Lieferbremse: Gasprom macht „höhere Gewalt“ geltend

Der russische Gasversorger Gasprom macht höhere Gewalt („Force Majeure“) für geminderte Gaslieferungen an seinen deutschen Kunden Uniper geltend. Uniper habe ein Schreiben von Gasprom Export erhalten, „in dem das Unternehmen rückwirkend Force Majeure für die bisherigen und aktuellen Fehlmengen bei den Gaslieferungen geltend macht“, erklärte der deutsche Konzern heute.

Uniper halte das nicht für gerechtfertigt und habe den Anspruch Gasproms formell zurückgewiesen. Unternehmen können versuchen, sich mit Verweis auf höhere Gewalt vor juristischen Klagen von Kunden auf ihre Haftung aus Lieferverträgen zu schützen.

Gasprom hatte gegenüber mindestens einem Großkunden aus Europa einem Schreiben zufolge einen durch höhere Gewalt verursachten Notfall bei seiner Gasversorgung Europas erklärt. Gasprom könne aufgrund besonderer Umstände seinen Lieferverpflichtungen ab dem 14. Juni nicht nachkommen, hieß es in dem Reuters vorliegenden, vom 14. Juli datierten Schreiben.

Wartungsarbeiten bis Donnerstag

Derzeit laufen Wartungsarbeiten an der Ostsee-Pipeline „Nord Stream 1“, der wichtigsten Leitung von Russland nach Deutschland. Diese sollen zwar am Donnerstag abgeschlossen sein. Aber es fehlt eine wichtige Turbine, die Kanada lange wegen der Sanktionen nach Russlands Angriffskrieg zurückgehalten hat.

In Russland erwartet niemand, dass sie bis zum letzten Wartungstag wieder eingebaut ist. Für die Gasversorgung in Deutschland und Europa hat das Folgen. „Davon hängt die verlässliche Arbeit der Gasleitung ‚Nord Stream‘ und die Versorgung der europäischen Verbraucher ab“, teilte Gasprom am Wochenende mit.

Das Unternehmen beklagt, es gebe vom deutschen Konzern Siemens Energy keine Dokumente, die eine Rückkehr der Gasturbine bestätigten. Siemens Energy wollte keine Angaben zum Stand der Dinge machen. Es bleibe dabei, „dass es unser Ziel ist, die Turbine so schnell wie möglich zu ihrem Einsatzort zu transportieren“.

Deutschland sieht Vorwand

Schon vor Beginn der zehntägigen Wartungsarbeiten hatte Gasprom die Gasdurchleitung durch die Pipeline um 60 Prozent gedrosselt. Mit der Lieferung der Gasturbine soll Russland ein Vorwand für einen Stopp der Gaslieferungen genommen werden, wie eine Sprecherin des deutschen Wirtschaftsministers Robert Habeck sagte.