Pressekonferenz zur Gasinfrastruktur in Österreich
APA/Florian Wieser
Energielenkung

Verordnung geht in Begutachtung

Die Energielenkungsverordnung geht in Begutachtung. Das kündigte die zuständige Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Freitag nach einem Gasinfrastrukturgipfel an. Die Verordnung soll, „wo immer technisch und wirtschaftlich möglich“, Großverbrauchern und Kraftwerken vorschreiben, in ihren Anlagen den Betrieb auch mit anderen Energieträgern möglich zu machen.

„Die Kosten dafür trägt der Bundeshaushalt“, so Gewessler. Wegen der Vorbereitungszeit wird das freilich nicht überall gleich möglich sein. Aber im Notfall sei die Energielenkung eine „wirksame Maßnahme“, um Energie einzusparen. Unter anderem ist die Wiederinbetriebnahme des Kohlekraftwerks Mellach durch den Verbund angedacht.

Gleichzeitig betonte die Ministerin, dass nach der Wartung der Pipeline „Nord Stream 1“ wieder mehr russisches Gas nach Österreich fließe und dadurch die Speicher wieder schneller befüllt werden. Die Gasspeicher seien derzeit zu etwa 50 Prozent gefüllt. Mit dem russischen Gas werde man das Ziel, vor Beginn der Heizsaison einen Füllstand von 80 Prozent zu erreichen, schaffen.

Wichtig war der Ministerin aber anzumerken, dass auch trotz Wartung von „Nord Stream 1“ Gas eingespeichert werden konnte. Es komme zunehmend mehr nicht russisches Erdgas nach Österreich, etwa aus Deutschland, wie Gewessler betonte. Man dürfe sich jetzt aber nicht zurücklehnen, sondern müsse weiter an der Gasdiversifizierung arbeiten – also Gas aus anderen Ländern importieren, um die Abhängigkeit von Russland zu reduzieren. „Wir müssen unabhängig werden, da liegt noch ein langer Weg vor uns.“

Russland lieferte nominierte Gasmenge

Am Donnerstag hatte der russische Gaskonzern Gasprom laut Angaben der OMV und der E-Control die nominierten Mengen tatsächlich geliefert. Die Gaslieferungen „entsprechen damit der Hälfte der von uns gemäß Vertrag nominierten (bestellten) Mengen“, so ein OMV-Sprecher. Für den Freitag sei die gleiche Menge bestätigt worden. Das entspreche dem Niveau vor den Wartungsarbeiten an „Nord Stream 1“.

Statement von Energieministerin Gewessler

Am Freitag hat Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) angekündigt, die Energielenkungs-Verordnung in Begutachtung zu schicken.

Auch Carola Millgramm, Leiterin der Gasabteilung der Regulierungsbehörde E-Control, bestätigte im Ö1-Morgenjournal, dass das Gas wie angekündigt geflossen sei. Genau seien es 29,2 Gigawattstunden pro Stunde gewesen. „Wenn man das hochrechnet, kommt man wieder auf einen Wert von ungefähr 700 Gigawattstunden pro Tag, das ist der gleiche Wert wie gestern“, so Millgramm. Somit würden 40 Prozent der technischen Kapazität der Gaspipeline „Nord Stream 1“ genutzt.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hatte am Donnerstag alle Schwierigkeiten bei der Lieferung von russischem Erdgas nach Europa mit den westlichen Sanktionen gegen Russland begründet, das in der Ukraine einen Krieg führt. Angesichts der Bedenken in Europa, dass Russland die Gaslieferungen weiter einschränken könnte, verwies Peskow auf die früheren Äußerungen von Präsident Wladimir Putin. Die staatliche Gasprom werde Verpflichtungen gegenüber Kunden immer erfüllen.

Anteil des russischen Gases am gesamten Energieverbrauch, 2020

Abhängigkeit reduzieren

Gewessler meinte dazu in der Pressekonferenz, dass Putin mit Drohszenarien spiele. ÖVP-Wirtschaftsministerin Martin Kocher verwies indes in der Pressekonferenz auf eine Grafik des Internationalen Währungsfonds (IWF) und betonte, dass Österreich „stark vom russischen Gas abhängig ist“. Man habe „sehr lange“ von der Versorgung mit günstigem Gas aus Russland profitiert.

Ein Gaslieferstopp hätte nun aber große Auswirkungen auf die Wirtschaftsleistung – umso wichtiger sei es deshalb, eine die Abhängigkeit zu reduzieren. Das funktioniere aber nur auf einer gesamteuropäischen Ebene.

Konkretes wurde in der Pressekonferenz allerdings nicht präsentiert. Vielmehr wurde auf die heimische Gasinfrastruktur verwiesen, mit der man nach Ansicht von Gewessler, Kocher und dem Vorstand der Austrian Gas Grid Management AG (AGGM), Michael Woltran, derzeit gut aufgestellt sei. Dennoch gebe es für die mittelfristige Zukunft Verbesserungsbedarf, so Woltran. Derzeit fließe Gas aus dem Osten und Norden nach Österreich. Künftig müsse man sich auch den Süden und den Westen ansehen.

Statement von Wirtschaftsminister Kocher

ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher hat am Freitag darauf verwiesen, dass ein russischer Gasstopp erhebliche Folgen für Österreichs Wirtschaft hätte.

Der Gasinfrastrukturgipfel sei ein erster Schritt für weitere Gespräche gewesen. An dem Gipfel nahmen auch die Sozialpartner teil. „Es waren konstruktive Gespräche“, sagte Gewessler und betonte drei Handlungsfelder, die man angehen müsse: Nutzung der Speicher und deren Anbindung an das Gasnetz, Verstärkung der Übergabepunkte und eben die Vielfalt der Gasbeschaffung. Zudem müsse die Infrastruktur fit gemacht werden für den Transport von Wasserstoff.

Regierung für SPÖ „ohne Plan“

Die SPÖ meinte nach der Pressekonferenz einmal mehr, dass die Regierung „ohne Plan“ sei. „Nach dem sogenannten Gasinfrastrukturgipfel wissen wir leider nicht mehr als davor“, sagte SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll. Er kritisierte, dass die Energiesprecher der Oppositionsparteien zum Gipfel nicht eingeladen wurden.

Enttäuscht vom Gipfeltreffen ist auch NEOS. Wie es mit der Versorgungssicherheit für Herbst ausschaue, sei weiterhin unklar. „Die Regierung wirkt weiterhin tiefenentspannt und planlos“, so NEOS-Energiesprecherin Karin Doppelbauer. FPÖ-Wirtschaftssprecher Erwin Angerer vermisst ebenfalls Neuigkeiten von der Regierung. „Dieser Gipfel brachte in Wahrheit keine Neuigkeiten – außer dass es weitere Treffen in kleinerer Runde geben soll“, meinte Angerer. Er sprach sich für ein Ende der Sanktionspolitik gegen Russland aus.

Wirtschaftskammer (WKO) und Industriellenvereinigung (IV) begrüßten den Gipfel. Damit habe die Regierung „endlich auf das große Abstimmungsbedürfnis reagiert“. „Dem Ausbau der Gasinfrastruktur kommt eine zentrale Rolle zu, wenn es um die Sicherung der Gasversorgung geht. Was es jetzt braucht, ist eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren und dafür rasch eine gesetzliche Basis, um die vorausliegenden Ziele zeitnah zu erreichen“, so WKO-Generalsekretär Karlheinz Kopf.