Bundesministerium für Finanzen
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Generalsekretär

Machtposten derzeit kein Auslaufmodell

Das Finanzministerium steht künftig ohne Generalsekretär bzw. Generalsekretärin da. Der mächtige Posten, den einst Thomas Schmid bekleidete, wurde abgeschafft. Damit endet nun in einem Ressort eine Ära, die unter der ÖVP-FPÖ-Regierung ihren Höhepunkt erreicht hatte. Eine Kettenreaktion ist allerdings nicht zu erwarten.

„Aus meiner Sicht werden wir keinen Generalsekretär mehr brauchen“, sagte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) vor einigen Wochen im ÖVP-U-Ausschuss. Dort kündigte er eine Reorganisation des Ressorts an, in der die Funktion des Generalsekretärs aber keinen Platz haben wird. Stattdessen wird eine neue Präsidialsektion geschaffen. Eine Ausschreibung für den Posten soll in Kürze folgen – und das ist auch schon der große Unterschied zum Generalsekretär: Denn die Funktion musste trotz Cheffunktion und Weisungsrecht nicht ausgeschrieben werden.

Mit der Abschaffung überraschte Brunner den U-Ausschuss. Freilich war der Posten durch diverse Chats von Ex-Generalsekretär Schmid in der Vergangenheit in Verruf geraten. Kritiker und Kritikerinnen monierten aber seit jeher, dass die Funktion zu viel Macht nach unten habe, aber gleichzeitig kaum einer Kontrolle von oben unterliege. Denn die Entscheidung, ob und wer Generalsekretär wird, liegt allein in den Händen des jeweiligen Ministers bzw. der jeweiligen Ministerin.

Keine generelle Abschaffung oder Änderung

Seit April 2000 haben alle Ministerien die Möglichkeit, einen solchen Generalsekretär zu installieren – im Außenministerium war das früher der Fall. Zunächst nur mit koordinierenden Aufgaben ausgestattet, erhielt die Funktion unter der ÖVP-FPÖ-Regierung ab dem Jahr 2018 mehr Befugnisse. Mit der Vorgesetztenfunktion können sie seitdem auf die Verwaltung einwirken. Außerdem mussten Generalsekretäre in ein öffentlich–rechtliches Dienstverhältnis übernommen werden, wenn sie das wünschten.

Diese Bestimmung wurde unter der ÖVP-Grünen-Regierung wieder entfernt. Gleich geblieben ist hingegen, dass der Machtposten nicht ausgeschrieben werden muss. In naher Zukunft wird sich das auch nicht ändern. Sowohl Novellen als auch eine generelle Abschaffung der Funktion würden nicht zur Debatte stehen, so das Bundeskanzleramt auf ORF.at-Nachfrage. Die Minister und Ministerinnen könnten auch weiterhin selbst entscheiden, ob sie das Amt besetzen oder auf dieses – wie eben das Finanzministerium – verzichten wollen. Es gebe keine „Order“ in dieser Sache, hielt ein Sprecher fest.

Thomas Schmid auf dem Weg zum „Ibizia“-U-Ausschuss
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Thomas Schmid war ab 2015 Generalsekretär im Finanzministerium – zuvor bekleidete er die Kabinettsleitung

Nach Ansicht von Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle wäre zumindest ein Überdenken der Funktion angebracht. „Die Funktion des Generalsekretärs war von Anfang an umstritten“, sagte die Expertin im ORF.at-Gespräch. Aber wegen der mittlerweile bekannten Chatnachrichten aus diversen Handys sei der Posten endgültig in ein schiefes Licht gerückt worden.

„Bei allem Verständnis, dass sich Minister und Ministerinnen mit einem weiteren Posten eine Entlastung erhoffen: Der Generalsekretär ist und war dazu da, damit indirekt Einfluss auf die Beamten eingenommen werden kann“, erklärte die Expertin. Diese Möglichkeit schaffe in der Beamtenschaft Misstrauen. Die Ressorts täten nach Ansicht von Stainer-Hämmerle gut daran, dem Weg des Finanzministers zu folgen oder zumindest die Funktion in ihrer jetzigen Form zu hinterfragen.

Keine Anzeichen für Ende des Postens

Doch derzeit ist das Generalsekretariat kein Auslaufmodell. Bis auf das Justizministerium hatten bis zuletzt alle Ressorts den optionalen Posten besetzt – in einigen wird die Funktion zusätzlich zu weiteren Leitungspositionen ausgeübt. „Mir stellt sich die Frage, wie eine Person zwei Leitungsposten gleichzeitig ausüben kann“, sagte Stainer-Hämmerle. Auch der Rechnungshof erkannte in einem Bericht die vermehrte Doppelzuteilung. Zudem hielt er fest, dass die Aufgaben nicht klar festgelegt wurden und es so zu Doppelgleisigkeiten kam.

Während die ÖVP-FPÖ-Regierung auf ihre Generalsekretäre gesetzt hatte, hielt die Beamtenregierung unter Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein wenig von der Funktion. Die zusätzliche Ebene wurde bis zur Angelobung der neuen ÖVP-Grünen-Regierung Anfang 2020 eingespart.

Die Grünen hatte damals lange überlegt, ob sie in ihren Ministerien die Machtposten installieren sollen – hatten sie doch stets Kritik am „Politkommissartum“ geübt, wie Grünen-Chef Werner Kogler 2018 urteilte. Bis auf das Justizministerium wurden aber schließlich alle Posten besetzt.

Viele Wechsel in den vergangenen Wochen

„Die Funktion ist offenbar gekommen, um zu bleiben“, sagte Stainer-Hämmerle und verweist auf die jüngsten Wechsel unter Generalsekretären in den vergangenen Wochen. Mit den Rücktritten der Ex-Ministerinnen Elisabeth Köstinger und Margarete Schramböck (beide ÖVP) mussten die Generalsekretäre Gernot Maier und Michael Esterl ihre Sessel zwar räumen. Die Posten wurden aber umgehend nachbesetzt.

Im fusionierten Arbeits- und Wirtschaftsministerium übt nun Eva Landrichtinger die Funktion der Generalsekretärin aus – gleichzeitig ist sie auch Kabinettschefin von ÖVP-Minister Martin Kocher. Mit Günter Liebel übernahm kürzlich ein langjähriger Sektionschef zusätzlich den Job des Generalsekretärs im Landwirtschaftsministerium. Und im Verteidigungsministerium ersetzte der Kabinettschef von Ministerin Klaudia Tanner (ÖVP), Arnold Kammel, Dieter Kandlhofer, der sich auf eigenen Wunsch, wie es hieß, in die Privatwirtschaft verabschiedete.