Ex-US-Präsident Donald Trump
Reuters/Harrison Mcclary
Kapitol-Ausschuss

Vertraute werfen Trump Untätigkeit vor

Nach Aussagen von Zeugen vor dem Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das US-Kapitol hätte Ex-Präsident Donald Trump die Gewalt jederzeit stoppen können. Trump habe das aber absichtlich unterlassen, wie enge Vertraute in der letzten Anhörung vor der Sommerpause aussagten. Im Weißen Haus wurde über die Formulierung eines Tweets debattiert. Der Ausschuss forderte indes Konsequenzen.

Der republikanische Abgeordnete Adam Kinzinger sagte am Donnerstag bei der vorerst letzten einer Reihe öffentlicher Anhörungen des Gremiums, Trump habe es nicht einfach nur versäumt zu handeln. „Er hat sich entschieden, nicht zu handeln.“ Der „Mob“ habe mit der Erstürmung des Kapitols am 6. Jänner 2021 die Zertifizierung des Wahlsieges von Trumps Herausforderer Joe Biden unterbrochen – und damit das Ziel Trumps erfüllt, so Kinzinger. „Deswegen ist er natürlich nicht eingeschritten.“

In der letzten öffentlichen Anhörung vor der Sommerpause nahm der Untersuchungsausschuss vor allem die Zeit nach einer Rede des damaligen US-Präsidenten Trump an diesem Tag ins Visier, bei der dieser seine Anhänger erneut aufgewiegelt hatte. Erst 187 Minuten später hatte Trump in einer Videobotschaft seine Anhängerinnen und Anhänger aufgefordert, nach Hause zu gehen.

Sonderausschuss zur Untersuchung des Anschlags auf das US-Kapitol
Reuters/Al Drago
Der Kapitol-Ausschuss forderte Konsequenzen für Donald Trump

Diese hatten zuvor den Parlamentssitz in Washington erstürmt. Dort war der Kongress zusammengekommen, um Bidens Wahlsieg formal zu bestätigen. Fünf Menschen starben bei der gewaltsamen Stürmung, viele wurden verletzt.

Weißes Haus debattierte Tweet und „Frieden“

Die damals stellvertretende Pressesprecherin des Republikaners, Sarah Matthews, sagte bei einer öffentlichen Anhörung am Donnerstagabend (Ortszeit), Trump hätte sich unmittelbar an seine Anhänger wenden können. „Wenn der Präsident eine Erklärung hätte abgeben und sich an das amerikanische Volk wenden wollen, hätte er fast sofort vor der Kamera stehen können.“

Im Weißen Haus sei darüber diskutiert worden, welche Art von Tweet Trump während der Kapitol-Attacke absetzen sollte, um die Gewalt zu stoppen, schilderte Matthews. Die frühere Pressesprecherin des Weißen Hauses, Kayleigh McEnany, habe ihr zugeflüstert, Trump habe nicht gewollt, dass das Wort „Frieden“ in irgendeiner Form in einem solchen Tweet vorkomme. Es solle darüber Diskussionen gegeben haben.

Zeugin: Ivanka Trump konnte Vater überzeugen

Erst Tochter Ivanka Trump habe ihren Vater schließlich von der Formulierung „bleibt friedlich“ überzeugen können, solle McEnany weiter erzählt haben. Abgesetzt wurde folgender Tweet: „Bitte unterstützt unsere Kapitol-Polizei und die Strafverfolgungsbehörden. Sie sind wirklich auf der Seite unseres Landes. Bleibt friedlich!“

Stattdessen habe Trump während der Kapitol-Attacke noch „Öl ins Feuer“ gegossen, sagte auch der damalige stellvertretende Nationale Sicherheitsberater Matthew Pottinger. „Es war offensichtlich, dass die Situation im Kapitol gewalttätig war und schnell eskalierte.“

Wachmänner von Pence bangten um ihr Leben

Die Sicherheitsleute des damaligen Stellvertreters Mike Pence fürchteten Zeugenaussagen zufolge während des Sturms um ihr Leben. Über Funk hätten Personenschützer des Secret Service gebeten, dass ihren Familien Lebewohl gesagt werde. Das berichtete ein unkenntlich gemachter Sicherheitsmitarbeiter des Weißen Hauses vor dem Untersuchungsausschuss.

Zuvor waren in dem Ausschuss Audiomitschnitte von Funksprüchen der Agenten abgespielt worden, die angesichts von ins Gebäude eindringender Mitglieder des gewalttätigen Mobs einen sicheren Fluchtweg für Pence suchten – und schließlich auch fanden.

Kinzinger-Warnung: „Das ist alles noch da draußen“

Die Kräfte, die Trump an diesem Tag entfacht habe, seien immer noch da, sagte Kinzinger. „Die militanten, intoleranten Ideologien, die Milizen, die Entfremdung und die Unzufriedenheit, die seltsamen Fantasien und die Desinformation – das ist alles noch da draußen.“

Der Ausschussvorsitzende Bennie Thompson forderte schwere Konsequenzen für Trump und dessen Helfer. „Wenn für den 6. Jänner keine Verantwortung übernommen wird, für jeden Teil dieses Plans, fürchte ich, dass wir die anhaltende Bedrohung für unsere Demokratie nicht überwinden werden.“

„Er verriet seinen Eid“

Es bestehe kein Zweifel daran, dass Trump eine koordinierte Anstrengung beaufsichtigt und geleitet habe, um das Ergebnis der Präsidentenwahl 2020 zu kippen. „Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass er einem Mob befahl – einem Mob, von dem er wusste, dass er schwer bewaffnet, gewalttätig und wütend war –, zum Kapitol zu marschieren und zu versuchen, die friedliche Machtübergabe zu verhindern“, sagte er.

„Er hat gelogen. Er schikanierte. Er verriet seinen Eid. Er hat versucht, unsere demokratischen Institutionen zu zerstören.“ Thompson kündigte an, dass die Ermittlungen des Ausschusses weitergehen würden. Im September werde es weitere Anhörungen geben. Der Ausschuss selbst kann keine strafrechtlichen Schritte einleiten. Die Entscheidung darüber liegt beim Justizministerium.