Für Putin ist die Reise in die iranische Hauptstadt die zweite nach dem russischen Angriff auf das Nachbarland Ukraine, und das erste Treffen mit Erdogan seither. Der türkische Staatspräsident hat sich mehrfach als Vermittler zwischen Moskau und Kiew angeboten. Der Iran hatte Ende Juni bei den BRICS-Staaten – Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – angeklopft und sein Interesse in dem „Club“ der aufstrebenden, großen Schwellenländer deponiert.
Das Treffen der drei Staatschefs in Teheran findet im Rahmen des Astana-Friedensprozesses – benannt nach der gleichnamigen Stadt in Kasachstan – statt, den die drei Länder 2017 aufgenommen hatten (damals hatte die Hauptstadt Nur-Sultan noch so geheißen). Faktisch allerdings verfolgen die drei Staaten stark unterschiedliche eigene Interessen in Syrien. Während Russland und der Iran den syrischen Machthaber Baschar al-Assad unterstützen, steht die Türkei auf der Seite einiger Rebellengruppen.
Konflikt mit Kurden in Nordsyrien
Allerdings ist die Türkei bereits mehrfach militärisch gegen kurdische Kämpfer in Syrien vorgegangen. Seit Ende Mai droht sie mit einem weiteren Militäreinsatz an der syrisch-türkischen Grenze. Erdogan verweist auf ein 2019 verabschiedetes Abkommen zwischen Ankara und Moskau, das eine Sicherheitszone entlang der Grenze vorsieht.
Die Türkei hat vor allem die Orte Tal Rifaat und Manbidsch im Visier, die unter der Kontrolle der syrisch-kurdischen Organisation Partei der Demokratischen Union (YPG) stehen. Diese wird von der Regierung in Ankara als Terrororganisationen eingestuft, wurde aber von den USA und der internationalen Koalition im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) unterstützt.
Auch der Iran redet mit
Ankara hoffe auf grünes Licht aus Moskau und Teheran für einen erneuten Militäreinsatz in Syrien, so die Einschätzung des Türkei-Experte Sinan Ülgen von Carnegie Europe, einem Thinktank für Außen- und Sicherheitspolitik. „Die Türkei will den Luftraum in der Region nutzen, der aber von Russland kontrolliert wird“, erläuterte er. Der Iran sei seinerseits mittels von ihm kontrollierter Schiitenmilizen „indirekt“ in der Region präsent.

Sowohl Moskau als auch Teheran hatten bereits erkennen lassen, dass sie eine türkische Militäraktion nicht gutheißen würden. Das könne zu einer „gefährlichen Verschlimmerung der Lage in Syrien“ führen, hieß es aus Moskau. Der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian warnte bei einem Besuch in Damaskus Anfang Juli vor einer möglichen „Destabilisierung“.
Angst vor neuer Eskalation
Die Kurden befürchten ihrerseits eine erneute Eskalation. „Wir hoffen, dass es nicht zu einem Angriff kommen wird und dass die Kurden nicht hängen gelassen werden“, sagte Maslum Abdi, Befehlshaber des kurdisch dominierten Militärbündnisses Demokratische Kräfte Syriens (SDF). Die Organisation warnte, dass ein neuer türkischer Militäreinsatz den Kampf gegen dschihadistische Gruppen in Nordostsyrien erschweren würde.
Immer noch Patt um ukrainische Getreideexporte
Am Rande des Dreiergipfels in der iranischen Hauptstadt sollen Erdogan und Putin auch zu einem bilateralen Gespräch zusammenkommen. Dabei dürfte es sehr wahrscheinlich auch um den Export von Getreide gehen, das wegen des Krieges in ukrainischen Häfen blockiert ist. In dieser Woche sollen Verhandlungen zwischen einer russischen und einer ukrainischen Delegation über die Getreideausfuhren in der Türkei fortgesetzt werden. Die Türkei ist ein Anrainerland des Schwarzen Meeres.

Dabei geht es um die Freigabe von 20 bis 25 Millionen Tonnen Getreide. Die Delegationen hatten sich nach türkischen Angaben bereits grundsätzlich auf gemeinsame Kontrollen in den Häfen und auf die Sicherung der Transportwege über das Schwarze Meer geeinigt. „Erstens sind wir bereit, die Arbeit in dieser Richtung fortzusetzen, zweitens wird die Thematik von den beiden Präsidenten diskutiert werden“, zitierten russische Agenturen am Montag Kreml-Berater Juri Uschakow.
Erdogan hat ein höchst ambivalentes Verhältnis zu Putin. Russland ist einer der wichtigsten Handelspartner des Landes, weshalb die Türkei Sanktionen gegen Moskau skeptisch gegenübersteht. Andererseits leistet die Türkei der Ukraine Militärhilfe. Nach einer wochenlangen Hängepartie hatte die Türkei zuletzt außerdem signalisiert, ihren Widerstand gegen einen Beitritt Schwedens und Finnlands zum westlichen Militärbündnis NATO aufzugeben.