TV-Debatte der britischen Konservativen
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Dritte Abstimmungsrunde

Hitzige Debatte über Johnson-Nachfolge

Das Auswahlverfahren für die Nachfolge Boris Johnsons als Tory-Chef und britischer Premierminister geht am Montag in die nächste Runde. Bei der dritten Abstimmung in der Konservativen Fraktion sind noch drei Frauen und zwei Männer im Rennen. Als Favoriten werden Ex-Finanzminister Rishi Sunak und Außenministerin Liz Truss gehandelt. Genau die beiden boykottierten nun die kommende TV-Debatte, die deshalb abgesagt wurde.

Die nächsten und letzten Abstimmungen unter den 358 Mitgliedern der Tory-Unterhausfraktion finden am Montag, Dienstag und Mittwoch statt. Die letzten beiden Kandidaten werden dann den Mitgliedern der Konservativen vorgestellt. Bis 5. September müssen sie sich für einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Johnson entscheiden, der wegen zahlreicher Skandale und unter dem Druck seiner Partei Anfang Juli seinen Rückzug verkünden musste.

Als weitgehend gesetzt für die Finalrunde gilt laut „Guardian“ Ex-Finanzminister Sunak, der sich in einem TV-Duell am Sonntagabend gegen heftige Kritik seiner Mitstreiter verteidigen musste. Truss warf ihm vor, Großbritannien in seiner Amtszeit durch Steuererhöhungen in die Rezession geführt zu haben, und versprach im Gegenzug Steuersenkungen von bis zu 30 Milliarden Pfund (rund 35 Mrd. Euro).

Der britische Ex-Finanzminister Rishi Sunak
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Sunak gilt als Favorit – sein Rücktritt führte unter anderem zu dem Sturz von Boris Johnson

Sunak entgegnete, er würde „gerne die Steuern senken“, das würde jedoch eine höhere Inflation zur Folge haben. „Diese ‚Etwas-für-nichts-Wirtschaft‘ ist nicht konservativ, sondern Sozialismus“, sagte er. Zudem musste sich der Sohn indischer Einwanderer wegen seines Reichtums und angeblicher Steuertricks seiner Familie rechtfertigen.

Truss könnte Johnsons Konfrontationskurs verschärfen

Truss gilt als Favoritin des rechten Flügels der Torys und Johnsons, der sich mit Hilfe des britischen Boulevards für sie starkmacht. Obwohl diverse unabhängige Statistiken und Studien zeigen, wie sehr der EU-Austritt der britischen Wirtschaft geschadet hat, verteidigt Truss den harten Brexit weiterhin vehement. Sie könnte Johnsons Konfrontationskurs nicht bloß fortsetzen, sondern verschärfen, so eine Vermutung der deutschen „Tagesschau“.

Die britische Außenministerin Liz Truss
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Truss wird breit unterstützt – unter anderem von denjenigen, die Johnson nach wie vor die Treue halten

Chancen im Rennen um das Amt der Premierinisterin oder des Premierministers werden auch Handelsstaatssekretärin Mordaunt eingeräumt, die bisher die zweitmeisten Stimmen erhielt. Mordaunt, die 2019 von Johnson als Verteidigungsministerin gefeuert wurde und als „Stimme der Vernunft“ auftritt, führt in Umfragen unter den 200.000 Parteimitgliedern, die über den Vorsitz der Konservativen entscheiden. Sie gilt als Kompromisskandidatin der gespaltenen Torys, die sowohl konservative als auch liberalere Strömungen abfangen kann.

Die britische Handelsstaatssekretärin Penny Mordaunt
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Penny Mordaunt bezeichnete das Verhalten Johnsons als „beschämend“ und gilt als Favoritin der Tory-Parteibasis

Die ehemalige Junior- und Gleichstellungsministerin Kemi Badenoch kann auf weniger Erfahrung zurückgreifen und gilt als unbeschriebenes Blatt „mit wenig Vision, aber großen rhetorischen Fähigkeiten“, so die „Tagesschau“. Eines ihrer zentralen Versprechen sei es, die „Culture Wars“ des rechten Flügels fortzuführen. Als weniger aussichtsreich gilt die Bewerbung des Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, Tom Tugendhat, der sich als Außenseiter für einen kompletten Neustart ausspricht.

„Wettbewerb rechtskonservativer Positionen“

Eigentlich hätten die – dann noch übrigen – vier Kandidatinnen und Kandidaten am Dienstag in einer nächsten TV-Debatte aufeinandertreffen sollen. Doch gerade die beiden Favoriten Sunak und Truss gaben dem Nachrichtensender Sky News am Montag einen Korb. Der Sender beschloss daraufhin, die Debatte gleich ganz abzusagen.

Dasseine weitere Debatte inhaltlich viel Neues gebracht hätte, darf aber ohnehin bezweifelt werden. Inhaltliche Themen waren bisher vor allem von den Kandidaten in Aussicht gestellte Steuererleichterungen, der Umgang mit illegaler Einwanderung sowie die Positionierung im Streit um Rechte für Transmenschen. Oppositionspolitiker warnten vor einem Überbietungswettbewerb rechtskonservativer Positionen.

Alle fünf Kandidatinnen und Kandidaten gaben an, dass sie keine vorgezogenen Neuwahlen abhalten würden, wenn sie Premierminister würden. Auf die Frage, ob einer von ihnen Johnson in sein Kabinett zurückholen würde, meldete sich keiner zu Wort. Die Abnabelung von Johnson fällt den meisten von ihnen jedoch sichtlich schwer. Tugendhat warf seinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern vor, in der Regierung zu bleiben, um Johnson zu stützen. „Selbst wirklich gute Leute haben dem Chaos Glaubwürdigkeit verliehen“, so Tugendhat.

Rennen um Nachfolge noch offen

Umfragen zufolge hat Mordaunt die besten Chancen, die Nachfolge von Johnson anzutreten. Sie komme vor allem bei den Parteimitgliedern gut an, die am Ende des Auswahlverfahrens das Sagen haben. Truss wiederum hat die Unterstützung einiger hochrangiger Torys.

GB: TV-Debatte über Johnson-Nachfolge

Das Auswahlverfahren für die Nachfolge Boris Johnsons als Tory-Chef und britischer Premierminister geht in die nächste Runde. Bei der inzwischen dritten Abstimmungsrunde in der konservativen Fraktion sind noch fünf Personen – drei Frauen und zwei Männer – im Rennen. Diese lieferten sich gestern eine heftige Fernsehdebatte: Kemi Badenoch, Penny Mordaunt, Rishi Sunak, Liz Truss und Tom Tugendhat beantworteten Fragen von ITV-Moderatorin Julie Etchingham zu Themen, die die Kampagne dominieren.

Dass das Rennen um den Vorsitz nach wie vor offen ist, zeigt eine aktuelle Onlineumfrage unter Parteimitgliedern, die am Sonntag von der Website Conservative Home veröffentlicht wurde. Mordaunts Popularität habe ihren Höhepunkt erreicht, schreibt der „Guardian“: Truss liege mit 49 Prozent zu 42 Prozent vor Sunak und Mordaunt mit 48 zu 41 Prozent im direkten Vergleich.

Ursprünglich gab es elf Bewerber um die Johnson-Nachfolge. Sechs schieden in den ersten beiden Nominierungsrunden aus. Die Abstimmungen unter den Abgeordneten werden so lange fortgesetzt, bis nur noch zwei Kandidaten übrig sind. Nach dem 21. Juli sollen dann die 200.000 Mitglieder der Partei per Briefwahl über den Vorsitzenden oder die Vorsitzende entscheiden.