Geigerin Alice Harnoncourt ist tot

Die Geigerin Alice Harnoncourt ist gestern im Alter von 91 Jahren gestorben. Das gab der Concentus Musicus Wien am Nachmittag bekannt. Sie war Mitbegründerin und langjährige Konzertmeisterin des Ensembles.

Auf der Facebook-Seite des Concentus Musicus war ein kurzes Statement zu lesen: „In großer Trauer, Dankbarkeit und Bewunderung müssen wir bekanntgeben, dass unsere Alice Harnoncourt heute, 20. Juli 2022, in den frühen Morgenstunden im Kreise ihrer Familie friedlich von uns gegangen ist. Ihr einzigartiges Geigenspiel, ihr unermüdlicher Einsatz für die Musik und ihr großes Verständnis für uns Musikerinnen und Musiker werden wir in liebevoller Erinnerung bewahren.“

Klavier und Geige studiert

Als Alice Hoffelner am 26. September 1930 in Wien geboren, studierte sie Klavier und Geige in Wien und lernte im Rahmen ihres Studiums Nikolaus Harnoncourt kennen. Beide waren von der Alten Musik, dem Studium der ursprünglichen Aufführungspraxis von Renaissance- und Barockmusik und der Vorstellung eines Musizierens auf historischen Musikinstrumenten fasziniert.

Die Geigerin Alice Harnoncourt und ihr Mann, Dirigenten Nikolaus Harnoncourt
APA/Barbara Gindl
Alice Harnoncourt und ihr Mann Nikolaus Harnoncourt

1949 gründeten sie gemeinsam mit Eduard Melkus und Alfred Altenburger das Wiener Gamben-Quartett, 1953 den Concentus Musicus Wien, dessen Konzertmeisterin sie bis 1981 war und der das Verständnis der Alten Musik nicht nur revolutionierte, sondern auch wesentlich dazu beitrug, ihr ein breites Publikum zu gewinnen.

Ehepaar in „künstlerischer Symbiose“

1953 heirateten Alice und Nikolaus Harnoncourt in Graz. Das Paar bekam vier Kinder. 2011 erhielt das Ehepaar das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien. „Das Ehepaar Harnoncourt lebt eine künstlerische Symbiose wie kein anderes“, sagte der damalige Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ). 2016 war mit dem Tod von Nikolaus Harnoncourt nicht nur diese künstlerische Symbiose, sondern auch eine Ära zu Ende.

Alice Harnoncourt sorgte dafür, dass die Ideen, die sie und ihr Mann ihr Leben lang propagiert hatten, weiterhin lebendig blieben. 2017 gab sie das Buch „Wir sind eine Entdeckergemeinschaft“ mit Aufzeichnungen ihres Mannes zur Entstehung des Concentus Musicus heraus, 2018 veröffentlichte sie ein Buch mit seinen Aufzeichnungen über seine Familie, 2020 gab sie seine Essays „Über Musik“ heraus.

Und noch heuer war sie gemeinsam mit Ö1-Redakteurin Judith Hoffmann in einem Podcast zu neu entdeckten Audiomitschnitten von Vorträgen des Dirigenten aus den 1970er Jahren zu hören.