländern und der Energiewirtschaft stark. Den Vorschlag für einen „Energiegipfel“ hatte zu Wochenbeginn bereits der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) auf den Tisch gelegt.

Positiv bewertet Drexler auch den Vorschlag von WIFO-Chef Felbermayr. Die Diskussionen darüber seien „durchaus erfolgversprechend“, sagte Drexler in der Ö1-Interviewreihe „Im Journal zu Gast“.

Ähnlich argumentierte zuletzt der neue Tiroler ÖVP-Obmann Anton Mattle. Auch er kann sich vorstellen, einen Sockelbetrag zu unterstützen, der bei einer Standardgröße verbraucht wird. „Alles, was darüber hinausgeht, ist zu bezahlen.“ Mattle würde aber angesichts der spezifischen Tiroler Situation beim Gas und nicht beim Strom hinsichtlich eines Preisdeckels ansetzen.

Karl Nehammer (ÖVP)
APA/EXPA/Jfk
Nehammer kündigte eine Prüfung des Vorschlags von WIFO-Chef Felbermayr an

Behandlung in Krisenkabinett

Die von den ÖVP-Landeshauptleuten formulierte Position dürfte nun auch Linie der Bundespartei – und damit der Regierungsspitze – werden. „Ich habe immer gesagt, dass es keinerlei Denkverbote gibt, wenn es um die Entlastung der Menschen von hohen Energiepreisen geht“, ebnete der Regierungschef Samstagabend den Weg in Richtung eines Kompromisses.

Leonore Gewessler (Grüne) und Magnus Brunner (ÖVP)
APA/Roland Schlager
Finanzminister Brunner soll den Vorschlag von Felbermayr prüfen. Klimaschutzministerin Gewessler äußerte bereits Zustimmung.

Finanzminister Brunner soll zunächst „genau prüfen“ und mit dem WIFO-Chef Berechnungen über die Wirksamkeit seines Vorschlages und die Kosten des Plans erstellen. Über das Ergebnis werde im Krisenkabinett beraten. In dem sitzt unter anderem auch Energie- und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne). Sie hatte bereits durchblicken lassen, mit Felbermayrs Idee etwas anfangen zu können.

ÖGB mit Vorschlag zu „Grundbedarf“

Auch ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian schlägt für einen Grundbedarf an Gas und Strom einen gedeckelten Preis und für alles, was darüber liegt, marktübliche Preise vor. Und Katzian legt im „Kurier“ und in einer Aussendung auch bereits konkrete Zahlen auf den Tisch: Der Grundbedarf definiere eine Menge, mit der ein Haushalt kochen, waschen, den Alltag bewältigen könne.

„Wir haben das mit 3.000 Kilowattstunden Strom für einen zweiköpfigen Haushalt definiert, aber der Wert ist ein wenig variabel. Wichtig ist: Für diesen Grundbedarf gilt ein gedeckelter Preis von 20 Cent pro Kilowattstunde. Das liegt knapp über dem Niveau vor dem Krieg, aber noch deutlich unter dem, womit im Herbst zu rechnen ist. Inklusive der Leitungsgebühr käme man mit dieser Rechnung in einem Haushalt auf Stromkosten von 600 Euro brutto im Jahr. Beim Gas haben wir knapp unter 10.000 Kilowattstunden Gas für eine 70-Quadratmeter-Wohnung angenommen, was – bei einer Obergrenze von acht Cent pro Kilowattstunde – eine Rechnung von maximal 784 Euro brutto ergibt.“

Opposition kritisiert zu späte Reaktion

SPÖ und FPÖ warfen Nehammer vor, viel zu spät zu reagieren. Die angekündigte Prüfung werde Wochen dauern und „die Menschen werden weiter unter dem großen Preisdruck leiden“, kritisierte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. „Mit einem ständigen Hinterherhinken im Schneckentempo lässt sich diese Teuerungskrise nicht lösen. Nehammer muss endlich handeln.“

Dass der Bundeskanzler erst jetzt über einen Preisdeckel nachdenke, obwohl schon seit Monaten die Kosten explodieren, bezeichnete FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch in einer Aussendung als „an Zynismus und Menschenverachtung kaum mehr zu überbieten“.